Der monströse Schmiergeldverkehr zwischen Funktionären des Fußball-Weltverbands (Fifa) und dessen früherer Sportrechte-Agentur ISL ist nun belegt; ebenso, dass der Fifa-Präsident davon wusste. In mindestens einem Fall konkret, weil eine Millionen-Zahlung der ISL 1997 versehentlich auf einem offiziellen Konto der Fifa gelandet war.
Deren Spitze hat die Praxis über Jahre zu verheimlichen versucht und korrupte Empfänger nicht belangt. Deshalb hat die Staatsanwaltschaft die Fifa der Untreue beschuldigt. Die zahlte 2,5 Millionen Schweizer Franken, daraufhin wurde das Verfahren eingestellt. "Na und?", meint Sepp Blatter, der ewige Patron der Fußballfamilie. Bestechung sei ja damals nicht strafbar gewesen. Der Sepp heiligt die Mittel?
Deutsche Fußball-Funktionäre distanzieren sich plötzlich und fordern Blatters Rücktritt. Und der reagiert wie üblich: Er schießt scharf zurück. Blatter rückt Deutschland in die Nähe der Korruption; die WM 2006 sei gekauft worden, deutet er an. Tatsächlich gab es damals erstaunliche Sport- und Wirtschaftsdeals in und mit Ländern, deren Stimmen für den deutschen Abstimmungserfolg wichtig waren. Unbestreitbar ist aber auch, dass die Fifa mit ihren fahrlässig laxen Bewerbungsregeln bei WM-Vergaben der Korruption erst den Nährboden bereitet hat.
Was im Jahr 2000 - als Deutschland die WM zugesprochen bekam - ablief hinter den Kulissen, muss nun also geklärt werden. Sicher ist nur: Es dürfte verblassen gegenüber dem, was bei der Fifa 2010 passierte, als Russland und Katar bei einer bizarren WM-Doppelvergabe obsiegten. Monate später flog ein globales Geflecht von Strohfirmen auf, das über gut 100 Millionen Dollar verfügt und vom argentinischen Bundesanwalt dem Fifa-Finanzchef und Blatter-Stellvertreter Julio Grondona zugeordnet wird.
Auch das deutet die Dimension des Schmutzes nur an. Unklar ist bis heute, wer von den Millionen der ISL profitiert hat, die bar ausgezahlt wurden? Belegt ist freilich, dass Blatter seinem langjährigen Vizepräsidenten Jack Warner über Jahrzehnte hinweg die Fernsehrechte der Fifa für die karibische Region zuschanzte. Warner zahlte Spottpreise - und führte Blatter als Gegenleistung bei Wahlen sein 40-Stimmen-Paket zu. All das ist möglich in der Fifa, weil der Milliardenkonzern in Wahrheit eine One-Man-Show ist, in der Blatter sogar ein Alleinunterschriftsrecht besitzt.
Umso absurder mutet es daher an, wenn Blatters neuer Reformer Mark Pieth noch immer den Eindruck verbreitet, man könne den Sumpf alleine mit Komitees und neuen Regeln trockenlegen. Der Basler Compliance-Experte setzt weiter auf Blatter - den Mann, der die Reform erst nötig gemacht hat. Dabei geht es in Blatters Reich nicht um Strukturen, es geht um Personen und eine Kultur der Korruption, die alles durchdringt. Pieth hat es aber durchaus in der Hand, eine fulminante Änderung zu bewirken: indem er den Fifa-Job niederlegt. Dann bliebe auch Blatter nur noch das, was überfällig ist: der Rücktritt.