Bayern-Sieg im DFB-Pokal:Sammers drittes Gesicht

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Den DFB-Pokal im Visier: Matthias Sammer in Augsburg (Foto: dpa)

Der FC Bayern steht im Viertelfinale des DFB-Pokals, doch glücklich wirkt kaum ein Münchner. Arjen Robben fällt sechs Wochen aus und Matthias Sammer holt zu einem neuen Rundumschlag aus.

Von Saskia Aleythe, Augsburg

Lange ging es gut für Pep Guardiola, nun musste auch er diese Bilder ertragen, die schon viele Trainer vor ihm bewegt hatten: Arjen Robben auf dem Rasen liegend, Arjen Robben mit schmerzverzerrtem Gesicht, Arjen Robben auf der Trage abtransportiert. Der Niederländer hat in seiner Karriere viele Verletzungen erlitten, am Mittwochabend im Achtelfinale des DFB-Pokals gegen Augsburg vielleicht die unnötigste.

In einem Zweikampf in der 13. Minute rannte Robben alleine auf Augsburgs Torwart Marvin Hitz zu, der stürmte mit der Fußsohle voraus auf Robben zu und traf ihn empfindlich - dabei war die Szene schon etliche Sekunden zuvor wegen Abseits abgepfiffen worden.

Eine tiefe Fleischwunde hinterließ Hitz' Schuh an Robbens rechtem Knie, blutdurchtränkt war der Rand der durchbohrten langen Unterhose, rote Flecken prangten auch an seinem Trikotärmel. Die Schwere der Verletzung war zunächst unklar, Robben wurde zur Untersuchung ins Augsburger Krankenhaus gebracht. Guardiola bedauerte den Ausfall sehr. "Das ist nicht gut, er hat unglaublich gespielt in der letzten Zeit. Ich hoffe, er kann uns spätestens bei der Klub-WM wieder helfen."

FC Bayern in der Einzelkritik
:Thomas Müller torkelt und trifft

Rafinha wird zum Dauer-Auspfeifobjekt, Manuel Neuer lässt sich von der Kapitänsbinde wärmen und Thomas Müller zeigt, dass er auch nach dem Genuss von Schnapspralinen aus dem Adventskalender wichtige Tore schießen kann. Die Bayern beim 2:0 in Augsburg in der Einzelkritik.

Von Saskia Aleythe, Augsburg

Diese Hoffnung wird sich nicht erfüllen. Robben ist doch schlimmer verletzt als zunächst befürchtet, der Niederländer muss sechs Wochen pausieren. So lautet das Bulletin, das der FC Bayern am Donnerstagmorgen verbreitete. Die tiefe Risswunde reiche bis ins Kniegelenk, sogar der Oberschenkelknochen sei von Hitz' Schuhstollen eingedrückt worden, heißt es. "Natürlich bin ich bitter enttäuscht," sagte Robben, "ich war derzeit so gut drauf, ich habe mich auf jedes Spiel mit unserer Mannschaft gefreut. Nun das."

Robbens Verletzung war eine der härteren Szenen in einem kampfbetonten Spiel, das der FC Bayern 2:0 (1:0) gewinnen konnte. Die Partie war so glanzlos wie einige der vergangenen Auftritte. "Hier wird es einem nicht leicht gemacht, das perfekte Spiel zu bieten", sagte Thomas Müller, Torschütze zum 2:0. Es wäre einfach gewesen, den Augsburgern überhartes Einsteigen vorzuwerfen, doch die Münchner Spieler blieben gelassen: "Es war Aggressivität im Spiel, viel Emotion und Hitze. Aber nach dem Spiel haben wir uns die Hand gegeben - das ist in Ordnung", sagte Torwart Manuel Neuer.

Alles andere als gelassen blieb Sportvorstand Matthias Sammer. Er redete sich in Rage und hatte gleich mehrere Themen abzuhandeln.

