Basketball:"Ich mache immer weiter"

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"Ich bin hoch motiviert": Bayern-Kapitän Nihad Djedovic (re.), hier gegen Mailands Center Kaleb Tarczewski, hat sich nach monatelanger Leidenszeit wieder in die Startformation gekämpft. (Foto: Daniele Buffa/Gribaudi/Imago)

Kaum ein Spieler im Kader der Bayern-Basketballer hatte so sehr mit Verletzungen zu kämpfen wie Nihad Djedovic. Rechtzeitig vor den entscheidenden Wochen hat sich der Kapitän zurückgekämpft.

Von Ralf Tögel

Natürlich war Andrea Trinchieri stolz auf seine Spieler, schließlich weiß keiner so gut wie der Trainer der Basketballer des FC Bayern München, was seiner Mannschaft in den vergangenen drei Wochen widerfahren ist. Zwei Corona-Wellen überrollten Spieler und Trainerstab, immer wieder sind andere Akteure ausgefallen, von den Verletzungen ganz abgesehen. Der Italiener war selbst von einer Infektion betroffen, als er zurück war, konnte er maximal in kleinen Gruppen trainieren, alles war abhängig vom körperlichen Zustand des Personals. Noch immer fehlen Schlüsselspieler, also war die Leistung vom Dienstagabend im Euroleague-Nachholspiel bei Olimpia Mailand nicht unbedingt zu erwarten. Die Münchner lieferten dem Favoriten einen leidenschaftlichen Kampf, waren in der ersten Halbzeit sogar besser, allerdings waren die bereits für die Playoffs qualifizierten Norditaliener keinesfalls gewillt, sich vor 4900 begeisterten Zuschauern eine Blöße zu geben. So war es wie so oft gegen den erstklassig besetzten Favoriten, Mailand kam heran, Mailand drehte das Spiel und gewann knapp. Vor ziemlich genau einem Jahr hatten die Münchner Mailand beim fünften Playoff-Viertelfinale ebenfalls am Rande einer Niederlage, unterlagen aber hauchdünn. Auch die Partie am Dienstagabend hätte anders laufen können, letztlich aber reichten die Kräfte der Gäste nicht ganz, der FC Bayern unterlag 77:84.

An Kapitän Nihad Djedovic lassen sich die Schwierigkeiten, mit denen die Spieler derzeit zu kämpfen haben, besonders beispielhaft erzählen. Eigentlich wollte der Deutsch-Bosnier in dieser Spielzeit so richtig angreifen, nachdem er schon in den vergangenen Jahren regelmäßig von Verletzungen gebremst wurde. Aber schon in der Vorbereitung plagte er sich mit muskulären Problemen herum. Insgesamt habe er "zwei Monate gefehlt", erzählt der 32-Jährige, zuletzt kam auch noch eine Corona-Infektion hinzu.

Momentan gehe es ihm gut, sagt er, was er beim Sieg gegen Crailsheim am vergangenen Sonntag als Topscorer mit 16 Punkten auch zeigen konnte. In Mailand stand er erstmals in der Euroleague in dieser Saison in der Startformation. Seit seinem Wechsel aus Berlin vor neun Jahren zählt der dienstälteste Profi im Kader zu den absoluten Leistungsträgern, er hat nahezu alle Vereinsrekorde inne, nun versucht er wieder einmal, seine Topform zu finden. Völlig schmerzfrei sei das Knie noch nicht, aber "ich fühle mich wohl". In einem Hochleistungsbetrieb wie dem Profi-Basketball, mit brutal hohen Belastungen, sei es schon schwer, "immer wieder von null anzufangen". Aber Aufgeben ist keine Option für den Bayern-Spielführer, "darüber denke ich gar nicht nach".

In der Mannschaft wird für keinen ein Platz reserviert, das gilt auch für den Kapitän. Aufs Spielfeld kommt Nihad Djedovic nur über Leistung

Dabei ist die mentale Belastung nicht zu unterschätzen, selbst Djedovic gibt das zu, denn von einem wie ihm, der immer geliefert hat, wird auch jetzt nicht weniger verlangt. Und das muss er nun in diesem edel besetzten Team - wohl nie zuvor hatte die Mannschaft so viel Qualität und Breite - nahezu ohne Training bewerkstelligen. Denn ein Platz auf dem Feld wird auch dem Kapitän nicht reserviert, da kommt man nur über Leistung hin. Djedovic hat sich durchgequält, wieder einmal, mit viel Individualtraining, oft saß er in den vergangenen Wochen zu Hause und habe "diese dummen Übungen für die Beine und das Knie" gemacht. Aber er ist wieder da: "Ich mache immer weiter, ich habe noch die Liebe für den Basketball."

Gerade rechtzeitig, denn in den kommenden Wochen wird sich entscheiden, in welche Richtung die Spielzeit geht. "Wenn du eine erfolgreiche Saison haben willst, musst du Titel holen", weiß Djedovic. Der Pokal ist schon dahin, dieser Titel hatte aus der vergangenen Saison eine gute gemacht. Djedovic sieht dabei den Fokus klar auf dem Meisterschaftskampf in der Basketball-Bundesliga (BBL): "Die Euroleague-Playoffs sind schön", sagt er, womit er wohl auch ausdrücken will, dass ein Titel dort noch nicht im Bereich des Realistischen für den FC Bayern liegt. Folglich ist eine gute Ausgangslage für die BBL-Playoffs essenziell.

Die nächste Aufgabe indes führt die Bayern auf das internationale Parkett, am Freitagabend gastiert Belgrad (20.30 Uhr) im Audi Dome. Dieser Vergleich sollte gewonnen werden, um die gute Chance auf die Playoffs zu erhalten. In der Woche darauf beschließen die drei Auswärtspartien bei Fenerbahce (Montag) und Efes Istanbul (Mittwoch) sowie die Partie bei Real Madrid (Freitag) die Hauptrunde für die Bayern.

Drei Spiele auf fremdem Terrain im Zweitagesrhythmus, mehr Belastung geht kaum. Um die K.-o.-Runde in der europäischen Königsklasse zu buchen, sollte eins davon gewonnen werden. Noch sind die Münchner Achter, die Konkurrenz sitzt ihnen aber im Nacken. Zudem geht es direkt nach dem Belgradspiel am Samstag zum BBL-Duell nach Oldenburg, quasi als Einstimmung. Nihad Djedovic wird bereit sein, er sagt: "Ich bin hochmotiviert."

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