FC Bayern gegen Bochum:Wie viele Tore diesmal? Sieben!

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Zwei Protagonisten des nächsten Erfolgs: Sadio Mané und Matthijs de Ligt. (Foto: Sascha Scheuermann/AFP)

Der FC Bayern gewinnt gegen völlig chancenlose Bochumer mit 7:0. Matthijs de Ligt schießt sein erstes Tor, Sadio Mané trifft zweimal. Und die Liga hat früh ihr bekanntes Problem-Thema zurück: München thront über dem Rest.

Von Philipp Selldorf, Bochum

Anthony Losilla hatte viel Zeit, sich die Ecke auszusuchen. Philipp Hofmann hatte ihm den Ball sorgfältig zum Einschuss zurechtgelegt, nun würde der 36 Jahre alte Franzose, seit acht Jahren Profi des VfL Bochum, mit all seiner Erfahrung und kühlem Verstand sicherlich das Richtige tun. Tat er aber nicht. Offenbar von tausend Teufeln getrieben, hieb er überstürzt unter den Ball und feuerte ihn knapp unter das Stadiondach.

Es wäre kühn zu behaupten, dass der VfL eine Chance gehabt hätte, das Spiel grundlegend zu drehen, wenn Losilla ins Tor statt ins Nichts geschossen hätte. Aber der Lauf der Dinge wäre zumindest ein anderer gewesen. So gab der FC Bayern keine Minute später auf der Gegenseite die Antwort, die seinem Ruf als Spielverderber entspricht: Nach einem Eckstoß von Joshua Kimmich verpasste Bochums Torwart Manuel Riemann den Ball, während Matthijs de Ligt wie die Bohnenpflanze im Märchen in den Himmel wuchs, den Gegenspieler Christian Gamboa in der Tiefe zurücklassend. Und mit dem 2:0 stand nach 25 Minuten nicht mehr in Frage, ob der FC Bayern die Partie gewinnen würde, sondern wie viele Tore er noch erzielen wollte.

Zwischenzeitlich stand allen Ernstes zur Debatte, ob die Münchner den Bundesliga-Rekord für den höchsten Auswärtssieg brechen würden, den 1966 der Meidericher SV durch ein 9:0 bei Tasmania Berlin aufgestellt hatte. Die Bayern beließen es schließlich bei einem 7:0 (4:0), und dem Bochumer Publikum war es egal. Sie empfingen ihre Elf mit Beifall vor der Kurve. Der VfL hatte es sich nicht nehmen lassen, trotz des niederschmetternden Spielstands noch einige Male auf Manuel Neuers Tor zu schießen, aber ins Netz - ins eigene - traf nur Verteidiger Gamboa. Ansonsten teilten sich die Bayern wieder brüderlich ihre Treffer: Doppelschütze Sadio Mané brachte dabei das Kunststück fertig, eine Minute nach seinem rechtmäßig aberkannten Tor zum 4:0 noch mal zu treffen, diesmal regelgerecht (43.) .

Die Bundesliga hat somit ihr bekanntes Problem-Thema wieder, wie üblich thront in der Tabelle, mit makelloser Bilanz, der FC Bayern über dem Rest. Gefolgt vom Rivalen aus alten Zeiten, der sich am kommenden Wochenende in der Münchner Arena vorstellen wird. Gegen diese Bayern wird es Borussia Mönchengladbach allerdings schwer haben, seinem Status als Angstgegner gerecht zu werden. Ihre Frühform ist beachtlich, um nicht zu sagen: erschreckend beachtlich.

Mitte der zweiten Hälfte hat die Partie den Charakter eines Testspiels

Die Bochumer hatten vermutlich nicht ungern vernommen, dass Jamal Musiala wegen einer Zerrung in München geblieben war. Dass außer dem zuletzt besten Bayern kurzfristig auch noch Alphonso Davies wegen Muskelproblemen ausfiel, hätte aber niemand auf die Idee gebracht, die Bayern müssten mit einer sogenannten Verlegenheitself antreten. Schon gar nicht hätten so etwas die teils teuer erworbenen Neulinge Ryan Gravenberch, Mathys Tel und Noussair Mazraoui hören wollen, für die trotzdem nur der Platz neben Bouna Sarr und Paul Wanner auf der Ersatzbank blieb. Zumindest für de Ligt fand sich nun ein Platz, Lucas Hernández übernahm die linke Abwehrseite. Für eine Rundum-Rotation fand Julian Nagelsmann später noch genügend Zeit. Mitte der zweiten Hälfte hatte er sein Kontingent bereits erschöpft, die Begegnung hatte längst den Charakter eines Testspiels angenommen.

Ein paar Minuten Ungewissheit und wettkampfartiges Kräftemessen hatte der Abend aber durchaus zu bieten. Beide Seiten starteten schwungvoll, die Bayern erwartungsgemäß mit der höheren Beschleunigung im gnadenlos tempostrotzenden Angriff. Schon nach fünf Minuten ging es für den VfL viel zu schnell. Leroy Sané, Marcel Sabitzer, Thomas Müller und Kingsley Coman versteckten den Ball vor den überforderten Bochumern so geschwind wie Hütchenspieler ihre Kugeln unter dem Würfelbecher. Bis Sané ihn wieder hatte und kraftvoll ins Tor schoss.

Dann folgte eine Viertelstunde, in der die Bochumer ihre Aufgabe als Hausherren wahrnahmen. Der neue Mittelstürmer Hofmann, vom Karlsruher SC gekommen und nicht nur ein begnadeter Kopfballspieler, hätte beinahe den Ausgleich erzielt - wenn nicht de Ligt seinen beachtlichen Körper vor den Schuss geschoben hätte. Dafür gab's heißen Dank von Manuel Neuer, die Bayern standen unter Spannung, von Leichtsinn keine Spur, das 2:4 aus dem Frühjahr hatte keiner vergessen. Besonders Sané strengte sich mächtig an, um seine Aufnahme in die Startelf zu rechtfertigen. Einmal allerdings raste er in seinem Eifer allen so schnell davon, dass er den einsam zum Einschuss bereiten Coman übersah. Hätte er ihn angespielt, müsste sich Losilla jetzt keine Vorwürfe machen.

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