Bayern-Trainer Pep Guardiola:Lieber Gewinner als Ästhet

Lesezeit: 3 min

Weniger kompromissbereit geworden: Bayern-Trainer Pep Guadiola. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Pep Guardiola will mit dem FC Bayern unbedingt die Champions League gewinnen.
  • Dafür hat er seine Vorstellung von der Schönheit des Spiels angepasst.
  • Hier geht es zum Spielplan der Champions League.

Von Benedikt Warmbrunn, Athen

Von Aphrodite zu Pep Guardiola ist es ein weiter Weg, aber am Ende wird eine Erzählung über die Sinnlichkeit stehen. Aphrodite, die Göttin der Schönheit, der Liebe und der Begierde war Mittelpunkt so mancher Tragödie, sie war verheiratet mit Hephaistos, dem Gott des Feuers, aber ihre Suche nach den schönen Dingen des Lebens führte sie auch zu anderen Sterblichen und Unsterblichen. Zum Kriegsgott Ares, zu dem Trojaner Anchises, zu Dionysos, irgendwann auch zum edlen Adonis, aber gerade diese Begierde führte zu einer Tragödie; Adonis wurde bei der Jagd getötet vom rasenden Ares, getarnt in der Gestalt eines Keilers.

Der Fußballtrainer Pep Guardiola nun ist ebenfalls ein Anhänger der Ästhetik, wie wenige hat er die Sinnlichkeit des Spiels herausgearbeitet. Seine Liebe zum Fußball hat ihn als Trainer irgendwann zum FC Bayern geführt, er hat auch dort den Menschen einen schönen Stil vermittelt. Doch ob aus seiner Zeit in München irgendwann eine große Erzählung wird, eine Heldenerzählung, entscheidet sich vor allem in einem Wettbewerb, der Guardiola an diesem Dienstagnachmittag in den Raum "Aphrodite II" eines mondänen Athener Hotels geführt hat.

Tragische Erlebnisse

An diesem Mittwoch startet der FC Bayern in die Champions-League-Saison, mit dem Auswärtsspiel bei Olympiakos Piräus. Dass dieser Wettbewerb darüber entscheiden wird, wie die Menschen einmal über Guardiolas Wirken in München erzählen werden, an dieser Zuspitzung ist der Trainer selbst nicht ganz unbeteiligt.

Guardiola ist in zwei Spielzeiten mit dem FC Bayern zweimal deutscher Meister geworden, er hat den DFB-Pokal gewonnen - aber trotz monatelanger nationaler Dominanz waren die beiden Spielzeiten am Ende überlagert vom Scheitern der Mannschaft in der Champions League. 2014 gegen Real Madrid, danach klagte Guardiola sich selbst mit einem Pathos an, wie ihn sonst nur die großen Tragödien kennen. In der vergangenen Saison war der FC Barcelona einfach die bessere Mannschaft; der FC Bayern war gezeichnet von Wochen voller Verletzungen. Im Hinspiel in Barcelona spielte Robert Lewandowski mit einer Maske, ein Sinnbild der ausgedünnten offensiven Belegschaft.

Nun also, vor einer Champions-League-Saison, an deren Ende nach aktuellem Stand Guardiolas Vertrag in München ausläuft, sagte er nach all den tragischen Erlebnissen der vergangenen Jahre: "Dieses Jahr werden wir es erneut probieren. Aber ob wir die Champions League gewinnen oder nicht, beeinflusst nicht meine Meinung, ob das eine gute oder eine schlechte Saison war."

Guardiola bleibt auch vor seiner dritten Champions-League-Saison mit dem FC Bayern bescheiden, ansonsten hat er jedoch nur noch wenig gemeinsam mit dem Pep Guardiola, den sie vor etwas mehr als zwei Jahren in München erwartet hatten. Eine Vorliebe zum Kurzpass sagten sie ihm damals nach, und sie raunten, dass diese nicht für Flügeldribbler wie Arjen Robben oder Franck Ribéry gelte.

Inzwischen hat Guardiola die Wahrnehmung seiner Person selbst verändert. Der Kurzpass ist ihm weiter der liebste Pass, aber er hat erkannt, dass er in München eine Mannschaft trainiert, die von den unvorhersehbaren Dribblings auf der Außenbahn profitiert. Er hat seine Vorstellung von der Schönheit des Spiels angepasst an die Gegebenheiten, und dabei ist deutlich geworden, was ihn noch mehr antreibt als die Suche nach Ästhetik: die Begierde nach Erfolg.

Guardiola wirkt weniger kompromissbereit

Guardiola trainiert zurzeit die Mannschaft nicht mehr mit dem reinen Gedanken an eine langfristige Entwicklung, er trainiert sie mit dem Blick auf kurzfristige Ziele: Er möchte in diesem Jahr die erfolgreichste Mannschaft Europas stellen. Deutlich wurde dies in der Transferpolitik in diesem Sommer: Die neuen Flügelspieler Douglas Costa und Kingsley Coman sollen das Team weniger abhängig machen von der Fitness Robbens und Ribérys, die ja wie zur Rechtfertigung beide gegen Piräus fehlen.

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Guardiola hat dadurch zudem die Experimente mit Thomas Müller oder Mario Götze auf den Flügeln für beendet erklärt - mit einer guten Folge für Müller, der hinter der Spitze erstaunliche erste Wochen spielt. Und mit einer weniger guten für Götze, der erst recht einen Platz in der Startelf sucht; nach muskulären Problemen am Wochenende ist er mit nach Athen gereist - der Frage, ob er ihn in die Startelf stellen werde, wich Guardiola aus.

Auf einem Weg, der den FC Bayern ins Champions-League-Finale führen soll, wirkt der Trainer weniger kompromissbereit, entschlossener - er ist jedoch nicht mehr ganz so angespannt wie noch Anfang August, als die Fragen nach seiner Zukunft spürbar an seinen Nerven zerrten, sie ihn wie einen Getriebenen wirken ließen.

Das Sinnliche kann einen auch ins Verderben führen, das ist vielleicht Guardiolas Lehre aus seinen ersten beiden Jahren in München. Geblieben aber ist, dass am Ende dieser Saison eine Heldengeschichte erzählt werden soll.

© SZ vom 16.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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