Bundesliga: Borussia Dortmund:Ein Verrat am Kern des Fußballs

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Die ständigen Fragen nach den Titelchancen des BVB an Jürgen Klopp sind nervig und gehören auf den Index. Sie mindern nur den Genuss an den schönen Geschichten.

Klaus Hoeltzenbein

Die Meisterschaftsreife von Borussia Dortmund zeigt sich schon darin, dass der Trainer in der Lage ist, alle Fragen nach der Meisterschaftsreife von Borussia Dortmund schwer genervt und dennoch charmant zu parieren. Trotzdem sollte in diesem Land, das so viele Gesetze hat, ein weiteres erlassen werden: Nämlich das, allzu voreilige Fragen nach der Meisterschaftsreife eines Teams unter Strafe zu stellen.

Pariert alle Fragen nach der Meisterschaft: BVB-Trainer Jürgen Klopp. (Foto: dapd)

Auch wenn dann auf rhetorische Paraden von Jürgen Klopp verzichtet werden müsste, der, als er Samstagabend im ZDF nach jener Meisterschaftsreife gefragt wurde, charmant-genervt festhielt: Nie zuvor habe es eine so junge Mannschaft gegeben, die zu diesem Saisonzeitpunkt so viele Punkte hatte, kurz: "Was sollen wir mit Erfahrungswerten von anderen Leuten arbeiten, wenn wir gerade dabei sind, unsere eigenen zu machen?"

Auch alle Variationen der Titel-Frage gehören bis mindestens zum 25. Spieltag auf den Index: Wollen Sie Meister werden? Können Sie Meister werden? Glauben Sie, dass Sie Meister können wollen werden? Solche Fragen vernichten nicht nur Sendezeit, sie erfüllen auch den Tatbestand der medialen Nötigung. Überdies, und das wiegt wohl am schwersten, sind sie ein Verrat am Kern des Fußballs: Dieses Spiel ist immer noch die Emotion des Augenblicks; nüchterne Kosten-Nutzen-Langzeit-Rechnungen stören allenfalls den Genuss.

Übrigens stand Klopp ja, als er die Reife-Frage gestellt bekam, noch sichtlich unter dem Eindruck einer Niederlage: ein Last-Minute-Tor des Frankfurters Gekas hatte ihn getroffen, mehr aber noch der fahrige Fehlschuss seines Stürmers Lucas Barrios, beim Stand von 0:0, kurz vor Gekas' Treffer.

Diesen Fehlschuss nehmen die Dortmunder jetzt mit in die kurze Pause, die am 14. Januar beendet wird, auswärts in Leverkusen, bei einem, der sich Verfolger nennen darf. Falls es dort auch schiefgeht, hätte die Borussia immer noch viel von ihrem Zehn-Punkte-Winterspeck, den sie in der Tabelle als Vorsprung angesetzt hat, und der schwer zu verspielen sein wird.

Was ihr aber jetzt schon auf ewig gehört, ist die Erinnerung an eine Hinrunde, die aufregend war wie ein gutes Buch: Eine Niederlage zum Start (0:2 gegen Leverkusen) und eine zum Abschluss (0:1 in Frankfurt) bilden die dicken Deckel - auf den Seiten mittendrin jedoch stehen all die schönen Geschichten. Von den Kunstschüssen des Nuri Sahin, den Dribblings des Shinji Kagawa oder tausendundeinem Kopfball des Mats Hummels. Dieses Buch ist zu, das bleibt für immer, das kann ihnen keiner mehr nehmen.

© SZ vom 20.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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