Basketball-EM:Wobo zündet die Party

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Jonas Wohlfarth-Bottermann fischt mit einem massiven Block einen Versuch der Bosnier vom Brett. (Foto: Tilo Wiedensohler/Camera4/Imago)

Gegen Bosnien glänzt wieder die Bank, wieder reißen die deutschen Basketballer eine Partie an sich: Beim zweiten Sieg in der Gruppe gegen Bosnien und Herzegowina gibt es unwahrscheinliche Helden - einer sorgt mit einem "Monsterblock" für Gebrüll in der Halle.

Von Jonas Beckenkamp, Köln

"Niiiiice", sprudelte es aus Maodo Lo heraus, "jeder hat hier seinen Moment". So kann man es natürlich beschreiben, was den deutschen Basketballern derzeit bei der EM widerfährt. Und Lo, der Ideengeber des deutschen Teams, muss es wissen, schließlich war er es selbst, der beim Auftaktsieg gegen Frankreich prominent in Erscheinung trat. Diesmal, beim 92:82 in der zweiten Gruppenpartie gegen Bosnien und Herzegowina, rissen andere das Geschehen an sich. Zum Beispiel jener Typ, den sie beim DBB und vermutlich auch auf der ganzen Welt nur "Wobo" nennen.

Jonas Wohlfahrt-Bottermann, 32, ist kein Basketballer, der Gegner in Grund und Boden spielt. Aber er durfte in dieser im wahrsten Sinne zupackenden Begegnung mit biestigen Bosniern seine zehn Minuten Ruhm erleben. Das allein ist eigentlich schon eine erstaunliche Wendung, schließlich gab es bei seiner Kadernominierung durchaus Menschen, die sich wunderten. Aber so ist das bisher bei diesem Turnier, das aus deutscher Sicht nun wahrlich hervorragend begonnen hat: Zwei Siege zum Start, und tatsächlich bekommt in Köln bisher jedes Mal ein anderer seine Party.

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Der Grund dürfte die Tiefe des deutschen Kaders sein. Wo sich früher meist Dirk Nowitzki und ein paar Adjutanten ins Getümmel warfen, verfügt die aktuelle Mannschaft über lauter kleine und vor allem große Spezialagenten. Spieler wie Andreas Obst, der gegen Bosnien dank seiner Dreierkunst 13 Punkte erzielte. Oder eben "Wobo", den Bundesliga-Center von den Hamburg Towers, der eigentlich nicht als Protagonist eingeplant war.

Ausgerechnet der Rheinländer "Wobo" freut sich in Köln

Dass in ihm vor 18 017 Zuschauern ausgerechnet ein gebürtiger Bonner in Köln auftrumpfte, rundete die Nummer nur ab. "Ich kenne mich als Spieler", meinte er im rheinischen Singsang nach dem Duell, "ich weiß, was ich kann." Und jetzt weiß es auch das Publikum. Es war nämlich so: "Wobo" kam nach einer zähen, fehlerbehafteten ersten Hälfte aufs Parkett und schon entwickelte sich ein anderes Spiel. "Er gab uns unglaublich viel Energie", sagte Co-Kapitän Johannes Voigtmann, " so was ist irre wichtig."

Auch Andreas Obst ist jetzt drin in diesem EM-Turnier, gegen Bosnien gelangen ihm drei Dreier. (Foto: Tilo Wiedensohler/camera4+/Imago)

"Wobo" klaubte Rebounds vom Korb, er wühlte und verteidigte und dann folgte dieser eine Augenblick der Magie: Ein sogenannter Monsterblock, als er einen der physisch auftretenden Bosnier in der Luft abräumte. Basketball ist ein Spiel von solch kurzen Atemanhaltern, eine Aktion kann vieles drehen. Und so brüllte plötzlich die Halle über den unwahrscheinlichen Helden "Wobo". "Genau darum geht's", beschrieb es Voigtmann, der selbst in wichtigen Szenen seinen Beitrag leistete und zehn Zähler schaffte. "Wobo ist auch gut, wenn er null Punkte macht." Am Ende kam er sogar auf vier Zähler. "Bei uns kommen Leute rein, die eigentlich keine Bankspieler sind", lobte Lo. Spieler wie Obst, "Wobo" oder der erneut tatkräftige Johannes Thiemann (14 Punkte bei fast perfekter Trefferquote).

Mit Hilfe der zweiten Fünf gelang es den Deutschen, ein kompliziertes Spiel herumzureißen. Eine Halbzeit lang haben die Bosnier "uns mit ihrer Physis überrascht", wie Dennis Schröder einräumte, der diesmal als einer der Topscorer mit 18 Punkten (und neun Vorlagen) cool Regie führte. Die beiden NBA-erfahrenen Bosnier Dzanan Musa (mittlerweile bei Real Madrid) und Jusuf Nurkic (Portland) zerlegten phasenweise die deutsche Defensive, ständig brachen sie zum Brett durch. 30 und 21 Punkte schenkten sie dem DBB-Team ein - es wirkte bedrohlich, wie sie immer wieder zu leichten Körben kamen.

Aber dann "haben wir als Mannschaft angefangen zu verteidigen", meinte Maodo Lo, der eine alte Weisheit herauskramte: "Offense kommt von Defense." So habe man mit einigen Anpassungen einen Vorsprung herausgespielt, der bis zum Schluss reichte. Mit hohem Energielevel und etwas mehr Cleverness im Angriff gelang es, die enormen Foulprobleme auf deutscher Seite aufzuwiegen. Franz Wagner nutzte all sein Geschick, um bloß nicht sein fünftes zu kassieren und vom Platz zu müssen. "Es war ein bisschen tough für mich, aber der Coach gab mir die Verantwortung", sagte er.

Und wie rasch sich der 21-jährige NBA-Mann entwickelt, zeigten die Schlussminuten. Erst ein weiterer Poster-Block gegen Nurkic und plötzlich traf auch er seine Würfe - bei ihm standen letztlich ebenso 18 Punkte im Statistikbogen. Team Deutschland könnte mit diesem Spiel nun seinen "Algerien-Moment" erlebt haben, die Fußballer kennen das von der WM 2014. Jenes Spiel bei einem Turnier, das einen durch viele Tiefen führt und am Ende doch ins Land der Sieger. Am Sonntag dürfte es nicht einfacher werden: Dritter Gegner ist Litauen, "die werden wieder viele, viele Fans mitbringen", meinte Schröder. Aber die Deutschen, das ist jetzt bekannt, haben genug Power aus den hinteren Reihen, um auch diese Prüfung zu meistern.

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