Basketballer des FC Bayern:Machtdemonstration mit Che

Lesezeit: 3 min

Wieder da, und wie: Bayern-Kapitän Vladimir Lucic feierte nach zehnmonatiger Verletzungspause ein Comeback. (Foto: Oryk Haist/Imago)

Leidenschaft, Spektakel und ein prominenter Rückkehrer: Pokalsieger FC Bayern bezwingt in einem hochklassigen Bundesliga-Topspiel den deutschen Meister Ulm - und erlebt einen besonderen Abend seiner Weltmeister.

Von Ralf Tögel

Es musste schnell gehen, der Charterflieger wartete. Nach dem Spiel des Meisters beim Pokalsieger waren die drei Münchner Basketball-Weltmeister in Zeitnot, in Baden-Baden wartete auf sie die "Sportler des Jahres"-Ehrung in der Kategorie Mannschaft. Vorher galt es noch die Kleinigkeit eines Spitzenspiels zu erledigen. Und die Erwartungen wurden nicht enttäuscht, in einem Schlagabtausch in Hochgeschwindigkeit bezwang das Team von Trainer Pablo Laso im BMW Park die Gäste aus Ulm mit 95:80 (43:45) Punkten und untermauerte damit seine hohen Ambitionen.

Dass die Partie bis fünf Minuten vor dem Ende äußerst spannend geriet, war der Klasse der Gäste zu verdanken. So wie der Meister in der mit 6500 Zuschauern seit zwei Wochen ausverkauften Halle auftrat, ist ihm erneut einiges zuzutrauen. München und Ulm haben nun jeweils drei Niederlagen auf dem Konto; weil die Gäste aber mit acht Siegen einen mehr verbucht haben, bleiben sie vor den Bayern Zweiter.

SZ PlusInterview mit Basketball-Trainer Pablo Laso
:"Ich glaube nicht an die Tyrannei des Ergebnisses"

Mit Real Madrid hat Pablo Laso viele Titel gesammelt - jetzt soll er das Projekt FC Bayern vorantreiben. Er erklärt seine Pläne, seine legendären Flüche am Feldrand - und warum Deutschland plötzlich ein WM-Mitfavorit ist.

Interview von Javier Cáceres

Natürlich war es keine normale Meisterschaftspartie, zu groß sind die Schnittmengen: Ulms Meistertrainer Anton Gavel verbrachte einen prägenden Teil seiner aktiven Karriere an der Isar, gewann Meisterschaft und Pokal und beendete hier 2018 seine Karriere. Ulms Kraftpaket Karim Jallow ist gebürtiger Münchner und wurde beim FC Bayern zum Profi ausgebildet. Nicht zuletzt erlangte FCB-Weltmeister Andreas Obst in der Münsterstadt (2019 bis 2021) jene Qualität, die ihn letztlich zum Euroleague-Klub nach München führte. Außerdem hatten die Schwaben dem großen Titelfavoriten im vergangenen Jahr im Playoff-Halbfinale einen sogenannten Sweep verpasst, die Best-of-five-Serie also mit 3:0 gewonnen - zwei dieser Partien sogar im Münchner Dome. Diese Majestätsbeleidigung galt es aus Sicht der Bayern zu tilgen.

Die Ulmer sind stets in der Lage, auf Augenhöhe dagegenzuhalten

Und dann war da noch Che Guevara: Kapitän Vladimir Lucic war ob seiner Mentalität und Einstellung von Laso-Vorgänger Andrea Trinchieri mit diesem Spitznamen versehen worden. Nun stand er nach einer achtmonatigen Verletzungspause, die ihm eine Hand-OP beschert hatte, erstmals wieder auf dem Feld - und führte sich standesgemäß mit zwei Dreiern ein.

Nicht nur der genesene Kapitän, die gesamte Münchner Mannschaft schien die Kräfteverhältnisse gegen den Überraschungsmeister schnell geraderücken zu wollen. Vor allem der argentinische Spielgestalter Leandro Bolmaro traf hochprozentig, war mit 19 Punkten Bester seines Teams und brachte viel Tempo ins Spiel des Pokalsiegers. Carsen Edwards und Isaac Bonga bestätigten die starke Form der vergangenen Spiele (beide 15 Punkte), und unter den Körben zeigten Devin Booker (10) und Serge Ibaka ihre Präsenz. Welche Athletik der ehemalige NBA-Champion hat, musste unter anderem Karim Jallow erfahren, als ihn Ibaka zweimal kurz nacheinander beim Dunking-Versuch spektakulär blockte.

Dass die Münchner trotz all ihrer sehenswerten Spielzüge und Einzelaktionen nie beruhigend davonzogen, lag an der Leidenschaft, mit der die Gäste dagegenhielten. Die Ulmer mussten zwar nach der Meisterschaft einen Aderlass verkraften und unter anderem das bestimmende brasilianische Duo Bruno Caboclo und Yago dos Santos Richtung Euroleague ziehen lassen, doch die Schwaben haben erneut hervorragend gescoutet. Und in Anton Gavel einen Trainer, der das exzellent zusammenfügt. "Das war sehr schwer gegen den Meister", attestierte sein Gegenüber, "Anton hat wieder eine sehr wettbewerbsfähige Mannschaft geformt".

Auch Ulm spielt international, im niedrigeren Eurocup, und war mit der Empfehlung eines Sieges gegen Titelverteidiger Gran Canaria angereist. Ein Mangel an Selbstvertrauen war folglich nicht auszumachen, vorrangig das 19-jährige Spielmacher-Juwel Juan Nunez agierte rotzfrech, zog gekonnt die Fäden und erzielte 14 Punkte. Was auch Laso nicht entging, unter dem Nunez weiland bei Real Madrid im Profiteam debütierte und Meister wurde. "Er ist zwar noch sehr jung, aber schon ein großer Spieler." Er habe ihn immer beobachtet, so Laso, zudem sei er unter Gavel "immer besser" geworden. Ein Lob, das der Ulmer Trainer angesichts des auslaufenden Vertrages seines Spielmachers mit ernster Miene zur Kenntnis nahm. In L.J. Figueroa (18 Punkte) aus der Dominikanischen Republik und dem brasilianischen Point Guard Georginho de Paula (17) hat Gavel zudem erneut ein fabelhaftes südamerikanisches Duo in seinen Reihen.

Die Gäste lagen nicht unverdient 45:43 zur Halbzeit vorn und blieben bis Mitte des Schlussviertels dran. Doch nach einer letzten Ulmer Führung (67:66) "hatten wir zu viele Ballverluste und Abwehrfehler, dann sind wir auseinander gefallen", urteilte Gavel. Was auch an der Tiefe im Bayern-Kader lag, der in der Bundesliga konkurrenzlos hochkarätig besetzt ist - außerdem konnte Laso nach der Rückkehr von Lucic erstmals über seine Topformation verfügen.

So geriet die Partie in der Schlussphase doch noch zur erwarteten Machtdemonstration. Und die Weltmeister kamen rechtzeitig zur Ehrung.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusUli Hoeneß im Interview
:"Das ging bumm-bumm-bumm"

Aktuelle Fußball-Weltmeister hat der FC Bayern keine mehr, dafür drei Basketball-Weltmeister: Ehrenpräsident Uli Hoeneß erklärt, was Deutschland von seinen Basketballern lernen kann. Er sagt, woran sich der Fußball ein Beispiel nehmen sollte - und welchen Bundestrainer-Typen er bevorzugt.

Interview von Christof Kneer, Philipp Schneider und Ralf Tögel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: