Natürlich richtete sich alle Aufmerksamkeit auf den Debütanten, so sind die Mechanismen der Branche. Welche Spieler stellt er auf? Welches System wählt er? Und wird der Trainerwechsel einen heilsamen Effekt auf die Mannschaft haben? Beim ersten Spiel von Edin Terzic, 38, seit Sonntag in Amt und Würden bei Borussia Dortmund, stellten sich die üblichen Fragen. Aber damit war es in diesem speziellen Fall noch nicht getan.
Zuerst das Wichtigste, nicht zuletzt bei einem Verein mit den Ansprüchen von Borussia Dortmund: Das Ergebnis war zufriedenstellend, der 2:1 (1:1)-Sieg nach Toren von Raphael Guerreiro (12. Minute) und Marco Reus (78.) zeugte jedoch nicht von fußballerischer Brillanz, sondern vielmehr von harter Arbeit in einem hitzigen Duell bei Werder Bremen. Und angesichts des Zustandekommens war der Erfolg trotz einer gewissen Dortmunder Überlegenheit durchaus glücklich. Man könnte fast sagen: Der Siegtreffer war ein Willkommensgeschenk des Gastgebers.
"Es ist immer wichtig, nach solch einer brutalen Niederlage mit einem Sieg wiederzukommen", sagte Reus: "Nach einem Trainerwechsel weiß die Mannschaft auch, dass sie selbst versagt hat. Wir standen in der Pflicht. Hoffentlich haben wir uns in die richtige Spur gebracht." Auch Terzic sprach bei Sky von der richtigen Reaktion: "Darauf sind wir unheimlich stolz. Wir müssen uns aber weiter verbessern."
Hervorzuheben war außerdem, dass Terzic nicht der einzige Debütant des Abends war. Eine seiner ersten Amtshandlungen war, den Jungstürmer Youssoufa Moukoko in die Startelf zu beordern - es war der erste Einsatz des 16-Jährigen von Beginn an, nachdem er in den vergangenen Wochen seine aufregenden Anlagen bereits als Einwechselspieler andeuten durfte. Über Andeutungen kam Moukoko diesmal aber nicht hinaus, und das galt auch für den BVB im Allgemeinen.
Terzic, zuvor Assistent seines entlassenen Vorgängers Lucien Favre, hat diese Chance auch deshalb erhalten, weil sich die Verantwortlichen des BVB zumindest nach einem Hauch des einstigen kloppismo sehnen: Mehr Elektrizität am Spielfeldrand, wie früher unter Jürgen Klopp. Das genaue Gegenteil eben von Favre, der eher als Zauderer galt und sich nicht unbedingt abmühte, an diesem Image etwas zu ändern. Favres letztes Spiel als Dortmunder Trainer, die 1:5-Heimpleite gegen den VfB Stuttgart, war so etwas wie ein Menetekel, ein Desaster zum Schluss. Und es war nur wenige Tage her. Wie würde also Terzic bei seiner Premiere auftreten?
Aus der Kabine kam er lockeren Schrittes, die Hände vergraben in seiner dicken Jacke, dann begrüßte er per Handschlag Florian Kohfeldt, seinen Kontrahenten vom SV Werder - ein Trainer, der an der Seitenlinie ja häufig an einen brodelnden Vulkan erinnert. Terzic stand Kohfeldt jedenfalls in nichts nach, er trieb seine Spieler an, coachte und motivierte sie lautstark durch die Partie.
Kohfeldt hatte seine Mannschaft allerdings bestens auf den Gegner eingestellt. Werder stand nicht ausschließlich tief, aber immer gut strukturiert, weshalb sich für die temporeichen Angreifer der Gäste so gut wie keine Räume ergaben. Das optische Übergewicht erwies sich als eher nutzlos. Wenn überhaupt, dann wurde der BVB über Standardsituationen gefährlich. So fiel auch die Dortmunder Führung, unter Zutun des Gegners: Nach einem Freistoß wurde in der zwölften Minute zunächst ein Abschluss von Hummels geblockt, Werder konnte die Situation nicht nachhaltig klären. Es ging zu wie beim Ping-Pong, ehe der Ball beim freistehenden Guerreiro im Strafraum landete. Halb Lob, halb Schuss, Guerreiro fabrizierte irgendwas dazwischen, und der Ball landete im Tor.
An der Statik des Spiels änderte das wenig, weil sich die Bremer nach wie vor etwas zutrauten, und Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten hatte auch Mittelfeldmann Kevin Möhwald. Nach einer Vorlage von Theodor Gebre Selassie zog er aus 18 Metern beherzt ab, ein kleine Lücke hatte sich aufgetan, der Ball zischte flach zum Ausgleich für Werder ins rechte Eck (28.). Daraufhin wurde die Partie ruppiger, und man muss den Dortmundern zugutehalten, dass sie in den Zweikämpfen leidenschaftlich dagegenhielten.
Allerdings mangelte es deutlich an Verve, an Inspiration, und sinnbildlich dafür war die beste Chance des BVB im ersten Durchgang. Nach einer Hereingabe wollte Werder-Verteidiger Christian Groß vor Moukoko lässig zur Ecke klären, traf dann aber um ein Haar zur erneuten Dortmunder Führung - zu seinem Glück sprang der Ball aber vom Pfosten zurück ins Spiel (34.). Die beste Chance hatte kurz vor dem Pausenpfiff Werder, der Schuss von Hans Augustinsson ging aber knapp vorbei (44.).
In der zweiten Halbzeit nahm der Druck des Favoriten zu, die Dortmunder schafften es vermehrt, sich temporeich ins Angriffsdrittel zu kombinieren. Ein paar kleine Chancen sprangen dabei heraus, aber letztlich war es ein Kapitalfehler des Werder-Torwarts Jiri Pavlenka, der die Partie entschied: Er ließ einen Schuss nach vorne abprallen, Verteidiger Manuel Akanji schob sich dazwischen - und Pavlenka brachte Akanji im Strafraum dilettantisch zu Fall. Den fälligen Elfmeter verschoss Kapitän Reus - und traf dann per Nachschuss zum 2:1. Auch das passte ins Gesamtbild.