2:2 gegen Hoffenheim:Dortmund braucht mehr Kuscheldecken

Lesezeit: 3 min

Sein später Treffer brachte Dortmund einen Punkt: Erling Haaland. (Foto: Martin Meissner/AP)

Das schmeichelhafte Remis gegen Hoffenheim erhöht bei der Borussia die Gefahr, die Champions League zu verpassen. Das Klima wird rauer, aber Abwehrchef Hummels glaubt fest an die Wende in dieser Saison.

Von Ulrich Hartmann

Als Borussia Dortmunds wegweisendes Spiel gegen die TSG Hoffenheim angepfiffen wurde, kuschelte sich der BVB-Kapitän Marco Reus in eine warme Decke. Während Reus dem Spiel eine Stunde lang nur zuschaute, fielen ein Dortmunder und zwei Hoffenheimer Tore. Nachdem Reus in der 60. Minute eingewechselt worden war, durften nur die Dortmunder über einen weiteren Treffer jubeln. Am Ende musste sich der BVB mit einem 2:2 (1:1)-Unentschieden zufrieden geben.

Nach nur einem Sieg aus den jüngsten sechs Bundesliga-Spielen betrug Dortmunds Rückstand auf die Champions-League-Plätze am Samstagabend drei Punkte. Er könnte nach Spielen der direkten Konkurrenten am Sonntagabend aber auch schon sechs Punkte betragen. Dem BVB droht zunehmend das Szenario, erstmals seit 2015 die Champions League zu verpassen. Das Klima wird rauer. Es braucht mehr Kuscheldecken!

Als Sportdirektor Michael Zorc den Bankplatz von Kapitän Reus vor dem Anpfiff bei Sky derart kommentierte, dass Trainer Edin Terzic die Mannschaft nach eigenem Gutdünken aufstellen dürfe, sagte er: "Am Ende ist er in der sportlichen Verantwortung." Wenn man aus diesem Satz das Wort Verantwortung herausfiltert, dann kann man Zorcs Aussage auch so interpretieren, dass der Sportdirektor begonnen hat, sich vom Trainer erstmals ein ganz kleines bisschen zu distanzieren. Ob das wirklich so ist, werden die kommenden Wochen zeigen. Dann spielt Dortmund in der Champions League gegen den FC Sevilla, im DFB-Pokal bei Borussia Mönchengladbach und in der Bundesliga unter anderem bei Schalke 04 und beim FC Bayern. Zorc hatte vor dem Hoffenheim-Spiel das Gefühl: "Ich glaube schon, dass Edin Terzic das Vertrauen der Mannschaft hat, weil sie sieht, wie er mit ihnen arbeitet."

Auch von Abwehrchef Mats Hummels erhielt Terzic nach dem Spiel Unterstützung. Hummels erklärte, die Mannschaft sei im Training gerade damit beschäftigt, ein sehr viel aggressiveres Spiel einzustudieren, in dem man den Gegner höher anlaufe, und so etwas dauere eben seine Zeit. Seltsamerweise erscheint das Dortmunder Spiel mitunter weniger aggressiv als früher.

"Die Anzahl der individuellen Fehler ist momentan sehr hoch", sagte Terzic nach dem Spiel in der Pressekonferenz. Dies ließe tatsächlich darauf schließen, dass die Dortmunder sich mit der Grundhaltung des Terzic-Fußballs noch ein bisschen schwer tun. "Wir werden weiter hart daran arbeiten, es künftig besser zu machen", sagte Terzic. "Man wird das in dieser Saison noch sehen", sagte Hummels über die Transformation des BVB-Fußballs - und wenn nicht, dann werde er seine Fehleinschätzung eingestehen, schob Hummels hinterher.

Diskussionen um Hoffenheims ersten und Dortmunds zweiten Treffer

Jadon Sancho hatte die Dortmunder mit 1:0 in Führung gebracht (24.). Munas Dabbur (1:1, 31.) und Ihlas Bebou (1:2, 51.) drehten die Partie, bevor Erling Haaland mit seinem 15. Saisontreffer den 2:2-Endstand herstellte (81.). Das Unentschieden schmeichelte allerdings eher den Dortmundern, denn allein Hoffenheims Bebou hatte drei kapitale Chancen (18., 23., 76.), um ein drittes TSG-Tor zu erzielen. Zwei Mal scheiterte er am Torwart Marwin Hitz, ein Mal schoss er ans Außennetz.

Für Diskussionen sorgten der erste Hoffenheimer und der zweite Dortmunder Treffer. Vor Dabburs 1:1 hatte der Hoffenheimer Kevin Vogt den Dortmunder Haaland im Stile eines Ringers zu Boden gerissen, erhielt dafür aber kurioserweise die sofortige Absolution vom Schiedsrichter Bastian Dankert. Während Haalands 2:2 lag Hoffenheims Dabbur verletzt am Boden, was die Hoffenheimer zur Klage anregte, allerdings hatten sie, zuvor selbst in Ballbesitz, den Ball auch nicht ins Aus gespielt, ehe Sebastian Rudy den Ball an Haaland verlor.

Der nur angesichts des Ergebnisses unfrohe Reus erklärte seine Bank-Rolle hinterher mit dem bevorstehenden Champions-League-Spiel am kommenden Mittwoch in Sevilla und überhaupt mit der hohen Belastung in den kommenden Wochen. "Insofern: Alles gut!", beschied er und stellte Terzic darob keinen Konflikt in Aussicht.

Nicht nur die Dortmunder fliegen kommende Woche nach Spanien, auch die Hoffenheimer. Sie bestreiten ihr Auswärtsspiel im Sechzehntelfinale der Europa League gegen den norwegischen Klub Molde am Donnerstagabend in Villarreal, weil eine Einreise nach Norwegen aus Corona-Gründen derzeit nicht so einfach möglich ist.

Das Remis in Dortmund hält Trainer Sebastian Hoeneß für ein ermunterndes Ergebnis. "Aufgrund der Chancen hätten wir sogar den Sieg verdient gehabt", sagte er. "Das spricht für unseren Spirit." Dies ist eine Vokabel, die auch für Borussia Dortmunds Schicksal in diesem Frühjahr noch relevant sein wird - und für das des Trainers Terzic.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

MeinungFC Bayern München
:Und nun: Die Weltherrschaft

Als Klubweltmeister mag der FC Bayern für das globale Ansehen des deutschen Fußballs ein Gewinn sein - für die Bundesliga ist die Dominanz der Nimmersatten eher ein Unglück. Und im Hintergrund entwickeln die Klublenker um Oliver Kahn die nächsten visionären Masterpläne.

Kommentar von Philipp Selldorf

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: