Fußballfunktionär Manuel Ruiz de Lopera:Einst liebten ihn die Fans, dann gingen sie gegen ihn auf die Straße

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Manuel Ruiz de Lopera vor einem Gerichtstermin im Jahr 2017. (Foto: Julio Muñoz/Agencia EFE/Imago)

Manuel Ruiz de Lopera wurde als Retter von Betis Sevilla verehrt. Er fabrizierte Anekdoten wie kein Zweiter - und fiel wegen krummer Geldgeschäfte in Ungnade. Nachruf auf ein Unikum.

Von Javier Cáceres

Kiko Veneno ist einer der führenden Flamenco-Rocker Spaniens und Fan von Betis Sevilla. Zu seinen berühmteren Werken zählt ein Lied namens "Fijarse" aus dem Jahr 2000. Der Text persiflierte Manuel Ruiz de Lopera, der in jenen Tagen als Vorsitzender und Hauptaktionär von Real Betis Balompié, wie der Klub eigentlich heißt, zu einer der schillerndsten Figuren des spanischen Fußballs herangewachsen war. Zu einem Unikum wie sonst vielleicht nur Jesús Gil von Atlético Madrid. "Zum Prototypen des Neureichen, des Aufsteigers, Schwindlers und Ausbeuters", der die Geschichte Spaniens der 1990er und der Nullerjahre gut repräsentiere, wie Veneno vor geraumer Zeit der Zeitschrift Líbero sagte.

Vor geraumer Zeit bedeutet: lange, bevor Lopera am Samstag im Alter von 79 Jahren einer Darmkrankheit erlag. Und noch länger, nachdem Lopera für eine Mega-Demonstration in Sevilla gesorgt hatte. Mitte 2009 gingen 65 000 Betis-Fans auf die Straßen der andalusischen Hauptstadt, um den langjährigen Patron aus dem Klub zu vertreiben.

Sie hatten ihn einmal geliebt. So sehr, dass das Estadio Benito Villamarín nach einer Urabstimmung von 1997 bis 2010 sogar Estadio Manuel Ruiz de Lopera hieß. Die Verehrung wurde ihm zuteil, weil er 1992 den damaligen Zweitligisten vor dem Ruin gerettet hatte - der Legende zufolge, indem er den Schalterschluss eines Kreditinstituts verlegte. "Reinaldo", habe er dem Chef der Banco Hispanoamericano am Telefon gesagt, "ich brauche in 25 Minuten 800 Millionen Pesetas. Betis darf nicht sterben. Das würde zu viele Menschen freuen." Nämlich jene, die dem Betis-Nachbarn FC Sevilla zugeneigt sind.

Die béticos liebten ihn aber auch dafür, dass er ihren Klub groß gemacht hatte. Betis gewann 2005 die Copa del Rey, qualifizierte sich für europäische Wettbewerbe, verpflichtete Größen wie Finidi George, Alfonso oder Denílson, mit dem er 1997 sogar einen Ablöse-Weltrekord aufstellte. Der spätere brasilianische Weltmeister kostete fünf Milliarden Pesetas, rund 30 Millionen Euro. Geliebt wurde Lopera aber auch, weil er Anekdoten fabrizierte wie kaum ein Zweiter.

Am Ende warfen ihm die Betis-Fans vor, das Geschäft des verhassten Nachbarn FC Sevilla zu betreiben

Unvergessen, wie er 2001 mit Trainer Juande Ramos eine Halloween-Party des Betis-Kaders im Domizil von Mittelfeldspieler Benjamín crashte. 48 Stunden vor einem Pflichtspiel. "Schon im ersten Raum, den wir betraten, betrieben unbekleidete señoritas Leibesübungen", sollte Lopera später im Radio sagen. Zu den Spielern, die sich im Angesicht von Präsident und Trainer verzweifelt vom Balkon stürzten, zählte neben Denílson auch Joaquín. Der frühere spanische Nationalspieler erzählt gern, wie Lopera ihn zum Rapport bat. Er solle nicht jeden Tag ausgehen, habe Lopera gesagt, "weil der Detektiv, den ich auf dich angesetzt habe, mehr Geld verlangt. Er hat seit fünf Nächten seine Familie nicht mehr gesehen und muss im Auto schlafen."

Nicht nur für Schlapphüte, auch für Fans hatte Lopera ein Herz. Zum Beispiel für jenen, der die Asche des Vaters ins Stadion mitnehmen wollte, und damit kämpfte, dass die Polizei am Eingang die Urne konfiszieren wollte, "ein Einmachglas für in Sirup eingelegte Pfirsiche", wie Lopera berichtete. Die Bitte, die Urne durch den VIP-Eingang ins Stadion zu schmuggeln, lehnte Lopera ab. Aber er hatte eine Lösung: "Und wenn wir eine Puleva-Packung nehmen?", sprich: eine Tetra-Brik-Verpackung für Milch. Fortan habe der Mann immer zu Lopera auf die VIP-Tribüne geschaut, wenn ein Tor für Betis fiel, und dabei eine Milchpackung umarmt.

Vor allem wusste Lopera, sich zu inszenieren: als frommer Katholik, als Betis-Messias, dessen Hund Hugo sich bei jedem Tor auf die Hinterbeine stellte, als großzügiger Patron. Nach einer zähen Vertragsverhandlung mit Ex-Profi Capi erfuhr Lopera, dass der Mittelfeldspieler eine teure Hochzeit plante: "Ich zahle dir die Hälfte der Sause - und wir sagen der Presse, dass ich alles bezahlt habe." Capi schlug ein.

Doch all die pittoreske Folklore, die Lopera verkörperte, verhinderte nicht, dass er bei den béticos in Ungnade fiel. Sportlicher Misserfolg, Prozesse wegen Steuerhinterziehung, angeblich nicht bezahlte Anteile an Betis und der gerichtlich angefochtene Verkauf seines Aktienpakets führten zum Bruch. "Lopera sevillista", rief ihm die Menge zu, er betreibe das Geschäft des verhassten Lokalrivalen FC Sevilla. Es heißt, nichts habe Lopera je mehr geschmerzt als das.

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