Bundesliga: Bayer Leverkusen:München, zum Dritten

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Trainer Jupp Heynckes wird Bayer Leverkusen zum Saisonende definitiv verlassen - der FC Bayern wartet schon auf ihn. Seine Verpflichtung soll auch den inneren Frieden zwischen Uli Hoeneß und seinen Vorstandskollegen wieder herstellen.

Andreas Burkert

Sogar bei der Quartier-Auswahl haben sich die Leverkusener noch ein letztes Mal an den Wünschen von Jupp Heynckes orientiert, zumindest könnte man das meinen. Ihr Trainer wird bald 66, und so blendend er zurzeit auch aussieht, wenn er seine Arbeit bei Bayer04 erledigt, so kräfteraubend empfindet er anstrengende Reisen. Neulich, bei der Winterexpedition zu Metalist Charkow in die Ukraine (4:0), haben sie ihm für das Europa-League-Spiel sogar beheizte Stiefel organisiert, damit Heynckes die 15 Grad minus ertrug. In der Nacht zum Freitag, nach Bayers Aus durch das 1:2 im Achtelfinal-Rückspiel bei Villareal, verließen sie in seinem Sinne die eher unwirtliche Kleinstadt und übernachteten in Valencia, in einem schönen Hotel mit Meerblick. Bis zum Abflug am Freitagnachmittag genoss auch Heynckes das Ambiente bei sonnigen 20 Grad.

Wird Bayer Leverkusen nach der Saison Richtung München verlassen: Trainer Jupp Heynckes. (Foto: dpa)

Die Fürsorge und der bis zuletzt aufrichtige Wunsch, Heynckes möge auch im nächsten Jahr die jungen Leverkusener trainieren, werden nun aber nichts mehr ändern an der Tatsache, die der Hauptdarsteller spätestens am nächsten Montag offiziell verkünden wird: Heynckes "wackelt" nicht nur "ein bisschen", wie Manager Rudi Völler in Spanien zugab - er verlässt Leverkusen definitiv zum Saisonende, er wird seinen auslaufenden Vertrag nicht verlängern. Dass Heynckes zur nächsten Saison die Offerte des FCBayern annimmt, wie dies seit Tagen auch Leverkusen Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser vermutet ("es läuft wohl darauf hinaus"), wird er am Montag vielleicht noch nicht bestätigen. Doch in München gilt auch das inzwischen als abgemacht. Von dort heißt es: "Sicher, es gibt da einen Trend." Heynckes wird die Bayern zum dritten Mal nach der Interimstätigkeit 2009 und der Phase von 1987 bis 1991 trainieren.

In München wird Heynckes, der noch seine familiäre Situation klären muss, sehnlichst erwartet, sie haben dort noch gut in Erinnerung, wie frisch der Luftzug gewesen ist, als Heynckes im April 2009 nach der Entlassung Jürgen Klinsmanns als Überraschungsgast durch die Tür trat - weil er zufällig beim Präsidenten übernachtete, beim Freund Uli Hoeneß.

Das war natürlich schon erstaunlich, dass ausgerechnet Heynckes, den man hierzulande eher als sperrigen Menschen in Erinnerung hatte, mit der Gelassenheit des Alters einem durch das misslungene Experiment Klinsmann verstörten Verein die Freude am Fußball zurückgab in seiner nur sechswöchigen Dienstzeit. Sogar mit Diven wie Franck Ribéry kam Heynckes klar, er, der mit Startum eigentlich nichts anfangen kann. "Er hatte eine sehr menschliche Art, mit uns umzugehen", erinnert sich Kapitän Philipp Lahm, "ich kann mir schon sehr gut vorstellen, dass das wieder klappt."

Nun ist es gerade Lahm gewesen, der nach der Entscheidung, sich zum Saisonende von Louis van Gaal zu trennen, darauf hinwies, man müsse dessen geschaffene Struktur "weiterentwickeln". Genau das trauen die Bayern dem vor zwei Jahren aus dem Vorruhestand zurückgekehrten Nachfolger zu. Sie wissen auch, dass sie irgendwann einen Trainer der Generation Klopp-Löw-Tuchel verpflichten werden, schon vor Klinsmann hatten sie ja an Jürgen Klopp gedacht.

Doch die Kandidaten sind gebunden oder befinden sich noch in der Reifephase. Und auf ein nächstes Wagnis mit einem internationalen Namen wie Guus Hiddink oder Rafael Benítez können sie gerade gut verzichten. Sie nehmen Heynckes, der ihnen das Gefühl von Sicherheit vermitteln soll, der trotz seiner eigenen Vorstellungen sicher keinen Staat im Staate errichtet wie die beiden Vorgänger. Die Bayern empfangen ihn als Teamplayer mit Autorität, als Moderator des geordneten Übergangs in die Zukunft, die 2013 oder 2104 beginnen könnte.

Heynckes' Verpflichtung ergibt aus Sicht der Bayern auch aus vereinspolitischen Gründen Sinn. Präsident Hoeneß mag sich zwar gewundert haben, als vor drei Wochen, in der Krisensitzung zu van Gaal, sein Vorschlag mit dem guten Bekannten gleich von der Vorstandsrunde mit Karl-Heinz Rummenigge, Karl Hopfner und Sportchef Christian Nerlinger begrüßt wurde. Doch das Verhältnis des Präsidenten mit den Kollegen aus dem operativen Geschäft ist eben auch ziemlich angespannt, seitdem van Gaals Vertrag vorzeitig bis 2012 verlängert wurde - ohne Not, wie Kontrolleur Hoeneß fand, obwohl er den Deal absegnete. Nun seinen Vorschlag zu akzeptieren, könnte auch dem inneren Frieden dienlich sein, heißt es bei den Bayern. Zudem imponiert ihnen der Trainer Heynckes mit seiner Art, wie er in Leverkusen mit jungen Spielern arbeitet, aber auch die heikle Personalie Michael Ballack moderiert.

Konkret verhandelt haben sie mit Heynckes noch nicht, aber das ist unter Freunden auch nicht nötig. Diese Gespräche soll es in den nächsten Tagen geben, sofern nicht noch etwas dazwischen kommt. Etwa eine Niederlage mit van Gaal in Freiburg.

© SZ vom 19.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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