Biathlon-WM:90 Prozent des Glücks

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Fast fehlerfrei: Denise Herrmann überzeugte im WM-Sprint auch beim Schießen. (Foto: Darko Bandic/AP)

Denise Herrmann fehlen für eine WM-Medaille im Sprint nur Millimeter. Die deutschen Biathletinnen präsentieren sich insgesamt gestärkt. Und wollen mehr.

Von Saskia Aleythe, Pokljuka

Ein paar Fans sind im Stadion bei der Biathlon-WM dabei: Auf einem schmalen Video-Streifen eingeblendet, dort, wo sonst die Zuschauertribüne steht. Musik dudelt, wie sie beim Biathlon sonst auch zu hören ist, der Stadionsprecher hüllt die Athleten zusätzlich in ein bisschen Normalität. Und wenn die Sonne scheint wie am Samstagnachmittag, sind die Aktiven umgeben von einer malerischen Kulisse, man muss nehmen was man kriegen kann in diesen speziellen WM-Zeiten.

Nehmen, was die Situation einem bietet, es ist beim Biathlon eine gefragte Eigenschaft, zum Beispiel wenn die Windfahnen wild vor einem zappeln. Böen zogen am Samstag durch die Arena auf der Hochebene Pokljuka, und gemessen daran konnten sich Denise Herrmann, Franziska Preuß und Vanessa Hinz freuen: Nur ein Fehler unterlief ihnen jeweils im Sprint am Schießstand; 90 Prozent der Ausbeute, 90 Prozent des Glücks. Ohne Fehlschuss war von ihnen noch keine in dieser Saison durch ein Einzelrennen gekommen. "Es ist mein bestes Schieß-Ergebnis im Sprint dieses Jahr", sagte dann auch Herrmann, "aber man steht nicht gerne neben dem Podium". Denn es war ja auch so: Dieser eine Patzer kostete sie eine Medaille.

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Platz vier stand am Ende neben dem Namen der 32-Jährigen, bedingt auch durch die überraschend starke Hanna Sola aus Belarus: Ein 16. Platz war ihr bestes Ergebnis in der aktuellen Saison gewesen, auf dem Podium hatte sie noch nie gestanden - nun schubste die 24-Jährige mit zehn Treffern und acht Sekunden Vorsprung Herrmann vom Podest. Den Titel schnappte sich Norwegens Tiril Eckhoff vor Anais Chevalier-Bouchet, die Französin konnte sich für Silber sogar einen Fehlschuss leisten. "Ich habe es noch gar nicht realisiert", sagte Sola, nachdem sie sich schon ihre Medaille umgehangen und mit den Kolleginnen für das Siegerfoto posiert hatte, "ich habe zum ersten Mal in dieser Saison alles getroffen."

Mit Herrmann, Preuß und Hinz schafften es drei Deutsche unter die ersten Zwölf, das war den deutschen Frauen in der aktuellen Saison erst zwei Mal gelungen. Über so ein Ergebnis nun bei der WM mussten sie sich nicht grämen, aber ein bisschen Bauchzwicken bekommt man halt schon, wenn ersichtlich wird, was eigentlich möglich gewesen wäre. "Bei Denise war der Fehler nicht mal einen ganzen Zentimeter rechts hoch", sagte Frauen-Trainer Florian Steirer, auch Franziska Preuß lag lange aussichtsreich im Rennen. Doch beim Stehendschießen begannen nach dem ersten Fehler allmählich die Beine zu zittern. Preuß traf noch drei Mal und kämpfte darum, dass die letzte Scheibe noch umklappte, das gelang ihr auch - allerdings hatte sie fast eine Minute am Schießstand verbracht.

Herrmann und Preuß überzeugen mit guten Laufzeiten

Eine "Unendlichkeitspartie" nannte die 27-Jährige das später, "natürlich ärgert es mich, dass das Wackeln immer kommt", schon unter der Saison hatte sie damit Probleme. Am Ende stand ein achter Platz für sie in der Statistik. Vanessa Hinz, die im Vorfeld nur die halbe WM-Norm geschafft hatte, bestätigte mit Rang zwölf ihre aufsteigende Form. Janina Hettich unterliefen stehend zwei Fehler, die 24-Jährige landete bei ihrer zweiten WM auf Rang 31. Und war damit noch fünf Ränge besser als der beste Mann am Vortag im Sprint.

Schon in der Mixed-Staffel am Mittwoch hatten sich Herrmann und Preuß mit hervorragenden Laufzeiten gut in diese WM eingefunden, auch beim Sprint überzeugten sie mit der viert- und fünftbesten Zeit - sie sind fit und sorgt im Team für Zuversicht. Vor allem Herrmann hatte in diesem Winter oft mit ihrer Form gehadert, mehr aber wegen ihrer Auftritte am Schießstand. Es krampfhaft besser machen zu wollen funktioniere nicht, merkte die ehemalige Langläuferin nun an, "das habe ich oft genug am eigenen Leib merken müssen." Noch im letzten Rennen vor der WM, dem Massenstart in Antholz, hatte sie von 20 Scheiben gerade mal 14 getroffen.

Das Verfolgungsrennen liegt Herrmann

"Je mehr man es will, desto schlimmer wird es", sagte Herrmann nun, ihre neue Strategie: "Es einfach laufen lassen." Der vierte Rang mit nur 22,3 Sekunden Rückstand auf Platz eins macht es ihr nun etwas leichter, das Laufenlassen in die Tat umzusetzen: Am Sonntag steht schon das Verfolgungsrennen an, es ist ein Format, das ihr liegt: 2019 wurde Herrmann in Östersund dort Weltmeisterin, vor einem Jahr in Antholz klappte es mit Silber. Die Erfolge möchte sie jetzt nochmal im Kopf Revue passieren lassen.

Frauen-Trainer Steirer kündigte noch Nach-Besprechungen zum Sprint an, "die voll des Lobes" sein werden. Von den 99 Starterinnen waren nur sechs fehlerfrei durchgekommen. Und Denise Herrmann fehlten nur Millimeter.

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