DFB-Sturmhoffnung Maximilian Beier:Nagelsmann hat schon angerufen

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Über die TSG zum DFB?: Hoffenheims Stürmer Maximilian Beier empfiehlt sich für die Nationalmannschaft. (Foto: Martin Meissner/AP)

Die deutsche Nationalmannschaft sucht Stürmer für die Heim-EM? Der 21-jährige Hoffenheimer Maximilian Beier drängt sich immer mehr auf - nicht nur wegen seiner Spitzengeschwindigkeit.

Von Ulrich Hartmann

Maximilian Beier ist privat gar nicht so der Typ "Partycrasher". Eigentlich ist er ruhig und zurückhaltend. Aber am vergangenen Sonntag hat er ein paar Leuten gründlich den Spaß verdorben, besser gesagt: ungefähr 80 000 Menschen. Weil er binnen vier Minuten zwei Tore für die TSG Hoffenheim erzielte, verlor Borussia Dortmund sein Heimspiel mit 2:3, Beier hat den BVB-Fans das Wochenende ruiniert. Für ihn war dieser Abend aber aus einem anderen Grund bedeutsam: "Das war, nach meinem Bundesliga-Debüt und meinem ersten Tor, bis jetzt einer der schönsten Momente meiner Karriere", sagt er: "Mein erster Bundesliga-Doppelpack, im größten Stadion Deutschlands." In jener Nacht, erzählt er, "konnte ich vor lauter Adrenalin kaum einschlafen".

Maximilian, genannt Maxi, Beier ist in den vergangenen Monaten öfter mal nicht gut eingeschlafen. Und jedes Mal war das Adrenalin schuld. Der 21-Jährige aus Brandenburg an der Havel spielt seine erste richtige Bundesliga-Saison für die TSG Hoffenheim. Der Stürmer, der außen und zentral eingesetzt wird, ist nach 22 Spielen mit zehn Treffern siebtbester Torschütze der Bundesliga, mit zusätzlichen sechs Tor-Vorlagen elftbester Scorer und mit 35,45 km/h Spitzengeschwindigkeit einer der 15 schnellsten Spieler. Schwindlig vor Glück wird ihm allerdings oft erst dann, wenn er zur Ruhe kommt. "Manchmal liege ich abends im Bett und kann das alles gar nicht richtig fassen", sagt er. Und dann war da im Oktober ja auch noch der Anruf von Julian Nagelsmann.

Die EM-Teilnahme, sagt Beier, wäre "ein absoluter Traum"

Der Bundestrainer hat sich zwar nicht bei ihm gemeldet, um ihn für die Nationalmannschaft zu nominieren, "aber er hat mir gesagt, dass ich so weitermachen soll und dass er mich auf dem Zettel hat", berichtet Beier. Erst einen Monat zuvor hatte er sein Debüt in der U-21-Nationalmannschaft gefeiert, er schoss auf Anhieb ein Tor. Im Sommer 2025 findet die U21-EM in der Slowakei statt, aber nach Nagelmanns Anruf träumt Beier jetzt erst mal von der großen EM, dem Heim-Turnier im Sommer. "Ich war während des Telefonats sehr aufgeregt", verrät er, "und seitdem bin ich noch motivierter, im Verein bei der TSG Hoffenheim noch härter zu arbeiten." Die EM-Teilnahme, sagt Maxi Beier, "wäre ein absoluter Traum". Sollte dieser Traum wahr werden, würde Beier in einem besonderen Jahr ein Turnier für Deutschland spielen - zehn Jahre nach der WM 2014.

Das siegbringende Tor, das Mario Götze im WM-Finale 2014 geschossen hat, kann Beier auswendig, er hat es damals als Elfjähriger mit einem Freund im elterlichen Garten nachzumachen versucht. "Wir haben damals Tore und auch ganze Spiele nachgespielt", erzählt Beier amüsiert, "für Götzes WM-Tor haben wir geschätzt tausend Versuche gebraucht."

