Basketball-Spektakel in Berlin:Invasion aus dem Glitzerland

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Basketball-Fieber in der Hauptstadt. Am Potsdamer Platz findet bis zum Anpfiff heute Abend ein großes Fan-Fest statt. (Foto: dpa)

100 NBA-Mitarbeiter und eingeflogene Cheerleader: Vor dem Duell zwischen den San Antonio Spurs und Alba Berlin übervölkert eine Marketing-Maschine die deutsche Hauptstadt. Um Sport geht es nur am Rande.

Von Boris Herrmann, Berlin

125 weiße Handtücher, bitte! Aufgeteilt in 100 kleine Gesichtstücher und 25 große Duschhandtücher. Dazu 100 Flaschen Mineralwasser sowie 100 Kilo Eis. Bei Alba Berlin haben sie diese Bestellung selbstverständlich klaglos entgegen genommen. Wenn man einmal im Leben die Ehre hat, von den San Antonio Spurs, vom Meister aus der NBA, besucht zu werden, dann wird man es nicht an ein paar Handtüchern und Eiswürfelkisten scheitern lassen.

Andererseits haben sie beim Berliner Bundesligisten angesichts dieser Bestell-Liste auch mal wieder erkannt, wie weit ihre kleine deutsche Basketballwelt von jener aus Nordamerika entfernt ist. Diese 125 Handtücher, 100 Wasserflaschen und 100 Kilo Eis sind ja nur das, was die Spurs für ihre beiden kurzen Übungseinheiten am Sonntag und Montag in der Trainingshalle von Alba geordert haben. 125 Handtücher für 19 Spieler, die am Ende dann doch alle im Hotel geduscht haben.

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Die Spurs sind gerade auf Europatournee. Am Mittwoch (20 Uhr) treten sie in Berlin gegen Alba an, am Samstag in Istanbul gegen Fenerbahce. Dagegen ist wenig einzuwenden. Natürlich geht es bei solchen Showkämpfen in erster Linie darum, die NBA und ihre Klubs im alten Europa zu vermarkten. Jenseits aller kommerziellen Interessen des Veranstalters bietet sich hiesigen Basketballfreunden aber auch die Gelegenheit, hochdekorierte Spieler wie Tim Duncan, Kawhi Leonard und Tony Parker zu bestaunen. Parker wird am Rande der Partie als bester europäischer Spieler des Jahres 2013 geehrt werden.

Das Spiel in der Berliner o2-World ist längst ausverkauft. Natürlich profitiert auch Alba von der Aktion. Als Marke und als Sportverein. Zwar würde man nach der klassischen Trainingslehre unter der Woche kein Freundschaftsspiel einschieben, nachdem die Saison wie in Deutschland bereits begonnen hat. Aber für "das beste Team der Welt", so Alba-Trainer Sasa Obradovic, mache man gerne mal eine Ausnahme. Im Übrigen ließ er prophylaktisch mitteilen: "Das Resultat ist völlig unbedeutend. Trotzdem wird es interessant sein, zu sehen, wie weit wir noch von dem NBA-Level entfernt sind."

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"Es macht Spaß, aber es bindet auch Ressourcen"

Eine Ahnung davon haben sie in Berlin bereits, bevor das Spiel losgeht. Diese Ahnung bezieht sich indes weniger auf den sportlichen als auf den organisatorischen Bereich. Alles ist größer, aufwendiger, anspruchsvoller - manche sagen auch: übertriebener - auf dem NBA-Level. Alleine vom US-Ligaverband sind derzeit rund 100 Leute in Berlin.

Beim Training des Teams aus San Antonio geht es zu wie auf einer Funktionärsmesse. Da wuseln nicht nur unzählige Mitarbeiter der Spurs herum, sondern auch Leute von "NBA-Europe", von "NBA-Global-Games" und natürlich von der NBA selbst. Es gibt hier einen Fototermin, da eine Sponsoring-Aktion, dort einen sogenannten Social-Responsibility-Event. Bei Alba sagen sie über ihre nicht ganz anspruchslose Besucherkolonne ganz diplomatisch: "Es macht Spaß, aber es bindet auch Ressourcen."

Es ist ja nicht so, dass sie keine Ahnung hatten, worauf sie sich da einließen. Vor zwei Jahren war Dirk Nowitzki mit seinem Dallas Mavericks in Berlin. Damals drehte sich jedoch alles um den langen Deutschen. Diesmal dreht sich alles um alles - da kann einem fast schwindelig werden. Auf dem Potsdamer Platz schreibt seit Tagen der Coyote, das Maskottchen der Spurs, Autogramme. Daneben tanzen die Silver Dancers, eine aus San Antonio eingeflogene Cheerleader-Gruppe.

Eine Delegation mit 18 Menschen hat bereits vor einem halben Jahr die Trainingshalle von Alba in der Schützenstraße begutachtet, um zu ermitteln, ob sie den Ansprüchen der NBA-Champions genügt. Ergebnis: Halle gut, Parkett bespielbar. Vor zwei Wochen kamen noch einmal zwölf Leute angeflogen, um im Rahmen einer Nachbegehung zu kontrollieren, ob die 18 alles korrekt geprüft hatten. Alba Berlin wiederum hat für das Spiel am Mittwoch ein extrem begrenztes Kartenkontingent erhalten. Ein Mitarbeiter der Vereins sagt: "Du bist in deiner eigenen Halle, in deiner eigenen Stadt und du bist eigentlich der Gast."

Aber wie gesagt, beschweren will sich trotzdem keiner. Einem fünfmaligen NBA-Champion kann man auch mal die Gastgeberrolle im eigenen Wohnzimmer überlassen. Zumal wenn es sich um so charmant kauzige Gastgeber wie den ewigen Spurs-Coach Gregg Popovich, 65, handelt. Einem der Größten seiner Zunft. Wie kein anderer Top-Trainer aus den USA ist Popovich offen für internationale Einflüsse.

In seinem aktuellen Kader stehen Spieler aus sieben verschiedenen Nationen, er hat einen italienischen Assistenten, man nimmt ihm ab, dass er sich ernsthaft mit dem Team von Alba beschäftigt. Und wenn dieser Popovich jetzt auf dem zweimal geprüften Trainingsparkett in der Schützenstraße steht und verkündet: "Ich bin erstaunt, wie sehr die Leute hier den Basketball lieben" - dann hat sich der ganze Aufriss für die Berliner schon gelohnt.

© SZ vom 08.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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