Bayer 04 Leverkusen:Zeit, die Kurve zu kriegen

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Auch vier Leverkusener können nicht verhindern, dass Christopher Nkunku (weißes Trikot) das Siegtor für Leipzig erzielt. (Foto: Christian Schroedter /imago)

Aus sechs Ligaspielen hat Leverkusen zuletzt nur vier Punkte geschöpft. Nach dem 0:1 in Leipzig hofft Trainer Peter Bosz, dass diese Ausbeute eine Episode bleibt.

Von Cornelius Pollmer, Leipzig

Das Land befindet sich seit einem Jahr in nicht endenden Kurvendiskussionen, und manchmal übersieht man bei allem ständigen Schrecken zwischen Abszissen und Ordinaten, dass es auch Kurven der Hoffnung gibt. Eine solche Kurve der Hoffnung malte der Fußballtrainer Peter Bosz am Samstag etwas zaghaft in die Luft, kurz nachdem seine Mannschaft Bayer 04 Leverkusen das Spitzenspiel bei RB Leipzig mit 0:1 verloren hatte. Es sei jetzt wichtig, sagte Bosz, "dass wir das Vertrauen behalten", das Vertrauen nämlich, dass es für Bayer in dieser Saison noch eine Art zweite Welle geben kann, ein möglicherweise sogar exponentielles Wachstum des Punkteschnitts im Vergleich zum Beispiel zu diesem Januar.

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Aus sechs Ligaspielen holte Leverkusen im abgelaufenen Monat lediglich vier Punkte, aber Peter Bosz ist ein viel zu höflicher und anständiger Mensch, um sich nach der Niederlage in Leipzig auszuweinen, etwa über die wirklich vielen Profis im Krankenstand. Die unverwüstliche Vokabel "Verletzungsmisere" tauchte in Berichten über Bayer im November und Dezember schon auf, und sie darf auch in Betrachtungen des Januars nicht fehlen: Julian Baumgartlinger (Kreuzband), Lars Bender (Wade) und Nadiem Amiri (Corona) fehlten Bosz zusätzlich gegen Leipzig, aber statt endlos darauf zu verweisen, benannte Bosz nur kurz das tatsächlich intensive Programm Bayers im Januar und versprach, wenn bald Spieler zurückkehrten, "dann werden wir auch Leipzig wieder angreifen".

Dieses Leipzig steht nach dem von Christopher Nkunku nach glücklicher Vorgeschichte entschlossen erzielten 1:0 (51.) zwischenzeitlich etwas isoliert auf Platz zwei in der Tabelle: Nach oben zu den Bayern sind es sieben Punkte Platz, nach unten zu Wolfsburg drei, zu Frankfurt immerhin fünf. In der Beschreibung des Hergangs dieses für Leipzig eminent wichtigen 1:0-Siegs war sich Trainer Julian Nagelsmann am Ende mit Bosz weitgehend einig. Der große Druck und die Aggressivität beider Teams nahmen dem Spiel fast jede Schönheit, aber wo die Schönheit im Fußball fehlt, loben die Beteiligten hinterher oft die "Intensität", und in diesem Fall nicht einmal zu unrecht.

Leverkusen wollte über den wendigen Leon Bailey die Leipziger Abwehr mit Geschwindigkeit herausfordern. In dieser Abwehr aber hatte der vom FC Bayern heftig umworbene Dayot Upamecano in Person von Lukas Klostermann und Nordi Mukiele durch Nagelsmann ebenfalls zusätzlichen Speed an die Seite bekommen. An der Frontlinie passierte abgesehen von einer Großchance des freien Florian Witz nicht viel in der ersten Halbzeit und bis kurz vor Schluss der zweiten fast noch weniger, weil Leipzig nun noch tiefer und konsequenter verteidigte.

Auf der anderen Seite spielte RB zunächst wie so manchmal in dieser Saison gut aufgebaute Angriffe nicht so präzise zu Ende, dass große Chancen oder gar Tore folgten. Nagelsmann sah einen Schlüssel zum Sieg am Ende darin, "dass wir in der zweiten Halbzeit leidenschaftlich und aktiv geblieben sind". Diese Leidenschaft ermöglichte das 1:0 kurz nach Wiederanpfiff, und sie stabilisierte diesen Vorsprung in einem, aus vielen Winkeln betrachtet, einigermaßen ausgeglichenen Spiel, in dem Leipzig aber schließlich in der Zahl und in der Konsequenz der Abschlüsse eben doch entscheidend und zwei Mal sogar hörbar besser war: Alexander Sörloth traf den Pfosten (62.), Marcel Sabitzer die Latte (90.+5).

Das Fazit von Peter Bosz: "Ein Topspiel ist kein top Spiel"

Das in dieser Weise besiegelte Ergebnis nannte Peter Bosz zwar "enttäuschend" und er brachte das bedingt sehenswerte Zustandekommen auf die nur scheinbar widersprüchliche Wendung, die Partie sei "ein Topspiel, aber kein top Spiel" gewesen. Ansonsten hofft Bosz wohl auch, dass mit dem Vertrauen in seine Mannschaft auch das Vertrauen in ihn bleibt; dass diese für Bayer begründbar schwierige Phase als schwer vermeidbare Episode betrachtet wird - und zwar in einer im Grundsatz gesunden Arbeitsbeziehung von Peter Bosz und seinem Team.

Das also könnte die Bayerregel werden, ein Lehrsatz für diesen Januar, zu dessen Ausklang wiederum die gewohnt abwechslungsreiche Garderobe Julian Nagelsmanns Anlass gab, sich an eine Bauernregel zu erinnern. "Ist der Januar hell und weiß, wird der Sommer gerne heiß", so lautet die Regel, und Nagelsmann lief am Samstagabend wie Zuckerwatte auf zwei Beinen den Spielfeldrand entlang, dick verpackt in gleißend weißen Daunen.

Fast hätte man befürchten müssen, dass er damit seinen Torwart blendet, aber der von der erweiterten Fußballöffentlichkeit manchmal etwas unterschätzte Peter Gulacsi zeigte in seinem 150. Spiel für RB Leipzig nach dem nur halb glücklichen Einsatz bei der Niederlage in Mainz wieder eine mindestens sehr gute Leistung, eingeschlossen eine Großtat gegen den eingewechselten Patrik Schick kurz vor Schluss (89.).

Für beide Teams geht es nun zügig weiter im DFB-Pokal. RB trifft im Achtelfinale auf den VfL Bochum, Bayer spielt bei Rot-Weiss Essen. Gerade für Leverkusen dürfte kaum eine bessere Gelegenheit kommen, die eigene Kurve nach oben zu biegen.

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