Bremen verliert beim FC Bayern:Kartoffelbrei statt schönes Spiel

Lesezeit: 3 min

Das 1:4 beim FC Bayern München macht die Verantwortlichen des SV Werder Bremen unglücklich. Vom spielerischen Glanz der vergangenen Jahre ist nichts geblieben, dazu kommen die Tätlichkeiten von Claudio Pizarro und Aaron Hunt.

Thomas Hummel, Fröttmaning

Wie es um die Gemütslage von Thomas Schaaf an diesem Münchner Nachmittag bestellt war, verdeutlichte unmissverständlich sein Torjubel. Nach dem unverhofften 1:1 von Markus Rosenberg in der 52. Minute drehte er sich ab, verdrehte die Augen und öffnete die Arme. Er reagierte wie ein ungeduldiger Vater, dessen Sohn erst nach vielstündigem Üben die Mathe-Hausaufgabe endlich richtig löst. Na also, geht doch!

Thomas Schaaf: stoisch in München.  (Foto: Bongarts/Getty Images)

Den Bremer Trainer umgab eine negative Aura. Von der ersten Minute an stand er am Seitenrand, wies an, schimpfte, klagte, winkte ab, schüttelte den Kopf. Thomas Schaaf wirkte total unzufrieden mit der Darbietung seiner Mannschaft. Als das 1:4 gegen den FC Bayern feststand, der Schiedsrichter abpfiff und das Gedröhne aus den Lautsprechern hallte, rührte sich Schaaf sekundenlang nicht vom Fleck. Er stand da, in seiner Trainingshose, seinem Kapuzenpulli, mit verschränkten Armen und blickte stumm umher. Er wirkte starr vor Enttäuschung und Empörung.

"Wir haben es über das gesamte Spiel nicht geschafft, das umzusetzen, was wir uns vorgenommen haben, um den Gegner in Not zu bringen", klagte Schaaf später. Es fehlten Selbstbewusstsein und Überzeugung, gerade bei eigenem Ballbesitz.

Der seit 1999 in Bremen angestellte Trainer Thomas Schaaf stand vor wenigen Jahren noch auf der Hippheits-Skala der Bundesliga-Trainer ganz oben. Seine Mannschaften in Bremen spielten jahrelang den schönsten Fußball der Liga. Der FC Bayern München konnte da gewinnen wie er wollte - in Mode war der SV Werder. Und wer sich an Spieler wie Micoud, Diego, Özil erinnert, der kann erahnen, wie Thomas Schaaf leidet, wenn er seine heutigen Profis sieht.

Spieler wie Aaron Hunt, Marko Marin, Claudio Pizarro oder Marko Arnautovic zum Beispiel, die durchaus Talent besitzen, aber in München bis auf ein paar nette Kombinationen rund um die Mittellinie nichts davon zeigten. Der Klub Werder Bremen war einmal gestanden für Dominanz, Eleganz, die Schönheit des Spiels. Am Samstag stand Bremen für eine zähe Masse, die mit ihren Wolfs, Naldos, Ignjovkis und Bargfredes dem Gegner die Lust am Spiel nehmen wollte. Die die Angriffe der Münchner lange Zeit in sich aufsog und irgendwo in ihrem Abwehrverbund verschwinden ließ. Bremen stand für Kartoffelbrei.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Ausgeschimpft und doch sehr glücklich

Daniel Van Buyten gibt beim 4:1 gegen Bremen wieder einmal den besten Innenverteidiger-Mittelstürmer der Welt, Holger Badstuber liefert sich ein Mecker-Duell mit Doppeltorschütze Franck Ribéry und Arjen Robben jubelt bei seinen beiden Treffern erst verbissen und dann entspannt. Die Bayern in der Einzelkritik.

Thomas Hummel, Fröttmaning

Ein ziemlich scharf gepfefferter Kartoffelbrei allerdings, denn den Spielern schien ihre Zähigkeit selbst keinen Spaß zu machen. Claudio Pizarro hatte sehr viel Glück, dass Schiedsrichter Florian Meyer seinen Ellbogenschlag gegen Holger Badstuber nicht als Tätlichkeit wertete. Der Stürmer verließ das Stadion wortlos. Weil Meyer angab, die Szene auf dem Spielfeld gesehen zu haben, sie aber nicht beanstandete, gilt seine Entscheidung als so genannte "Tatsache". Eine nachträgliche Sperre aufgrund von Fernsehbildern ist nicht möglich.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Ausgeschimpft und doch sehr glücklich

Daniel Van Buyten gibt beim 4:1 gegen Bremen wieder einmal den besten Innenverteidiger-Mittelstürmer der Welt, Holger Badstuber liefert sich ein Mecker-Duell mit Doppeltorschütze Franck Ribéry und Arjen Robben jubelt bei seinen beiden Treffern erst verbissen und dann entspannt. Die Bayern in der Einzelkritik.

Thomas Hummel, Fröttmaning

Verteidiger Andreas Wolf hatte Glück, dass Meyer sein Foul an Thomas Müller vor dem Elfmeter zum 2:1 nicht mit einer Verwarnung ahndete, denn das wäre Gelb-Rot gewesen. Und Aaron Hunt hatte Glück, dass Toni Kroos harte Knochen besitzt. Sein Einsteigen in der 81. Minute mit beiden Sohlen voran in den Gegner wäre sonst einer vorsätzlichen Körperverletzung gleichgekommen. Hunt, der schon zuvor hauptsächlich dadurch aufgefallen war, noch schlechtere Laune als sein Trainer mitgebracht zu haben, verschwand, nachdem der Schiedrichter ihm die rote Karte gezeigt hatte, protestlos in der Kabine.

"Frust ist da die einzige Erklärung", sagte Sportchef Klaus Allofs, "ich bin sehr enttäuscht, dass er so reagiert hat. Ich muss von einem, der bei uns Führungsspieler ist und sein will, erwarten, dass er sich besser unter Kontrolle hat." Dies sei sogar kürzlich in der Mannschaft thematisiert worden, weil "wir uns diese Platzverweise und Sperren nicht erlauben können".

Der Bremer Brei war in der Schlussphase so löchrig geworden, dass die Bayern kinderleicht einen Angriff nach dem anderen bis in den Strafraum kombinierten. Bis dorthin war nur Franck Ribéry nach einem schnellen Konterangriff einmal durchgekommen (1:0, 22.), am Ende erhöhten Arjen Robben mit zwei Elfmetern (69./83.) und wieder Ribéry (77.) auf 4:1. Die Münchner hätten da aber noch ein paar mehr Tore erzielen können.

Werder Bremen ist nach der fünften Saisonniederlage immer noch auf Rang vier notiert, Schalke 04 kann aber am Sonntag vorbeiziehen. Das ist im Grund immer noch eine gute Platzierung für einen Verein, der im vergangenen Frühling noch handfeste Aussichten auf die zweite Liga besaß. Doch Thomas Schaaf, Klaus Allofs wollen eben mehr. Sie wollen guten, dominanten, selbstbewussten Fußball sehen. Weil sie glauben, dass nur dieser dauerhaften Erfolg erwirtschaftet. Und nicht Kartoffelbrei.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: