Bayern-Trainer Jupp Heynckes:Señor Jupp, Dompteur der Schwer-Erziehbaren

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Manche Kritiker wollten den alternden Bayern-Trainer Jupp Heynckes schon zum Senioren-Sehtest schicken. Dabei erkannten diese aber nicht, dass der 66-Jährige eine der schwierigsten Raubtiernummern zu bewältigen hatte, die je im Fußball-Gehege zu bestaunen war. Er tat es mit Erfolg, wie die Personalien Robben, Ribéry und Schweinsteiger jetzt zeigen.

Klaus Hoeltzenbein

Zwar hat Michael Schumacher, 43, seit seinem Comeback noch immer kein Formel-1-Rennen gewonnen, und auch Birgit Fischer, 50, hat soeben aus gesundheitlichen Gründen ihren Plan aufgegeben, im Sommer zum siebten Mal bei Olympischen Spielen in ein Kanu zu steigen.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Erst nervös, dann überragend

Arjen Robben flucht, Toni Kroos gibt den Leuchtturm, Holger Badstuber kämpft mit den Tränen: Der FC Bayern besteht im Glutkessel von Madrid, vor allem der kleine Kapitän zeigt sich ganz groß. Und Manuel Neuer sichert mit zwei gehaltenen Elfmetern das Finale in München. Die Bayern nach dem Halbfinalkrimi von Madrid in der Einzelkritik.

Andreas Burkert, Madrid

Dennoch dürfte es ein ermutigender Frühling nicht nur für Sport-Senioren werden, beflügelt von zwei Nachrichten aus dieser Woche. Nachdem der Bundesgerichtshof am Montag eine wegweisende Entscheidung zur Altersdiskriminierung traf, demonstrierte Jupp Heynckes in seiner Moderation des Halbfinales zur Champions League, dass nicht jeder verständnis- und kenntnisreiche Trainer künftig mindestens so jung wie Jürgen Klopp, 44, sein muss.

Der Kontrast zwischen den beiden hatte ja lange die Saison in der Bundesliga geprägt. Hier der juvenile Animateur der Dortmunder Borussia mit dem passenden Spruch für jede Tabellenlage. Dort Señor Jupp, 66, honorig, respektiert, aber vielleicht doch aus der Zeit geraten? Begleitet wurde der bittere Prozess von Medien-Überschriften wie: "Routine - sonst nichts!"

Mancher der Kritiker wünschte ihn zum Senioren-Sehtest, nicht erkennend, dass Heynckes, der Dompteur, eine der schwierigsten Raubtiernummern zu bewältigen hatte, die je in einem Gehege des Fußballs zu bestaunen war.

Es gab da eine Geste am Mittwoch in Madrid, lange bevor der Final-Einzug feststand, die signalisierte, dass die Dressur gelungen sein könnte. Als Arjen Robben per Elfmeter auf 1:2 verkürzte, war Franck Ribéry der erste Jubler, der erste Gratulant. Ausgerechnet Ribéry, derjenige, der Robben nur eine Woche zuvor - im Hinspiel, in der Halbzeit, in der Kabine - klassisch K.o. geschlagen hat. Wegen einer Lappalie, wegen eines Streits über die Ausführung eines Freistoßes. Eine derart flotte, zumindest demonstrative Versöhnung ist dann natürlich irgendwo auch eine Trainerleistung.

Pädagogischer Ratgeber

Zähnefletschend war auch Bastian Schweinsteiger unterwegs, nachdem ihn Heynckes im Hinspiel nach 60 Minuten - fachlich berechtigt - wegen Erschöpfung aus dem Spiel genommen hatte. Im Rückspiel feierte der Trainer ihn "für ein überragendes Spiel", gekrönt vom siegbringenden Treffer im Elfmeterschießen. Es gehört natürlich Wettkampfglück dazu, dass solche Dosierungsversuche am Ende im Erfolg münden.

Um die ihm gebührende Anerkennung zu ernten, wird Heynckes sich nicht mehr auf das BGH-Urteil vom Montag berufen müssen, das einem 62-Jährigen eine hohe Entschädigung zusprach, weil ihm wegen seines Alters ein 41-Jähriger vorgezogen wurde. Er wird jetzt das Pokalfinale gegen Dortmund (12. Mai) und das Champions-Endspiel gegen Chelsea (19. Mai) vorbereiten.

Und wenn alles vorbei ist, dann könnte er noch einen pädagogischen Ratgeber verfassen. Darüber, wie man immer souverän bleibt, wenn einem ein Haufen Schwererziehbare mit Spieltrieb zur Betreuung anvertraut wird.

© SZ vom 27.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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