Basketballprofi Brittney Griner:Comeback mit Besuch aus dem White House

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"Ich habe durch die Haft gelernt, dass der nächste Tag nun mal nicht garantiert ist": Brittney Griner (links) geht wieder ihrem Beruf, dem Basketballspiel nach - keine Selbstverständlichkeit, wie sie hat erfahren müssen. (Foto: Ronald Martinez/AFP/Getty)

Nach 579 Tagen spielt Brittney Griner wieder Basketball in der US-Liga WNBA. Ihre Rückkehr auf den Court nach der russischen Gefangenschaft wird auch von US-Vizepräsidentin Kamala Harris bejubelt.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Die Zahlen zuerst, weil sie das einzig Normale waren an diesem Freitagabend in Los Angeles: Phoenix Mercury verlor das erste Saisonspiel der US-Frauen-Basketballliga WNBA mit 71:94 bei den LA Sparks. Brittney Griner gelangen 18 Punkte, sechs Rebounds und zwei Blocks.

"Nicht gut, weil wir nicht gewonnen haben", sagte Griner danach, als wäre sie eine normale Basketballspielerin, die normale Antworten auf normale Fragen nach einer Niederlage gibt. Dann jedoch fiel ihr ein, noch während sie auf die Frage nach ihrem eigenen Befinden antwortete, dass dies natürlich kein Abend wie jeder andere war: "Es war toll, wieder auf dem Parkett zu sein, an einem richtigen Spiel teilzunehmen und die Fans zu erleben. Es war großartig, das zu spüren."

"Ich habe ein paar Dinge, die davor selbstverständlich schienen, zu schätzen gelernt"

Brittney Griners spielte ihre erste WNBA-Partie seit der Finalserie im Oktober 2021, die Phoenix Mercury 1:3 gegen Chicago Sky verloren hatte. 579 Tage hatte es bis zu diesem Spiel gedauert. Griner hatte zehn Monate lang in russischer Haft verbracht, ihr Fall wurde zu einer Staatsaffäre, zum Politikum, das weltweit Aufsehen erregte: Russische Beamte hatten am 17. Februar 2022 am Flughafen von Moskau in ihrem Gepäck eine Kartusche mit Haschisch-Öl gefunden. Im Dezember kam sie im Tausch gegen den russischen Waffenhändler Wiktor But frei.

Glückwünsche aus dem ganzen Land, auch aus der Politik: US-Vizepräsidentin President Kamala Harris besucht die Kabine des Teams der Phoenix Mercury. (Foto: Mario Tama/AFP/Getty)

Nun also die erste Partie, jede Geste, jedes Wort wurde analysiert: Die mehr als 10 000 Besucher in der Arena im Stadtzentrum von LA standen von ihren Sitzen auf, als Brittney Griner das Parkett betrat. Und Griner erhob sich, als vor der Partie die Hymne gespielt wurde. Auch das war durchaus bemerkenswert: Im Zuge der Black-Lives-Matter-Proteste 2020 hatte sie noch jedes Mal das Spielfeld verlassen und gefordert, die Hymne überhaupt nicht mehr zu spielen vor Sportveranstaltungen. "Das Großartige an diesem Land ist: Man darf sich äußern zu Missständen, man darf Dinge hinterfragen, dagegen protestieren. Ich war wortwörtlich in einem Käfig und konnte nicht aufstehen. Als ich jetzt meine Flagge sah und meine Hymne hörte, wollte ich unbedingt stehen", sagte Griner: "Ich habe ein paar Dinge, die davor selbstverständlich schienen, zu schätzen gelernt."

Es hatte in den USA öffentliche Debatten gegeben über dieses politische Tauschgeschäft, weil manche Leute, die die 32-jährige Brittney Griner - Person of Color, homosexuell, Marihuana-Konsumentin, Aktivistin für gleichberechtigte Bezahlung im Profisport - als ein Woke-Symbol sehen, den Gefangenenaustausch nicht als Austausch nach dem Prinzip Mensch gegen Mensch interpretierten - sondern als Austausch einer Sportlerin gegen einen Mann, dessen Spitzname "Kaufmann des Todes" lautet. Wahrscheinlich war auch deshalb US-Vizepräsidentin Kamala Harris anwesend. Für die Vizepräsidentin war ihr Einsatz für Griner eine der wenigen Gelegenheiten ihrer bisherigen Amtszeit, in der sie sich profilieren konnte. Sie besuchte beide Teams vor der Partie. Nach einer Umarmung mit Griner sagte sie zu den Mercury-Akteurinnen: "Ich weiß, wie schwer das für euch alle gewesen ist - ein Team ist eine Familie."

Wie Kamala Harris waren unter anderem auch Tennislegende Billie Jean King und Basketball-Gesamtkunstwerk Magic Johnson, 63, gekommen. Griner sagte nach der Partie, dass sie die Aufregung in der Halle genossen und "die Liebe der Fans gespürt" habe. Nun aber sei es auch an der Zeit, zur Normalität zurückzukehren und den Sport in den Mittelpunkt zu rücken: "Ich weiß das alles zu schätzen, weil ich durch die Haft gelernt habe, dass der nächste Tag nun mal nicht garantiert ist. Ich darf mich davon aber nicht ablenken lassen, ich habe einen Job zu erledigen." So schnell dürfte das allerdings nicht gehen: Die Partie am Freitagabend in LA war die erste seit 579 Tagen. Am Sonntag folgte das erste Heimspiel in Phoenix, gegen Chicago Sky. Auch das war alles andere als ein normaler Nachmittag.

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