Bundesliga: Borussia Dortmund:Autokorso für alle

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Die Meisterschaft von Borussia Dortmund kam auch deshalb zustande, weil die von der WM ermüdeten Bayern-Profis brav Spalier lagen. Die Art und Weise des Dortmunder Titelgewinns tut der Bundesliga trotzdem gut.

Klaus Hoeltzenbein

Das kommt zu früh ... - dieser gerne zitierte Satz urdeutscher Bedenkenträger ist im Zusammenhang mit dem Meisterschaftsgewinn von Borussia Dortmund erstaunlicherweise kaum zu hören. Dabei hat, wenn die Statistiker gut verglichen haben, soeben die jüngste Mannschaft der Liga-Geschichte den Titel eingeheimst.

Deutsche Meister - genau zur rechten Zeit: die Dortmunder Lucas Barrios (links) und Kevin Grosskreutz. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Aber wenn Mozart als Sechsjähriger Konzerte gab, wenn Bobby Fischer mit 15 zum Schach-Großmeister ernannt wurde, warum sollte Mario Götze dann im hohen Jugendalter von 18 nicht schon Taktgeber beim deutschen Meister sein?

Dass die notorischen Nachwuchs-Einbremser jetzt schweigen, liegt auch daran, dass dieser Trainer Klopp ein verflixt guter Pädagoge zu sein scheint, zudem einer, der offenbar weiß, wie man die Gunst der Stunde nutzt. Der weiß, dass man Miss World nicht vertrösten sollte ("Passt gerade nicht ..."), wenn sie von sich aus ein Rendezvous anbietet; und der zur Meisterschale greift, wenn sie zu greifen ist.

Zupacken lässt sich in den ungeraden Jahren. Also in jenen Jahren, in denen sich das Naturgesetz aushebeln lässt, wonach immer der FCBayern Meister wird. In den ungeraden Jahren schwächeln die Münchner, weil deren Profis unter den Strapazen der großen Turniere ächzen.

Nach der WM 2006 griff 2007 der VfB Stuttgart zu, nach der EM2008 tauchte 2009 der VfL Wolfsburg auf, und jetzt bricht den Dortmundern kein Zacken aus der schönen Krone, wenn sie zugeben, dass bei ihrem Sololauf 2011 die von der WM 2010 ermüdeten Münchner Spalier lagen.

Aus der Meistertabelle lässt sich fast alles erklären, was in der Bundesliga im zurückliegenden Jahrzehnt geschah. Schon zum Auftakt, 2002, griff Borussia Dortmund zu, nachdem sich die Bayern im Jahr 2001 bei ihrem Champions-League-Triumph verausgabt hatten.

Natürlich gibt es auch die Ausnahme vom bayerischen Naturgesetz: Für 2004 gibt es keine Entschuldigung, damals wurde Bremen Meister, das Offensivdreieck Ailton/Klasnic/Micoud war einfach besser.

Im Duell des FC Bayern gegen die Bundesliga steht es damit, aufs letzte Jahrzehnt gerechnet, unentschieden, 5:5. Für den emotionalen Frieden in dieser Republik ist es wichtig, dass das Gänsehaut-Autokorso immer mal durch andere Städte rollt, durch Wolfsburg oder Stuttgart. Und erst wenn in Dortmund der Augenblick genossen und das Konfetti zusammengekehrt ist, sollte die Frage zugelassen sein, ob diese Mannschaft das alles aushält. Ob die jungen Leut' dort die Last der Schale auch wirklich ertragen können.

© SZ vom 02.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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