Noch ein Spieler mehr auf der Verletztenliste gefalle ihm nicht gut, sagte Sammer und stänkerte: Bei anderen Mannschaften sei immer von Verletzungspech die Rede, aber beim FC Bayern seien Ausfälle automatisch Normalität. Ob er damit eine Botschaft nach Dortmund senden wolle? "Nicht explizit", antwortete er knapp.

Neben Arjen Robben fehlen der Mannschaft derzeit Holger Badstuber (Kreuzbandriss), Bastian Schweinsteiger (Sprunggelenksverletzung) und Philipp Lahm (Muskelverhärtung), Claudio Pizarro und Xherdan Shaqiri (beide Muskelbündelriss) sind auf dem Weg zurück ins Team und Franck Ribéry schon so weit von seinem Rippenbruch genesen, dass ihn der sonst so vorsichtige Guardiola bereits im Pokalspiel gegen Augsburg zurück in die Mannschaft beorderte.

Mehr Aufmerksamkeit für das dezimierte Personal wünschte sich Sammer also, nur hatte er in seiner Aufregung einen Aspekt außen vor gelassen, der den FC Bayern von den benannten "anderen Bundesligisten" unterscheidet: Die gut bestückte Ersatzbank.

Lockerer Bayern-Sieg im DFB-Pokal
:Erfolg mit großen Schmerzen

Der FC Bayern vermag in Augsburg nur selten zu überzeugen, gewinnt trotzdem 2:0 und erreicht das Viertelfinale des DFB-Pokals. Torschütze Arjen Robben zieht sich bei einem Tritt von Augsburgs Keeper Hitz eine tiefe Risswunde am Knie zu.

Ausgerechnet in der Unterhaltung mit einem eigenen Mann hätte er die beste Erklärung für das von ihm kritisierte Phänomen finden können: "Es fällt überhaupt nicht auf, dass wir extrem viele Verletzte haben", sagte Thomas Müller und fügte hinzu: "Das ist auch der Bonus, den wir vielleicht gegenüber anderen Mannschaften haben."

Beim nächsten Tagesordnungspunkt auf seiner Agenda zürnte Sammer dann noch mehr. Die Leichtigkeit, mit der der FC Bayern trotz Verletzten zu beachtlichen Erfolgen kommt, möchte Sammer nicht als solche verstanden wissen. "Wir arbeiten täglich sehr hart dafür und betreiben großen Aufwand", sagte Sammer und betonte, dass ein Bayern-Sieg keine Selbstverständlichkeit sei. "Ich möchte, dass man auch mal anerkennt, wenn wir gut spielen und gute Ergebnisse erzielen", sagte er - und er klang wie ein beleidigtes Grundschulkind, das sich vom Lehrer nicht ausreichend gelobt fühlt.

Im gleichen Atemzug lobte Sammer noch die "die tolle Leistung über 17 Monate" hinweg im Verein - und kritisierte dann die "Schein-Diskussion" über die Dominanz der Bayern in der Bundesliga. "Wir waren in den letzten drei Jahren nur einmal Meister", sagte Sammer demonstrativ, als würde er nicht gleichzeitig auch vom aktuellen Triple-Sieger reden, der nun schon 39 Spiele in Serie in der Bundesliga ungeschlagen ist.

Seit Mittwochabend hat Matthias Sammer also schon drei Gesichter. Es gibt den, der die Bayern-Spieler trotz Erfolgen als "lätschern" beschreibt und ihnen "Dienst nach Vorschrift" vorwirft. Den, der es andererseits auch gerne mal menscheln lässt im Team. Und jetzt auch den, der denselben Krankheitsbonus für alle Vereine fordert und mehr Anerkennung für die Leistung der Bayern-Spieler wünscht - aber bitte nicht so viel, dass Diskussionen um Dominanz geführt werden. Es ist ein weiteres Kapitel der Geschichte "Luxusprobleme der Bayern".

Für Guardiola bestätigte sich hingegen ein deutsches Sprichwort auf schmerzhafte Weise. Vor der Partie gegen Augsburg hatte er noch die neue Robustheit von Arjen Robben gelobt - also quasi den Tag vor dem Abend. Tragischer hätte es nicht laufen können.

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