Basketball:Längst nur noch Außenseiter

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Wie in Fesseln: Würzburgs Owen Klassen (li.) und Isaiah Washington (re.) nehmen Bambergs Zach Copeland bei ihrem überdeutlichen Derbysieg in die Zange. (Foto: Heiko Becker/HMB-Media/Imago)

Bambergs Basketballer spielen zu unstet und mitunter zu nervös, um in dieser Saison zu Höherem berufen zu sein. Nach der Entlassung von Trainer Oren Amiel hoffen sie trotzdem auf ein kleines Wunder - im Pokal-Halbfinale gegen den FC Bayern.

Von Christoph Leischwitz

Dass der Pokal seine sogenannten eigenen Gesetze habe, das haben die Bamberg Baskets selbst auch noch mal betont, bevor sie am Freitag mit dem Bus nach München aufbrachen. Doch in Wahrheit können auch sie selbst diese Floskel kaum noch hören.

Das Duell mit dem Ausrichter und Titelverteidiger FC Bayern ist so ungleich, dass es alle Beteiligten jenseits irgendwelcher Sportgesetzbücher ansiedeln. Dass die Oberfranken es überhaupt ins Finalturnier um den deutschen Basketball-Pokal geschafft haben, wird wohl der größte Erfolg der Saison bleiben. Alles andere als ein Sieg der Bayern am Samstag (14 Uhr, BMW Park) wäre schlicht eine Sensation. Was auch Wettanbieter so sehen: Für einen Bayern-Sieg bekam man am Freitag eine Quote von maximal 1,08 angeboten.

"Wir fahren als Außenseiter dorthin, werden uns den Hintern aufreißen und hoffentlich mit einem Sieg belohnt werden", erklärt Bambergs Guard Malik Johnson. Wobei ein Sieg ja bedeuten würde, dass sie am Sonntag ein zweites Spiel, das Finale, zu bestreiten hätten.

Dass die Rollen so klar verteilt sind - viel deutlicher als beim zweiten Halbfinale (Samstag, 17.30 Uhr) zwischen Alba Berlin und Ratiopharm Ulm -, ist nicht nur, aber auch der aktuellen Situation beider Mannschaften geschuldet. Die Bayern haben in der Liga zuletzt zwölf Spiele hintereinander gewonnen, am vergangenen Dienstag besonders spektakulär, mit einer furiosen Aufholjagd nahmen sie den Niners Chemnitz im direkten Duell die Tabellenführung ab (89:80). Sie bewahrten sich vergangene Woche mit einem Buzzer beater bei Partizan Belgrad sogar ein Fünkchen Hoffnung für die Playoffs in der Euroleague.

Die Bamberger haben unter der Woche zwar auch gewonnen, sie hatten allerdings in den vergangenen Wochen einige traumatische Erlebnisse, die sie noch nicht komplett verarbeitet haben. Da ist einerseits der Buzzer beater in Braunschweig: Dort gelang Zach Copeland ein Dreier zum vermeintlichen Sieg, mit verbleibenden 0,2 Sekunden auf der Uhr. Doch die reichten Braunschweig tatsächlich, um auszugleichen. In der Verlängerung verlor die Mannschaft von Oren Amiel dann. Und dann war da natürlich die historisch-herbe 65:104-Niederlage beim Rivalen Würzburg, die den Cheftrainer den Job kostete. Am Samstag in München wird der bisherige Co-Trainer Arne Woltmann die Anweisungen geben.

Woltmann dürfte nach der Entlassung Amiels Trainer bleiben - der Markt gibt eine preiswerte Alternative kaum her

Dass die Spielzeit ohne internationales Engagement so dahinplätscherte und die Playoffteilnahme mittlerweile unwahrscheinlich ist, das hätte Geschäftsführer Philipp Höhne gerade noch so hingenommen - nach der Schmach von Würzburg aber nicht mehr: "Die äußerst schwankenden Leistungen in dieser Saison, verbunden mit unglücklichen, dummen und nun auch entsetzlichen Niederlagen, haben uns zu diesem Schritt veranlasst", erklärte er. Die stark schwankenden Leistungen hatten zu starke Ausreißer bekommen. Der aktuelle Tabellenplatz zwölf - fernab allzu großer Abstiegsgefahr - legt nahe, dass Woltmann bis zum Saisonende Trainer bleiben wird, außer Bamberg findet einen hochklassigen Trainer mit niedrigen finanziellen Anforderungen. Solch einen scheint der Markt gerade aber nicht herzugeben. Und so wird sicherlich auch das Abschneiden im Spiel gegen die Bayern nicht über Woltmanns Schicksal entscheiden.

"Wir fahren als Außenseiter dorthin, werden uns den Hintern aufreißen und hoffentlich mit einem Sieg belohnen": Arne Woltmann, in Bamberg gerade zum Cheftrainer aufgestiegen, mit Center EJ Onu. (Foto: G. Santemiz/Eibner/Imago)

Immerhin sind die Bamberger über drei schwere Auswärtsspiele ins besagte Finalturnier eingezogen, und Anfang Januar besiegten sie Mit-Teilnehmer Alba Berlin in der Liga mit 20 Punkten Unterschied. Auf den kleinen Positionen sind die Oberfranken gut besetzt, Aufbauspieler Zach Copeland kommt auf 18 Punkte pro Schnitt, der erst 23-jährige Trey Woodbury hat die Erwartungen voll erfüllt (13,3 Punkte). Doch insgesamt gilt die Leistung mehrerer Spieler als unstet, bisweilen hat das Team auch mit den eigenen Nerven zu kämpfen. Noch kurz vor der Beurlaubung Amiels hatte das Trainerteam das Playbook gekürzt, um den Fokus zu schärfen.

Bayerns Kapitän warnt indes davor, die Aufgabe zu leicht zu nehmen: "Alle Pokalspiele sind gefährlich", sagt Vladimir Lucic, und den Titel zu verteidigen sei immer härter, als ihn das erste Mal zu gewinnen. Es ist davon auszugehen, dass die Bayern aus zwei Gründen versuchen werden, das Spiel so früh wie möglich zu entscheiden: um beim Außenseiter keine Hoffnung aufkommen zu lassen und um sich für das Finale 24 Stunden später so gut es geht zu schonen.

Auf dem Papier ist Bamberg die Heimmannschaft, faktisch werden die nominellen Gäste aus München den Heimvorteil genießen. Bambergs Forward Patrick Heckmann kritisierte in der Bamberger Heimatzeitung Fränkischer Tag dann auch den Spielort des Finalturniers: "Da war es schon zu oft. Bamberg wäre natürlich top gewesen, aber die fairste Lösung wäre wohl Ulm gewesen." Ob die Baskets in einer anderen Halle sehr viel bessere Chancen hätten zu gewinnen, erscheint allerdings fraglich.

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