Basketball-WM:Stürmchen auf der Bergtour

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Maodo Lo. (Foto: Issei Kato/Reuters)

Die deutschen Basketballer liefern gegen Georgien die schlechteste Halbzeit im bisherigen Turnier, gewinnen nach einer Steigerung dennoch deutlich mit 100:73 Punkten - und stehen nach dem Sieg der Slowenen gegen Australien vorzeitig im Viertelfinale.

Von Ralf Tögel, Okinawa

Als die Partie der deutschen Basketballer gegen Georgien um 17.30 Uhr Ortszeit begann, blinzelte sogar die Sonne zwischen den dicken, dunklen Wolken hindurch. Der angekündigte Taifun, der die Verantwortlichen des Weltverbandes Fiba zwischenzeitlich etwas nervös gemacht hatte, erwies sich auf der japanischen Ferieninsel Okinawa als laues Lüftchen und tobte sich andernorts über dem ostchinesischen Meer aus. So konnte die Weltmeisterschaft in Japan ohne die befürchtete Störung in die Überkreuzspiele starten.

Bundestrainer Gordon Herbert hatte ja die Hoffnung geäußert, dass seine Mannschaft der Taifun sein werde, der über den Gegner hinwegfegt, doch vor allem in der ersten Halbzeit war die Leistung der Deutschen nicht mehr als ein harmloses Stürmchen. Immerhin wusste sich Herberts Team nach dem Wechsel deutlich zu steigern und dominierte gegen den harmlosen Gegner phasenweise nach Belieben. Weil sich die 5852 Zuschauer mehrheitlich auf die Seite des Favoriten schlugen und dem deutschen Team eine Heimatmosphäre boten, wurde der letzte Dreier von Justus Hollatz zum letztlich deutlichen 100:73-Sieg euphorisch bejubelt, was den Schützen eine noch festzulegende Prämie an die Mannschaft kosten wird, wie Andi Obst nach dem Spiel verriet.

Und die beste Nachricht gab es am späten Abend, denn nach dem 91:80-Sieg der Slowenen gegen die Australier steht das deutsche Team vorzeitig im in der K.o.-Runde. Nun geht am Sonntag gegen Slowenien um den Gruppensieg und damit eine gute Ausgangsposition für das Viertelfinale. Trainer Herbert vergleicht die WM ja gerne mit einer Bergtour, Ziel ist selbstredend der Gipfel. Nach Platz eins in der Vorrunde sah er 40 Prozent des Weges bewältigt, nun sei man bei 60. "Wir sind natürlich happy, aber das Viertelfinale ist nur ein Zwischenziel", meinte ein selbstbewusster Co-Kapitän Johannes Voigtmann.

Gegen Sonntagsgegner Slowenien werde man sich eine solche Leistung allerdings nicht erlauben dürfen, da waren sich Spieler und Trainer einig. "Ich glaube, die erste Halbzeit war unsere schlechteste im bisherigen Turnier", befand Maodo Lo, der dem überforderten Gegner im letzten Viertel sechs Dreier verpasste und mit diesen 18 Punkten zum Topscorer avancierte. Moritz Wagner, der 14 Punkte sammelte, fand immerhin die Erkenntnis hilfreich, dass sich die Mannschaft nach der schwachen Vorstellung der ersten Halbzeit enorm habe steigern können: "Es gehört dazu, dass man auch durch solche schlechten Phasen durchkommt. Wenn wir als Team spielen, sind wir eine richtig gute Truppe."

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Genau dieses Zusammenspiel fehlte zu Beginn, die Startformation spielte pomadig, leistete sich viele Ballverluste, nahm schlechte Würfe und lag 9:14 hinten. Eine Erklärung für die Aussetzer wollte niemand so recht finden, "so etwas passiert", sagte Obst, mit zwölf Punkten einer von sechs deutschen Spielern, die zweistellig trafen. In solchen Momenten ist es ein probates Mittel für ein offensiv schwächelndes Team, sich über die Abwehrarbeit ins Spiel zu kämpfen - und in dieser Disziplin ließ sich die deutsche Auswahl erneut wenig zu Schulden kommen. Georgien legte zwar vor, konnte sich aber nicht absetzen. Es waren wie schon gegen die Finnen die Spieler von der Bank, die Besserung brachte. Moritz Wagner etwa, oder Johannes Thiemann, der Aggressivität in die Defensive brachte und zudem 14 Punkte erzielte. So gelang zur Pause immerhin eine knappe 43:41-Führung.

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Nach dem Wechsel kam das deutsche Team verändert aus der Kabine: hellwach und fokussiert. Vor allem auf den Guard-Positionen war die DBB-Auswahl dem Gegner überlegen, das konnte auch Georgiens eingebürgerter US-Spielmacher Thaddus McFadden nicht ändern, der großen Anteil daran hatte, dass sich Georgien erstmals für eine WM qualifizieren konnte. Die Qualität von Dennis Schröder hat er nicht, der Kapitän war einmal mehr kaum zu bremsen, legte 16 Punkte auf und wusste vor allem im Zusammenspiel mit Daniel Theis (11 Punkte) zu überzeugen. Weil es Theis, Thiemann und Voigtmann zudem in der zweiten Halbzeit gelang, die anfängliche Dominanz der georgischen Hünen - in Goga Bitadze (2,11 Meter, Orlando Magic) und Alexander Mamukelashvili (2,08 Meter, San Antono Spurs) stehen zwei NBA-Profis im Team -, unter den Körben zu brechen, geriet der Sieg letztlich überdeutlich.

Erneut ohne Franz Wagner, der nach seiner Verletzung aus dem Japan-Spiel vor einer Woche auch im ersten Überkreuzspiel noch aussetzte. Zwar saß der 22-Jährige bereits in Turnschuhen auf der Bank, am Morgen vor der Partie war aber in Absprache mit der medizinischen Abteilung entschieden worden, das Risiko lieber noch nicht einzugehen. Da Wagner bereits leicht trainiert hat, ist ein Einsatz gegen Slowenien am Sonntag sehr wahrscheinlich. Ein paar Sorgen bereitete zunächst Spielmacher Schröder, der in der zweiten Halbzeit einen Stoß in den Rücken bekam, zwischenzeitlich in der Kabine behandelt wurde und sicherheitshalber im letzten Viertel auf der Bank blieb.

Schreckmoment: Dennis Schröder bekam einen Schlag auf den Rücken, gab aber selbst nach der Partie Entwarnung. (Foto: Tilo Wiedensohler/Camera4+/Imago)

Nach dem Spiel gab der 29-Jährige aber höchstselbst Entwarnung, alles nicht so schlimm. Einem Einsatz am Sonntag gegen Slowenien stehe nichts im Wege. Die Georgier nahmen die Niederlage sportlich, man sei erstmals bei einer WM und müsse "noch lernen", befand Trainer Ilias Zouros. Und Giorgi Shermadini, der für Teneriffa spielt und in Spaniens Liga zum besten Spieler gewählt wurde, fügte an: Gegen ein Team, das "um die Goldmedaille spielt", könne man schon mal verlieren.

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