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Schon aus dieser scheinbar harmlosen Anekdote wird ersichtlich, was der Fußball für Beier bedeutet. Mit zwölf Jahren ist er aus dem Elternhaus ins 160 Kilometer entfernte Fußball-Internat von Energie Cottbus umgezogen. Der Traum von der Fußballkarriere hat ihn schon damals begeistert, aber die ersten Monate waren hart. "Ich hatte schlimmes Heimweh", erzählt er, "schon bei der Abreise sonntagabends nach Cottbus sind am Bahnhof oft die Tränen geflossen, und nach einem halben Jahr war ich sogar kurz davor, alles hinzuschmeißen." Geholfen hat ihm damals in Cottbus der einfühlsame Trainer Patrick Schrade, mittlerweile Leiter des Nachwuchs-Scoutings bei Hannover 96.

Als Beier drei Jahre später mit 15 Jahren ins Fußball-Internat der TSG Hoffenheim nach Sinsheim gewechselt ist, war er "schon abgehärtet", wie er heute sagt, "ich bin früh erwachsen geworden." Auch eine zweijährige Ausleihe zum Zweitligisten Hannover 96 hat er genutzt, um weiter Erfahrung zu sammeln, besser zu werden und sich in Hoffenheim für den Profikader zu empfehlen. Im vergangenen Sommer hat er es dann in den Kader geschafft - seitdem sorgt er für branchenweites Raunen.

Beier ist zurzeit der drittbeste deutsche Torjäger, hinter Undav und Füllkrug

Dass der 21-Jährige so viele wichtige Tore schießt, ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, wen die TSG noch so alles in ihrer Offensivabteilung beschäftigt. Beier hat mit seinen zehn Toren bislang mehr geschossen als Andrej Kramaric (acht), Wout Weghorst (fünf), Ihlas Bebou (vier) und Marius Bülter (eins). Aber auch im Bundesliga-Vergleich der besten deutschen Spieler ist er weit vorne: Er ist derzeit drittbester deutscher Torjäger hinter dem Stuttgarter Deniz Undav (14) und dem Dortmunder Niclas Füllkrug (11). Undav wird längst heiß gehandelt, und Beier ist als Geheimtipp auch nicht mehr ganz so geheim.

"Ich spiele einfach gut, wenn ich mich in meinem Umfeld wohlfühle", sagt er über seine Leistungen im Hoffenheimer Trikot. Im Oktober verlängerte der Klub seinen Vertrag um zwei Jahre bis 2027, laut Medienberichten greift nun aber eine gestaffelte Ausstiegsklausel, die bei 30 Millionen Euro beginnt.

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Mit seinen beiden Treffern in Dortmund hat er dem Klub die Perspektive wieder aufgehellt nach vier düsteren Wintermonaten. Im gesamten November, Dezember, Januar und Februar hatte Hoffenheim von 14 Pflichtspielen (13 Mal Bundesliga, ein Mal Pokal) nur eines gewonnen. Es dauerte bis zum 25. Februar, ehe diese Phase mit dem Sieg in Dortmund nun endete. Trainer Pellegrino Matarazzo sprach hinterher von einem "Momentum-Changer". Beier sagt: "Wir wollen versuchen, bis zum Schluss um die europäischen Plätze mitzuspielen."

Eine besondere Auffälligkeit gibt es noch in Beiers Statistik. Sie ist fast unglaublich, wenn man seine Treffsicherheit und die dadurch wachsende Bekanntschaft mit rustikalen Abwehrspielern bedenkt: Beier hat in seinen bislang 22 Bundesliga-Spielen in dieser Saison noch keine einzige gelbe Karte bekommen. Er sagt dazu bloß schmunzelnd: "Ich bin halt schnell genug."

Sein blitzsauberes Spiel zeichnet ihn aber nicht erst seit dieser Saison aus. Seine bislang einzige gelbe Karte in 31 Bundesliga-Einsätzen erhielt er in seinem zweiten Bundesliga-Spiel im Februar 2020 nach einer späten Einwechslung für ein taktisches Foul im Mittelfeld. Auch in Hannover ist Beier mal straffällig geworden, da sah er Gelb - "wegen Ballwegschlagens".

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