Borussia Dortmund im DFB-Pokal:Letzte Ausfahrt Berlin

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Die einzig verbliebene Sehnsuchtstrophäe: Trainer Jürgen Klopp blickt auf den DFB-Pokal (Archivbild). (Foto: dpa)
  • Borussia Dortmund ist aus der Champions League ausgeschieden, in der Bundesliga läuft es weiterhin mäßig gut. Da kommt dem DFB-Pokal-Viertelfinale gegen Hoffenheim besondere Bedeutung zu.
  • Die Durchschlagskraft ist dem BVB verloren gegangen. Trainer Jürgen Klopp hat dafür offenbar keine Erklärung.
  • Wenn es nach Klubchef Hans-Joachim Watzke geht, sollte der BVB unbedingt die Europa-League-Qualifikation schaffen. Das funktioniert vermutlich über den siebten Platz der Bundesliga - oder eben über den Pokalsieg.

Von Freddie Röckenhaus, Dortmund

Die Ziele, die sich erreichen lassen, rieseln gegen Ende einer Fußball-Saison davon wie die Körnchen durch eine Sanduhr. Manchmal sind sie schon verstrichen, lange bevor der letzte Spieltag erreicht ist. Um so erstaunlicher, dass Borussia Dortmund in dieser seltsam hoffnungslosen Saison noch den DFB-Pokal gewinnen kann - theoretisch. Aber dazu müsste der BVB am Dienstag im eigenen Stadion gegen die TSG Hoffenheim erst mal das Viertelfinale gewinnen. Und mit dem Gewinnen ist das so eine Sache zurzeit.

Das 0:1 gegen den FC Bayern hat beim BVB noch einmal die ganze Saison gespiegelt. Ein dummer Fehler, diesmal passierte er ausgerechnet Mats Hummels, der zu Wochenbeginn seine Gedanken zu einem möglichen Auslands-Wechsel übermittelte - und schon war das Spiel entschieden. So richtig macht es nicht den Eindruck, als könne auf der Zielgeraden noch einmal ein Ruck durch die Elf gehen - ein Ruck, den sie aber dringend braucht, will sie am 30. Mai einen Pokalsieg in Berlin feiern. Die Münchner demonstrierten zwar einen erstaunlichen Respekt vor dem BVB, aber der hatte sichtlich weniger mit dem aktuellen Standard von Klopps Truppe zu tun als mit alten Gewohnheiten und ihren aktuellen Verletzungssorgen.

BVB-Niederlage gegen Bayern
:Lewandowski macht es vor

Der BVB schafft es einfach nicht mehr, dem Gegner weh zu tun. Das wird auch bei der Niederlage gegen Bayern deutlich. Mit Robert Lewandowski wäre das Duell womöglich anders ausgegangen - doch darüber will Trainer Jürgen Klopp nicht sprechen.

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Am Ende diagnostizierte Jürgen Klopp, dass Dortmund "nicht viel falsch gemacht" habe, was man so sagen kann, wenn man ein fürsorglicher Beschützer seiner Spieler ist - oder wenn man selber nicht weiß, woran es eigentlich hapert. Klopp bemühte auch wieder das Modewort der Saison, "Durchschlagskraft", deren Fehlen es seit Monaten zu beklagen gilt. "Wir haben keine Durchschlagskraft entwickelt", lautete die Formulierung diesmal. Es war wie meistens in letzter Zeit, egal ob die Gegner Hamburg, Köln, Juventus Turin oder eben FC Bayern hießen.

Die Durchschlagskraft, sie ist in Dortmund jedenfalls komplett verloren gegangen. Energisch wirkt der BVB noch immer hier und da, aber eher beim Ballerobern und beim Gegenpressen. Aber auch da wirkt die Elf längst nicht mehr so furienhaft wie einst, als sie noch mit den Bayern in einer Liga spielte und einem Pokal-Heimspiel gegen Hoffenheim gelassen entgegengesehen hätte. Bei eigenem Ballbesitz aber fehlt es an Kreativität und jener Wucht, die Widerstände überwinden will, koste es, was es wolle. Die Bayern mögen für ihre Ballbesitz-Orgien bekannt sein, aber ihre beiden Stürmer, Thomas Müller und Robert Lewandowski, strahlten viel mehr von dieser physischen Komponente aus, die zum Fußball gehört, in Dortmund aber abgeschafft zu sein scheint.

Jürgen Klopp reklamiert es als Errungenschaft, die Defensive seit der katastrophalen Hinrunde stabilisiert zu haben. Das stimmt, auch wenn noch immer Flüchtigkeitsfehler passieren. Der BVB hatte vor dem ernüchternden Spiel gegen die Bayern sieben Spiele nicht verloren, dennoch hat Klopp offenbar immer noch keine Erklärung, warum er die gewonnene Stabilität der Defensive mit dem Verlust jeglicher Offensivkraft zu bezahlen scheint. Seit dem als Wiedergeburt wohl überinterpretierten 3:0 gegen Schalke hat Klopps Elf in drei Heimspielen kein Tor mehr geschossen. Wenn das gegen Hoffenheim im Pokal so weiter geht, kann höchstens noch ein Elfmeterschießen helfen.

Der BVB-Coach wirkt inzwischen ein wenig müde, selbst seine Tiraden gegen zwei, drei Entscheidungen von Schiedsrichter Knut Kircher, der Dortmund einen Elfmeter vorenthielt, wirkten etwas kraftlos. Von Vollgasfußball ist beim Trainer inzwischen so wenig zu spüren wie bei seiner Mannschaft auf dem Spielfeld.

Wenn es nach Klubchef Hans-Joachim Watzke geht, sollte der BVB als Ausweich-Saisonziel unbedingt die Europa-League-Qualifikation schaffen. Das funktioniert vermutlich über den siebten Platz der Bundesliga - oder eben über den Pokalsieg. Die finanziellen Einbußen durch das Verpassen der Champions League würde der BVB durch die kleine Europa League einigermaßen kompensieren können, denn das Stadion ist eben immer voll, und die Sponsoren zahlen für jede Europapokal-Teilnahme gut, auch wenn es mal nicht die Champions League ist. Zu Platz sieben (derzeit Hoffenheim) hat Dortmund noch vier Punkte Rückstand.

Das Pokalspiel gegen Hoffenheim hat nun aber eine unerwartet große Bedeutung, weil sich nur mit dem Pokalsieg die dünne Saison aufhübschen ließe. Spieler wie Mats Hummels oder Ilkay Gündogan, mit denen Watzke und Sportchef Michael Zorc über signalgebende Vertragsverlängerungen sprechen, warten auch auf Hinweise, dass demnächst alles wieder besser wird.

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Von Felix Meininghaus, Dortmund

Es nützt derzeit wenig, so ziemlich jeden halbwegs offensiven BVB-Spieler als Fehleinkauf zu diagnostizieren. Tatsächlich gibt die Form von Spielern wie Henrikh Mkhitaryan oder Shinji Kagawa Rätsel auf. Und teure Zugänge wie Ciro Immobile, Adrian Ramos und Weltmeister Matthias Ginter hat Klopp bisher überhaupt noch nicht zielführend eingebaut.

Bei der Menge der vermeintlichen Ausfälle im Kader stellt sich intern inzwischen durchaus die Frage, welche Verantwortung dabei den Trainer trifft. Aber bevor solch tief greifende Themen diskutiert werden, versucht der BVB mal wieder eine letzte Ausfahrt zu nehmen. Die Ausfahrt Hoffenheim.

© SZ vom 07.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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