Bayern-Trainer Pep Guardiola:Frisches Gift aus Barcelona

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Neues Gift aus Barcelona für Bayern-Trainer Pep Guardiola. (Foto: dpa)

Wieder gibt es Zoff zwischen Bayern-Trainer Pep Guardiola und Sandro Rosell, seinem früheren Chef beim FC Barcelona. Wer nach den Ursachen sucht, muss tief in Barças Machtsystem forschen.

Von Andreas Glas

Pep Guardiola war weder blass noch pickelig, er hatte keine Ringe unter den Augen und machte nicht den Eindruck als sei ihm übel. Slim-Fit-Holzfällerhemd, die Ärmel hochgekrempelt, frischer Teint, braun gebrannt, wache Augen. Der Trainer des FC Bayern sah gut aus, als er am Montagabend nach dem 5:0-Pokalsieg gegen Schwarz-Weiß Rehden ins ARD-Studio kam. Viel zu gut für einen, der angeblich vergiftet wurde.

Freilich, ganz so wörtlich hatte Sandro Rosell es nicht gemeint, als er dem katalanischen Fachblatt Sport sagte, es gebe jemanden, "der ein Interesse hat, Pep zu vergiften, und er lässt sich vergiften". In Wahrheit befürchtet der Präsident des FC Barcelona, Pep Guardiolas früherem Arbeitgeber, eine subtilere Vergiftungsmethode: die Gehirnwäsche. Er hält Guardiola für derart hirnverwaschen, dass er dem neuen Bayern-Trainer im selben Interview die Freundschaft kündigt - und zwar stellvertretend für den gesamten FC Barcelona. "Wir sollten die Dinge hinter uns lassen und uns gegenseitig vergessen", sagt Rosell.

Seit Wochen tobt nun der Scheidungskrieg zwischen Guardiola und dem FC Barcelona, jetzt sieht es nach dem endgültigen Bruch aus. Und wie immer, wenn sich ein Liebespaar trennt, tauchen Fragen auf: Wie konnte es soweit kommen? Was ist da vorgefallen? Und im konkreten Fall: Wer hätte ein Interesse daran, Pep Guardiola zu vergiften?

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Ego-Kämpfe und Minderwertigkeitskomplexe

Einige Dinge sind mittlerweile bekannt. Guardiola warf den Chefs des FC Barcelona vor, ihn während seines Sabbatical-Jahres in den USA belästigt zu haben, die Barca-Bosse wiederum schimpften über Guardiola, weil er Tito Vilanova - früher Guardiolas Assistent und zwischenzeitlich dessen Nachfolger in Barcelona - nicht besucht hatte, als dieser zur Krebs-Therapie in New York weilte. Anschließend warfen sich beide Seiten Lügen vor und Guardiola schnappte sich zu allem Überfluss noch Barças Spitzentalent Thiago Alcántara und holte ihn zum FC Bayern.

Hinter all den Vorfällen verbirgt sich ein Machtduell, das nur indirekt mit Tito, Thiago und Pep zu tun hat. Die wahren Schlüsselfiguren sind Barça-Präsident Sandro Rosell und sein Vorgänger Joan Laporta, die sich seit Jahren einen Machtkampf liefern. Um zu verstehen, worum es geht, sind einige Hintergründe nötig: Rosell und Laporta sind Jugendfreunde und haben gemeinsam einen Verein wiederbelebt, der tief in der Krise steckte. Als Laporta im Jahr 2003 die Präsidentschaft übernahm und Rosell das Vize-Amt, hatte der FC Barcelona vier Jahre ohne Titelgewinn hinter sich. Es herrschte Frust, es schmerzte der Minderwertigkeitskomplex gegenüber dem erfolgreichen Rivalen Real Madrid.

Unter Rosell und Laporta holte Barca 2005 die Meisterschaft, im Jahr darauf gelang das Double aus Meisterschaft und Champions League. Mit den Triumphen begann allerdings der Zoff zwischen den Freunden Rosell und Laporta. Beide betrachteten jeweils sich selbst als Hauptarchitekt des Erfolgs. Nur zwei Beispiele: Sandro Rosell rühmte sich öffentlich damit, den Transfer des Brasilianers Ronaldinho (damals Barcelonas Hauptattraktion) ganz allein eingefädelt zu haben. Später brüstete sich Joan Laporta damit, er ganz allein habe Pep Guardiola vom Nachwuchs- zum Chef- und damit zum Erfolgstrainer gemacht. Spätestens seit dieser Beförderung verbindet Laporta und Guardiola eine tiefe Freundschaft.

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"Unreif" und "komplexbeladen"

Als Rosell vor drei Jahren Laporta als Klubpräsident ablöste, überhäufte er seinen Vorgänger mit Vorwürfen, verklagte ihn sogar wegen angeblicher Misswirtschaft. Weil Pep Guardiola daraufhin Mitgefühl für seinen Freund Laporta äußerte, soll Rosell vor Wut getobt haben, schildert Autor Guillem Balague in seiner Guardiola-Biografie. Bereits damals war der Führungszirkel des Vereins tief gespalten: auf der einen Seite die Rosell-Anhänger, auf der anderen Seite die Laporta-Anhänger. Guardiola gehörte dem Lager des Ex-Präsidenten an.

Die aktuellen Anfeindungen zwischen dem FC Barcelona und dem heutigen Bayern-Trainer müssen vor dem Hintergrund der Privatfehde zwischen Rosell und Laporta betrachtet werden. Zumal deshalb, weil Joan Laporta Anfang Juni ankündigt hat, wieder für das Präsidentenamt beim FC Barcelona zu kandidieren - und Intimfeind Rosell abzulösen, den er jüngst als "unreif" und "komplexbeladen" bezeichnete. Damit dürfte auch klar sein, wen Sandro Rosell im Verdacht hat, wenn er jetzt sagt, jemand habe ein Interesse daran, Pep Guardiola zu vergiften. Offenbar sieht er in Vereinsheld Guardiola einen gefährlichen Verbündeten Laportas.

Pep Guardiola hat sich trotz der neuerlichen Sticheleien nicht zu einer Retourkutsche gegen Barça-Präsident Rosell hinreißen lassen. Dafür stänkerte er erstmals gegen all diejenigen, die nach der Supercup-Niederlage gegen Borussia Dortmund behauptet hatten, den Bayern-Spielern sei das System ihres neuen Trainers zu kompliziert. "Journalisten sagen, es sei schwierig für meine Spieler. Die sind aber nicht bei meinen Besprechungen dabei. Aber es ist gar nicht schwierig. Ist es schwierig, nach hinten zu laufen? Ist es schwierig, zu attackieren? Das ist nicht schwierig", sagte Guardiola, als er nach dem Pokalspiel samt Holzfällerhemd vor die Kameras trat. Gut sah er aus. Nur die Stimmung im Studio war für einen klitzekleinen Moment vergiftet.

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