BVB besiegt Frankfurt:Trotzreaktion mit Hacke und Hammer

Lesezeit: 3 min

Sokratis jubelt nach seinem Tor zum zwischenzeitlichen 2:1. (Foto: AFP)
  • Durch Tore von Marco Reus, Sokratis und Pierre-Emerick Aubameyang gewinnt der BVB 3:1 gegen Eintracht Frankfurt.
  • Vier Tage nach dem Angriff auf den Mannschaftsbus gelingt es dem Team von Thomas tuchel, sich auf Fußball zu konzentrieren.
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Von Martin Schneider

Thomas Tuchel lächelte, als er einen Schluck aus seiner Wasserflasche nahm. Er drehte die Flasche zu, dann lächelte er nochmal, während Stadionsprecher Norbert Dickel den Namen Marco Reus durch die Arena schrie. Schon der Moment auf der Pressekonferenz am Freitag, als der BVB-Trainer verkünden durfte, dass Reus wieder im Kader stehen wird, war einer der wenigen Augenblicke in dieser furchtbaren Woche, in denen Tuchel fröhlich wirkte.

Und nun sah er, wie sich dieser Reus erst sehr intelligent und dann sehr elegant verhielt. Einen Pass von Shinji Kagawa nahm er nicht an, weil er deutlich im Abseits stand. Er hob dann die Arme, um dem Schiedsrichter zu signalisieren: "Bitte nicht abpfeifen, ich bleibe ja weg". Christian Pulisic erkannte die Situation und setzte nach. Er eroberte den eigentlich verlorenen Pass, spielte ihn in die Mitte, wo Reus ihn mit der Hacke hinter seinem Standbein vorbei im Tor versenkte. Zwei Minuten waren da gegen Eintracht Frankfurt gespielt, Dortmund führte 1:0. Aber vor allem lächelte Thomas Tuchel, weil es wenigstens in dieser Sekunde nur um Fußball ging.

Seit den Attacken auf den Mannschaftsbus des BVB kann man Spiele von Borussia Dortmund nicht mehr nur sportlich bewerten. Spieler und Trainer hatten sich nach dem schnell angesetzten Wiederholungsspiel gegen Monaco bitter beschwert, warum man ihnen nicht mehr Zeit geben würde. An Fußball hätten sie nicht denken können, weil jemand sie mit einer Bombe töten wollte.

Drei Tage später ist Borussia Dortmund ein bisschen zurück in der Normalität. 3:1 gewann die Mannschaft gegen eine Frankfurter Mannschaft, die sich mit allen Mitteln wehrte, aber fußballerisch schlicht unterlegen war. "Es war eine außerordentliche Charakterleistung meiner Mannschaft. Dafür gebührt ihr größter Respekt. Es war ein toller Nachmittag für uns", sagte Tuchel nach dem Spiel und sein Kollege Niko Kovac meinte es sei ein Spiel gewesen "bei dem Normalität dabei war".

Tuchel freute sich auch deshalb besonders über Reus' Rückkehr, weil er mit dem 27-Jährigen einen ganzen Batzen Erfahrung in eine - verständlicherweise - verunsicherte Elf packen konnte. Dass er zum ersten Mal seit Anfang Dezember Nuri Sahin (28) in die Startelf beorderte, passte dazu und funktionierte sehr gut - auch wenn Reus nach seiner Verletzungspause nur eine Halbzeit lang durchhielt.

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Dortmund attackierte früh und verpasste es - wie so oft in dieser Saison - schnell das zweite Tor nachzulegen. Sahin und Kagawa hatten gute Schussmöglichkeiten. Weil der BVB sehr offensiv verteidigte, entstanden in der eigenen Hälfte Räume, die Frankfurt sehr gut ausnutzte. Nach einem Querpass von Branimir Hrgota vergab Marco Fabian nach neun Minuten fast schon grotesk frei vor dem leeren Tor - er nahm den rechten Fuß statt des linken und schob den Querpass so ins Toraus. Kurze Zeit später schoss Mijat Gacinovic knallhart aufs Dortmunder Tor - Roman Bürki riss irgendwie die Hände hoch.

Es war ein seltsames Spiel zu diesem Zeitpunkt. Dortmund spielte total überlegen, aber Frankfurt hatte die besseren Chancen. Es war dann erneut Fabian, der in der 29. Minute im Rückraum frei zum Schuss kam, und weil Sahin in seinen Schuss noch seinen Oberschenkel brachte, wurde der Ball unhaltbar für Bürki in den Winkel abgefälscht. Ein 1:1, das wegen der vielen guten Möglichkeiten der Eintracht nicht unverdient war.

Nur sechs Minuten später nahm sich dann Sokratis Papastathopoulos, genannt Sokratis, oft auch einfach nur "Papa" gerufen, den Ball. Er hatte sich nach dem Spiel gegen Monaco am heftigsten über die Ansetzung beschwert. "Die Uefa muss verstehen, dass wir keine Tiere sind", sagte er über die Behandlung durch die Offiziellen. Es steckte offensichtlich noch eine riesige Packung Wut in seinem Körper. Er marschierte los, ließ Omar Mascarell mit einer Körpertäuschung aussteigen und hämmerte dann den Ball in den Winkel. Ein Schuss wie ein Statement, eine Trotzreaktion mit über 100 km/h. Niemand fälschte den Schuss ab, er war einfach zu hart, Hradecky hatte keine Chance. In der ersten Halbzeit gewann Sokratis übrigens jeden seiner Zweikämpfe. Er hatte außerdem die meisten Ballkontakte und gab auch noch als Verteidiger die meisten Torschüsse ab.

In der zweiten Halbzeit kamen Ousmane Dembélé für Reus und Matthias Ginter für Sven Bender. Der BVB versuchte nun, das Spiel zu beruhigen, die Mannschaft attackierte nicht mehr so früh. Die Eintracht war gezwungen, selbst das Spiel zu machen, was ihr deutlich schwerer fiel, als gegen das Dortmunder Pressing zu kontern. Ein Schuss von Aubameyang (57. Minute), einer von Fabian (69.), aber keine dieser Szenen sorgte für riesige Torgefahr.

Tuchel schaute immer skeptischer, seine Mannschaft hatte ja schon ein paar Mal Spiele noch unnötigerweise aus der Hand gegeben - Pierre-Emerick Aubameyang hätte in der 78. Minute für Ruhe sorgen können, aber er köpfte drüber.

Sieben Minuten später holte der Gabuner das dann nach. Einen Konter über Sahin und Dembélé lupfte er zur Vorentscheidung ins Tor.

Und Tuchel? Als auf dem Platz Dembélé und Fabian aneinandergerieten, regte er sich dermaßen auf, dass Schiedsrichter Robert Hartmann an die Seitenlinie joggte und lange auf ihn einredete. Hartmann schickte ihn dann nicht auf die Tribüne, Tuchel setzte sich wieder hin und freute sich nach Schlusspfiff über die drei Punkte. Und dass sonst nichts passiert ist.

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