Bundesliga:Das Augsburger Biotop verkümmert

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FCA-Trainer Manuel Baum (r.) mit seinem Assistenten Jens Lehmann. (Foto: dpa)
  • Der kriselnde FC Augsburg stellt vor dem Bundesliga-Spiel an diesem Freitagabend gegen Borussia Dortmund den Zusammenhalt ins Zentrum.
  • Der FCA und Trainer Manuel Baum sind eigentlich krisenerprobt - schon 2017 war der Klub in Abstiegsgefahr. Die aktuelle Lage stellt sich aber ungleich komplizierter dar.
  • Manager Stefan Reuter bemüht das Vokabular des Abstiegskampfes. Auf die mittelfristige Zukunft des Trainers will er nicht eingehen.

Von Maik Rosner

Aus dem Vorschlag sprach Frust und Ratlosigkeit, was jedoch nicht verwunderlich war. Einen "Saufabend" hatte Torwart Gregor Kobel nach dem verheerenden 1:5 des FC Augsburg beim SC Freiburg angeregt, vielleicht könne das der Mannschaft ja helfen im Abstiegskampf. Ganz ernst gemeint war die Idee nicht. Provoziert hat sie aber die Frage, warum der 21 Jahre alte Leihspieler der TSG Hoffenheim jene Methode anführte, die in manch einer Kreisligaelf als letztes Mittel bemüht wird, um den Zusammenhalt zu stärken und Dissonanzen wegzuspülen.

Beim FCA haben sie Kobels Vorschlag vor dem Heimspiel gegen Tabellenführer Borussia Dortmund an diesem Freitagabend selbstredend nicht näher verfolgt. Aufgegriffen haben sie aber den Kern der Idee, den Zusammenhalt ins Zentrum ihres Denkens und Handelns zu stellen. Dieser wurde bei jeder Gelegenheit beschworen, und interessant gerieten dabei die Zwischentöne. Wie bei Offensivspieler Michael Gregoritsch, als er über das Vorgehen in der bedrohlichen Gemengelage referierte.

"Wir sprechen untereinander sehr viel über die Situation und versuchen uns gegenseitig zu helfen. Jetzt haben wir auch mit dem Trainer ein sehr, sehr gutes Gespräch gehabt, was wir alle gemeinsam verändern können", sagte Gregoritsch, ohne konkret werden zu wollen. Alle seien "sehr klar miteinander", wenngleich es in einer langen Phase der Misserfolge "natürlich schwer" sei, "dass man sich immer positiv gegenübersteht". Sein Nachsatz, man habe trotz der zuletzt zwei schlechtesten Saisonspiele in Bremen (0:4) und Freiburg "eine sehr, sehr gute Gemeinschaft innerhalb der Truppe mit dem Trainerteam zusammen", diente wohl auch dazu, den gegenteiligen Verdacht zu entkräften.

"Jede Situation ist anders", sagt Baum

Es hat sich im achten Bundesligajahr der Augsburger eine missliche Lage zusammengebraut, die der Klub trotz mancher Krisen in dieser Ausprägung noch nicht erlebt hat. Nach Höherem hatten sie zu Beginn der Saison gestrebt, viele hofften auf einen einstelligen Tabellenplatz, der nach dem beachtlichen 1:1 beim FC Bayern oder der späten 3:4-Niederlage in Dortmund möglich schien. Doch im November setzte ein Abschwung ein, der sich zuletzt beschleunigt hat.

Die Eklats und Suspendierungen von Offensivspieler Caiuby und Innenverteidiger Martin Hinteregger Ende Januar, parallel zur Verpflichtung von Jens Lehmann als Co- und Defensivtrainer, ließen das Bild vom Augsburger Biotop verkümmern. Erschwerend hinzu kamen Verletzungen von Leistungsträgern wie Stürmer Alfred Finnbogason und Innenverteidiger Jeffrey Gouweleeuw, die auch gegen Dortmund fehlen werden, ebenso wie der rotgesperrte Verteidiger Reece Oxford.

Herausgekommen sind 18 Punkte nach 23 Spielen, die schlechteste Zwischenbilanz eines Tabellenfünfzehnten seit Einführung der Drei-Punkte-Regel 1995. Nur eines der vergangenen 14 Ligaspiele konnte der FCA für sich entscheiden, beim 3:0 gegen Mainz, als der erst zweite Heimsieg der Saison durch zwei diskutable Handelfmeter begünstigt wurde. 17 Zähler wurden zudem nach Führungen verspielt, 45 Gegentore hatte der FCA noch nie nach 23 Spielen. Und nach Dortmund geht's zum aktuellen Vierten RB Leipzig. Danach hält der März die kniffligen Kellertreffen mit Hannover und Nürnberg bereit.

Baum weiß, wie ernst die Lage ist, und es hilft ihm nur bedingt, dass er krisenerprobt ist. Schon in seinem ersten Halbjahr 2017 geriet der FCA in Abstiegsgefahr, schaffte aber mit vereinten Kräften den Klassenverbleib. Auch damals wurden mit Baum Veränderungen besprochen, statt mit einem Saufabend stärkten sie das Gemeinschaftsgefühl in einem Kurz-Trainingslager und mit der Fan-Aktion "Augsburg hält zusammen". Vor zwei Jahren fiel der Abschwung allerdings viel kürzer aus und begann mit 28 Punkten nach 23 Spielen. Die aktuelle Lage stellt sich ungleich komplizierter dar.

"Jede Situation ist anders", sagt Baum, man müsse sich neu anpassen, "ich vergleiche das mit den Jahreszeiten: Im Winter renne ich auch nicht mit der Badehose rum." Aber wie 2017 sei für ihn der offene Umgang "extrem hilfreich", vor allem mit dem ebenfalls in die Kritik geratenen Manager Stefan Reuter, aber auch mit der Mannschaft.

Diese, gab Reuter in Auftrag, müsse nun eine Reaktion zeigen, "das ist das alles Entscheidende". Er bemühte das Vokabular des Abstiegskampfs, sprach von gegenseitiger Unterstützung, Laufbereitschaft, Zweikämpfen, den "Grundtugenden" eben, die in Freiburg "überhaupt nicht zu sehen waren". Worauf er nicht eingehen wollte, war Baums mittelfristige Zukunft.

Die Frage, ob der FCA am Trainer bis zum Saisonende festhalten werde, beantwortete Reuter mit ebenfalls interessanten Zwischentönen. Er sagte: "In jedem Fall halten wir jetzt an Manuel Baum fest." Und auf Nachfrage: "Wir diskutieren jetzt nicht über den Trainer." Baum dürfte ahnen, dass der Zusammenhalt jetzt mehr als je zuvor auf die Probe gestellt wird.

© SZ vom 01.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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