FC Augsburg:Vernünftig, geduldig - abstiegsbedroht

Lesezeit: 2 min

Vernunft bringt keine Siege: Der FC Augsburg geht in Freiburg 1:5 unter. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Der FC Augsburg handelt für einen Abstiegskandidaten ungewöhnlich besonnen. Das führte auch zu einer Summe an fragwürdigen Entscheidungen.

Kommentar von Sebastian Fischer

Wie gerät eine Fußballmannschaft in den Abstiegskampf? In der jüngeren Geschichte der Bundesliga gab es auf diese Frage einige recht naheliegende Antworten, so anschaulich waren die Beispiele. Am häufigsten reichte die Qualität im Kader samt finanzieller Ausstattung schlichtweg nicht für mehr: So war es 2017 bei Ingolstadt und Darmstadt, so verhält es sich in der Gegenwart wohl beim 1. FC Nürnberg. Manchmal, oft bei Klubs mit geltungsbewusstem Vorstand und ungesunden Ambitionen, ging die Personalplanung furchtbar schief (Hamburger SV 2013-2018, VfL Wolfsburg 2017 und 2018, VfB Stuttgart 2019). Einmal, 2018 beim 1. FC Köln, vernebelten große Erfolge aus dem Vorjahr den Blick für die wesentliche Arbeit.

Der FC Augsburg fügt dieser Liste in diesem Jahr eine interessante Verhaltensweise hinzu: Der Klub handelt vernünftig, bodenständig und geduldig. Doch nach fast jeder vernünftigen, bodenständigen und geduldigen Entscheidung verliert der FC Augsburg wieder ein Spiel. Das 1:5 in Freiburg war die 13. Niederlage.

Beispielhaft für das Augsburger Dilemma ist der Verlust von Martin Hinteregger, dem wichtigsten Abwehrspieler im Kader. Weil er Trainer Manuel Baum nach einem 0:2 in Gladbach heftig kritisierte ("Ich kann nichts Positives über ihn sagen"), warf der Klub ihn raus. Das war natürlich vernünftig, öffentliches Gemecker bringt ja keine Mannschaft weiter. Aber nun spielt Hinteregger mit Eintracht Frankfurt in der Europa League - und der FCA müsste sich eigentlich verschaukelt fühlen. Da Jeffrey Gouweleeuw verletzt ist, hat Augsburg keinen erstligaerfahrenen Innenverteidiger mehr. Ähnlich wirkt in der Nachbetrachtung der Verlust von Offensivspieler Caiuby, der seinen Rauswurf mit Disziplinlosigkeit provozierte und besiegelte, indem er erklärte, in seiner Heimat Brasilien spielen zu wollen, bei seiner Familie. Er spielt nun übrigens in Zürich, was nicht arg viel näher an São Paulo liegt als Bayern. Und Augsburg fehlt seine Wucht im Angriffsspiel.

Die Liste schlüssig begründeter Entscheidungen ist lang. Einen neuen Torwart nach dem Weggang von Marwin Hitz? Lieber den Konkurrenzkampf zwischen zwei Ersatztorhütern ausrufen, entschied Manager Stefan Reuter im Sommer geduldig. Allerdings sorgten weder Fabian Giefer noch Andreas Luthe für genügend Sicherheit, sodass der Klub im Winter Gregor Kobel aus Hoffenheim auslieh. Einen teuren neuen Stürmer? In Alfred Finnbogason ist doch einer der besten der Liga da, entschied Reuter bodenständig. Nun ist der Isländer nicht zum ersten Mal verletzt. Und die zwei zweitbesten Torschützen, einer davon ist Verteidiger Rani Khedira, haben nur dreimal getroffen. Taktische Änderungen? Wir sind ja schon flexibel. Trainerwechsel? Kein Thema, sagte Reuter am Samstag.

Es gibt ein Beispiel aus der Liga-Geschichte, das dem Fall Augsburg ähnelt, auch wenn es in ihm fast nie um Abstiegskampf ging. Den Bundesliga-Standort Leverkusen nannte man lange Wohlfühloase. So wunderbar das theoretisch klingt, praktisch war es nicht nett gemeint.

© SZ vom 25.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Augsburg in der Krise
:Lernen von Lehmann

Kaschiert Jens Lehmann die Schwächen von Cheftrainer Manuel Baum? Der FC Augsburg sieht das nicht so - aber der sonst so ruhig agierende Verein kämpft vor dem Spiel gegen die Bayern mit untypischen Problemen.

Von Sebastian Fischer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: