Bremen vor dem Bundesliga-Spiel in München:Werder sitzen die Zweifel im Nacken

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Ernsthafter Bayern-Rivale? Oder doch nur ein Durchschnittsklub? Vor dem Spiel in München ist den Verantwortlichen des Fußball-Bundesligisten Werder Bremen das Misstrauen gegenüber der eigenen Mannschaft anzumerken. Die Ausnahmekönner im Team sind rar geworden, die Zweifel wachsen.

Jörg Marwedel

Es ist lustig zugegangen bei der Pressekonferenz des SV Werder Bremen vor dem Klassiker beim FC Bayern. Mal gönnte sich Geschäftsführer Klaus Allofs einen Lacher, mal Trainer Thomas Schaaf. Das ist ja auf den ersten Blick nicht verwunderlich. Im Frühjahr, erinnerte sich Allofs, "haben wir nur darüber geredet, wie man Punkte gegen den Abstieg sammelt".

Der vielleicht beste Bremer in der laufenden Saison: Stürmer Claudio Pizarro. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Nun treffe man - trotz der unterschiedlichen finanziellen Bedingungen - mal wieder in einem sogenannten Spitzenspiel auf den FC Bayern, und das mache "viel mehr Spaß". Ob man in München auf Augenhöhe antrete, sagte Schaaf trocken, sei ihm egal. Wichtiger sei, dass wir "einen klaren Blick haben". Er hoffe nicht, "dass der getrübt wird".

Ein Spitzenspiel beim FC Bayern ist für den SV Werder momentan so überraschend, als hätten die Bremer Stadtmusikanten neben Esel, Hund, Katze und Hahn noch ein Schwein dazubekommen. Denn Werder befindet sich derzeit in einer Art Zwischensaison, in der sie recht selten wie ein Spitzenteam aufgetreten sind und schon mal einen Rückschlag wie das 0:5 in Mönchengladbach hinnehmen mussten. Es ist eine Spielzeit, die darüber bestimmen könnte, ob dieser Klub auch künftig ein lästiger Rivale des Rekordmeisters sein kann oder auf längere Sicht nur noch ein Durchschnittsklub.

Dass es erhebliche Turbulenzen um die Vertragsverlängerungen des seit zwölf Jahren bewährten Werder-Duos Schaaf und Allofs gibt, ist ja nur ein Indiz für diese Umbruchzeit. Ebenso wie Allofs' Empfindlichkeit, als Werder-Präsident Klaus-Dieter Fischer kürzlich weissagte, bald werde der Vorstandschef Allofs den neuen Kontrakt unterschreiben. "Der ist doch gar nicht bei den Verhandlungen dabei", grantelte Allofs. Davon könne noch nicht die Rede sein.

Zweifel gibt es bei Werder auf vielen Ebenen - nicht nur im Aufsichtsrat unter Vorsitz von Willi Lemke, der Allofs angeblich nur ein erfolgsabhängiges Gehalt angeboten hat. Auch Schaaf und Allofs haben nach den Monaten im Abstiegskampf noch allerhand Misstrauen ins eigene Team. Die jüngsten Erfolge hätten "immer am seidenen Faden gehangen", sagt Allofs. "Wir haben kein Team, das auf alle Dinge eine Antwort weiß."

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Als Schaaf vor der Bayern-Partie mal wieder davon sprach, dass man die eigene Philosophie durchsetzen müsse und nicht zu sehr auf den Gegner achten dürfe, erkannte man erst so richtig das Problem dieses teilweise erneuerten Werder-Teams: Es steht nicht mehr für eine erkennbare Philosophie. Es gibt nicht mehr dieses wunderbare Mittelfeldspiel, das die Offensiv-Marke Werder Bremen ausmachte.

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Der als Anführer geholte Mehmet Ekici ist bislang "nicht so bestimmend, wie wir uns das denken", sagt Schaaf. Das schöne Bremer Spiel, das Uli Hoeneß immer so aufstieß, weil man es den Bayern stets vorhielt, ist Vergangenheit. Das aktuelle Werder steht für Geschlossenheit, aber - abgesehen von Claudio Pizarro - nicht mehr für außergewöhnliche Fähigkeiten. Und seit die Bremer nicht mehr europäisch mitspielen, haben sie auch ihre Anziehungskraft für außerordentliche Talente wie Mesut Özil oder Marko Marin verloren.

Für begehrte Jung-Profis wie Gündogan, Holtby, Schürrle oder Leitner ist Werder nicht mehr einer der ersten Anlaufpunkte, was gerade wieder bestätigt wurde. Aus Nürnberg kommt eben nicht eine vielversprechende Abwehrbegabung wie Philipp Wollscheid (der gerade mit Leverkusen einig geworden ist), sondern der ausgemusterte Ex-Kapitän Andreas Wolf. Und wenn sich Werder im Mai nicht mindestens für die Europa League qualifiziert, könnte man wohl auch Ausnahmekönner wie Keeper Tim Wiese und Pizarro nicht mehr bezahlen.

Thomas Schaaf, so sagen Beobachter, sei härter geworden gegenüber den Spielern. Wenig überzeugende Profis fliegen schneller aus dem Kader. Er hat nicht vergessen, wie sehr sie ihn, Allofs und Werder vorige Saison in Bedrängnis gebracht haben, weil sie trotz des angenehmen Arbeitsplatzes nicht genug zurückzahlten.

Geht es aber nach Abwehrspieler Naldo, dann hat Werder inzwischen wieder so viel Selbstvertrauen, "dass wir gegen Bayern gewinnen können". Und dann habe man dauerhaft "die große Chance, auf Platz zwei oder sogar auf Platz eins zu stehen". Klaus Allofs sagt nur: "Ich habe nichts dagegen, wenn sich unsere Spieler hohe Ziele stecken." Ob er daran glaubt, darüber sagt er nichts.

© SZ vom 03.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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