FC Bayern:Ganz neue Möglichkeiten für Kovac

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Thomas Müller und Alphonso Davies vor ihrer Einwechslung. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Beim 6:1 gegen Mainz zeigen sich die Vorteile des größeren Münchner Kaders.
  • "Wir haben jetzt Breite und Tiefe", sagte Kovac hinterher, "wir können nachlegen."
  • Für die neue Variabilität stand die Liste der Torschützen, die sechs Namen umfasste, wie auch die Einwechslung von Thomas Müller, der zwei Treffer vorbereitete.

Aus dem Stadion von Maik Rosner, München

Als es hinterher um die neuen Möglichkeiten des FC Bayern ging, sorgte Niko Kovac für einen jener Überraschungsmomente, die eigentlich seine größere Belegschaft herbeiführen soll. "Als ich die Bank von Mainz gesehen habe, habe ich gedacht: Puh, da sitzt auch Qualität", sagte der Münchner Trainer. Einstufen ließ sich das als freundliches Ablenkungsmanöver, über das auch der Mainzer Kollege Sandro Schwarz lächeln musste. Zumal Kovac ja auf seine Mannschaft angesprochen worden war und auf die Ergänzungsspieler, die die Bankplätze des FC Bayern füllten. Vor zwei Wochen hießen diese Spieler unter anderem noch Mai, Singh, Will und Wriedt, allesamt aus dem Nachwuchs. Nun saßen da unter anderem Gnabry, Goretzka, Müller und Tolisso.

Auch so ließ sich erklären, warum der Ligaauftakt gegen Hertha BSC nach einem zwischenzeitlichen Rückstand in einem 2:2 gemündet war und 15 Tage später das zweite Heimspiel gegen den FSV Mainz 05 nach einem 0:1-Rückstand in einem standesgemäßen 6:1 (2:1). "Wir haben jetzt Breite und Tiefe", sagte Kovac über seinen Kader nach den jüngsten Transfers von Philippe Coutinho, Ivan Perisic und Michaël Cuisance, "wir können nachlegen." Wenn es nötig gewesen wäre, auch anders als diesmal, als Kovac Thomas Müller, Alphonso Davies und Cuisance einwechselte, einer der insgesamt sechs Zugänge. Außer des erkrankten Jann-Fiete Arp waren nun alle Neuen zum Einsatz gekommen. Und auf der Bank saßen außerdem noch Sven Ulreich, Javier Martínez und Jérôme Boateng.

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Aus dem Stadion von Martin Schneider

Es tun sich ganz neue Möglichkeiten auf für Kovac, zumal seine Mannschaft auch noch an Flexibilität hinzugewonnen hat durch Zugänge wie Lucas Hernández und Benjamin Pavard, die mehrere Positionen spielen können. Für die neue Variabilität stand auch die Liste der Torschützen gegen die Mainzer, die durch Jean-Paul Boëtius in Führung gegangen waren (6.). Pavard glich für den Meister aus (36.), David Alaba erzielte den 2:1-Pausenstand. In der zweiten Halbzeit trafen noch Zugang Perisic (54.), Kingsley Coman (64.), Robert Lewandowski (78.) und Davies (80.). Sechs verschiedene Torschützen also, das hatte es bei den Bayern zuletzt vor 21 Jahren gegeben. "Nochmal ein anderes Niveau und eine ganz andere Qualität" komme nun von der Bank als zu Saisonbeginn, befand Alaba, und auch im Training mache sich der neue Konkurrenzdruck positiv bemerkbar.

Es war allerdings auch ein Spiel gewesen, in dem die Bayern zunächst ziemlich schlecht abgestimmt wirkten. Wirklich erstaunen konnte das allerdings nicht, da Kovac eine Formation aufgeboten hatte, die bisher kaum Zeit gefunden hatte, um sich mit den Lauf- und Passwegen der Kollegen vertraut zu machen. Die vier Zugänge Philippe Coutinho, Perisic, Hernández und Pavard zählten zu dieser Startelf ebenso wie Joshua Kimmich. Wie schon zuletzt beim 3:0-Sieg auf Schalke durfte der hauptamtliche Rechtsverteidiger als Sechser ran, obwohl Thiago Alcántara nun zurückkehrte. Zusammen mit Coutinho besetzte der Spanier das offensive Mittelfeld.

Coutinho fiel in seinem Betätigungsfeld als Zehner auch gleich einmal auf, allerdings in eher untypischer Rolle, als er einen Ball eroberte, woraus Lewandowskis Schlenzer resultierte, der knapp am Tor vorstrich. Doch diese frühe Chance nach vier Minuten blieb für lange Zeit die einzige, jedenfalls der Münchner. Erschwerend aus ihrer Sicht kam hinzu, dass die Mainzer ihre erste Torannäherung kurz darauf zur Führung nutzen, begünstigt durch den sehr sorglosen Begleitschutz der Bayern. Bundesliga-Debütant Ronaël Pierre-Gabriel durfte ungestört von der rechten Seite flanken und Boëtius unbedrängt von Pavard mit dem Kopf vollenden. Statt mangelnder Abstimmung musste den Münchnern hierbei vor allem mangelnde Aufmerksamkeit angelastet werden.

Dass es ihnen noch an Harmonie fehlt, ließ sich vor allem im Spiel nach vorne besichtigen. Fast eine halbe Stunde lang dauerte es, bis die Bayern zum zweiten Mal gefährlich wurden, als Perisic freistehend das Außennetz traf. Die Chancenarmut lag auch daran, dass neben eingeübten Passfolgen vor allem das nötige Tempo fehlte. Dennoch glichen die Bayern bald darauf aus. Perisic hob den Ball auf Pavard, der volley abschloss und mit seinem Aufsetzer den Mainzer Torwart Florian Müller überwand.

Und weil Alaba kurz danach einen direkten Freistoß mit links aus 20 Metern kunstvoll in den Winkel schoss, hatten die Bayern in der Findungsphase das Spiel noch vor der Pause gedreht. Coutinho hatte sich um kreative Momente zwar engagiert bemüht, ein paar Schnittstellenpässe und auch mal einen Hackentrick eingebaut, doch dem Brasilianer glückte längst nicht alles. Mitte der zweiten Halbzeit ersetzte ihn Müller. "So ist der Thomas: Kommt rein, und bereitet zwei vor", sagte Kovac später erfreut über seinen Härtefall, der wegen Coutinho wohl auch künftig häufig mit der Jokerrolle Vorlieb nehmen muss. Vor Müllers beiden Torvorlagen hatten Perisic per Kopf und Coman mit dem Fuß auf 4:1 erhöht, ehe Lewandowski sein bereits sechstes Saisontor im dritten Spiel erzielte und Davies zum Endstand traf.

"Wir sind flexibel, das bringt uns weiter", sagte Torwart Manuel Neuer. Weiter einspielen können sich die Bayern wegen der Länderspielpause nun vorerst allerdings nicht. Danach steht die Dienstreise zu den bisher dreimal siegreichen Leipzigern an, und angenommen werden darf wohl, dass RB-Trainer Julian Nagelsmann dann ähnlich über die Bank der Bayern denken wird wie Kovac nun über die der Mainzer. Kapitän Neuer dachte derweil schon am Samstagabend an die erste Leipziger Elf, mit Respekt, aber auch bestärkt durch die neue Breite des eigenen Kaders. Er sagte: "Das können immer ganz schwierige Spiele werden gegen Leipzig. Aber darauf sind wir vorbereitet."

© SZ vom 01.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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