Trainerwechsel beim VfB Stuttgart:Züge einer Verzweiflungstat

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Demütigende Hängepartie: Bruno Labbadia muss beim VfB Stuttgart schon wieder gehen. (Foto: Sören Stache/AFP)

Aus nach nur dreieinhalb Monaten: Bruno Labbadia muss beim VfB Stuttgart für Sebastian Hoeneß Platz machen. Der 40-Jährige ist bereits der vierte Trainer in dieser Saison beim Tabellenletzten - viel Zeit zur Akklimatisierung hat er nicht.

Von Christoph Ruf

Gut möglich, dass Bruno Labbadia auch ein bisschen erleichtert war, als ihm die Stuttgarter Verantwortlichen am Montagnachmittag mitteilten, dass seine Zeit beim VfB nach gerade einmal dreieinhalb Monaten Amtszeit schon wieder beendet ist. Die knapp 48 Stunden seit der jüngsten 0:3-Niederlage bei Union Berlin konnte er schließlich nur als demütigende Hängepartie empfunden haben.

Am Sonntag hatte der 57-Jährige in Gegenwart diverser Kamerateams das Training der Ersatzspieler geleitet - während wenige Meter Luftlinie entfernt die Verantwortlichen über seine Entlassung diskutierten. Das taten sie am Montag erneut - und kamen dabei endgültig zu der Erleuchtung, Labbadia zu entlassen. Nachfolger wird Sebastian Hoeneß, der bis vergangenen Sommer die TSG Hoffenheim trainiert hat und in Bad Cannstatt einen Vertrag bis 2025 unterzeichnet hat. "Letztlich sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir einen neuen Impuls brauchen", lässt sich der VfB-Vorstandsvorsitzende Alexander Wehrle in einer Vereinsmeldung zitieren. Hoeneß werde "gemeinsam mit der Mannschaft diese schwere Situation meistern".

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Tatsächlich war Labbadia in elf Ligaspielen nur ein einziger Sieg gelungen. In der Rückrunde gingen gar sieben von neun Partien verloren, als Erfolgserlebnis blieb lediglich der Einzug ins Viertelfinale des DFB-Pokals nach einem 2:1-Sieg in Paderborn in Erinnerung. Die Überzeugung, dass der Abstieg, der dem VfB Mindereinnahmen von rund 40 Millionen Euro bescheren würde, in dieser Konstellation verhindert werden könnte, war am Schluss aus gutem Grund nicht mehr vorhanden. Zwar konnte Labbadia für sich reklamieren, dass der VfB unter seiner Anleitung bis auf das hilflose 0:1 im jüngsten Heimspiel gegen Wolfsburg und das 1:2 auf Schalke immer konkurrenzfähig aufgetreten war. Auch beim 0:3 bei Union Berlin gab es viel Lob für den VfB, dessen Spieler nicht den Eindruck erweckten, als spielten sie gegen den Trainer. Punkte gab es allerdings nicht.

Und dennoch trägt der Rauswurf von Labbadia Züge einer Verzweiflungstat: Schon nach der erneuten Niederlage in Berlin war Sportdirektor Fabian Wohlgemuth mit der Aussage zitiert worden, der Verein werde "nicht untätig sein und dem Untergang zusehen". Zugleich hatte Wohlgemuth betont, man könne die Defizite nicht seriös aufarbeiten, wenn man ständig den Trainer tausche: "Wir müssen uns schon mehr Mühe machen, als im Frust Köpfe infrage zu stellen", sagte er dem Magazin kicker. Und fügte an: "Bei uns haben in dieser Saison bereits drei sehr unterschiedliche Trainer mit ähnlichen Bilanzen gearbeitet."

Hoeneß soll im Idealfall die Klasse halten - und im Sommer den personellen Umbruch einleiten

Nun wurde also ein Vierter präsentiert. Obwohl die VfB-Offiziellen bei aller Unzufriedenheit über die Punkteausbeute unter Labbadia zuletzt eben alles andere als optimistisch wirkten, dass es unter einem anderen Coach besser laufen würde. Intern gilt die Zusammenstellung des Kaders, die vor allem der schon vor Monaten geschasste Sven Mislintat zu verantworten hatte, als Hauptgrund für die katastrophale sportliche Lage beim Tabellenletzten.

Versteht man die VfB-Verantwortlichen richtig, soll mit Hoeneß die nun sehnlich erwünschte Konstanz einziehen. Er erhält einen Vertrag bis zum Ende der übernächsten Saison, der zudem ligaunabhängig gilt. Im Idealfall soll Hoeneß, der 1999 mit der Stuttgarter U-17 als Spieler deutscher Meister wurde, mit dem VfB die Klasse halten, im kommenden Sommer den dringend notwendigen personellen Umbruch einleiten. Er soll so eine Mannschaft formen, in der Eigengewächse ebenso zum Zuge kommen wie gestandene Bundesligaspieler, an denen es derzeit fehlt.

Viel Zeit zur Akklimatisierung hat der Mann, der von 2020 bis 2022 die TSG Hoffenheim trainiert hat, nicht. Schon am Mittwoch spielt der VfB im Pokal beim 1. FC Nürnberg. Das dürfte auch den Zeitpunkt des Trainertausches erklären. Denn ein nicht ganz unwahrscheinlicher Sieg beim Zweitligisten wäre ein hochwillkommenes Lebenszeichen - und würde wohl intern wie in der Öffentlichkeit als hoffnungsvolles Signal interpretiert, dass der Neue vielleicht doch noch die Wende zum Guten hinbekommt.

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