Bamberger Basketballer Anton Gavel:Hoffen auf den kleinen Unterschied

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Zuverlässige Kraft: Bambergs Anton Gavel. (Foto: dpa)

Die Playoff-Serie zwischen den Basketballern des FC Bayern und Bamberg wird zum Klassenkampf zwischen neureichem Emporkömmling und Serienmeister stilisiert. Dabei könnte mit Bambergs Anton Gavel der Spieler entscheidend sein, der zuletzt erkrankt gefehlt hatte.

Von Jürgen Schmieder

Es ist viel geredet worden nach dem zweiten Halbfinalspiel der Playoffs zwischen dem FC Bayern und Bamberg, das die Baskets mit 93:83 gewannen und die Serie damit ausgeglichen hatten. Der Münchner Trainer Svetislav Pesic schimpfte erst auf die Unparteiischen ("Wir brauchen Schiedsrichter, die gut vorbereitet und unabhängig sind.") und ein bisschen auch auf seine Mannschaft ("schlecht gespielt"), Bambergs Coach Chris Fleming dagegen philosophierte über Taktik ("Wir waren besser vorbereitet") und Konzentration ("Wir waren beim Ballvortrag konstanter").

Die wichtigsten Sätze sagte der Bamberger Spieler Casey Jacobsen: "Wir können viel über Strategie, Ballverluste oder verfehlte Würfe reden. Aber wir hatten Anton wieder, und das war gut so. Er ist der Superstar in unserem Team." Das ist bemerkenswert, gilt doch der ehemalige NBA-Profi Jacobson (Phoenix, New Orleans, Memphis) als prägender Akteur bei den Franken.

Bei dieser zweiten Partie schaffte Gavel 17 Punkte und sieben Zuspiele, er orchestrierte die Bamberger Offensive umsichtig, er traf alle seine Freiwürfe und präsentierte sich in den entscheidenden Momenten im dritten Viertel nervenstark, als er erst einen Dreier verwandelte und kurz darauf seinem Kollegen Alex Renfroe mit einem hohen Zuspiel einen spektakulären "Alley-oop" auflegte. Zudem verteidigte er herausragend - das überraschte nicht, er wurde kürzlich erst zum besten Defensivspieler der Bundesliga gewählt.

Nach der ersten Begegnung war auch viel gesprochen worden, die ohnehin intensive und zum Klassenkampf (Serienmeister gegen neureichen Emporkömmling) stilisierte Serie wurde um eine taktische Komponente erweitert. Pesic hatte seinen Kollegen Fleming mit druckvoller Ganzfeld-Verteidigung verblüfft - und schon wurde vermutet, die Trainer und ihre taktische Ausrichtung würden dieses bayerische Duell entscheiden können.

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Was dabei beinahe in Vergessenheit geriet: Gavel hatte Bamberg wegen einer Grippe gefehlt, auch während des zweiten Spiels wischte er sich häufig über die Nase oder hielt sich die Hand vor den Mund, um kräftig zu husten.

Er konnte jedoch fast 27 Minuten auf dem Feld stehen, nicht nur seine Wurfquote und Punktausbeute sind herausragend, sondern auch seine Effizienzwerte - also die Summe aller persönlichen Statistiken und der Extra-Wert, dass seine Mannschaft mit ihm auf dem Feld deutlich mehr Punkte erzielt als sie hinnehmen muss.

Der 28 Jahre alte Gavel gehört zu den Spielern, die einen Unterschied machen können in einer Partie oder einer Playoff-Serie. Er gehört abseits des Feldes nicht unbedingt zu den Müllrednern oder Lautsprechern, nach dem Spiel in München sagte er lapidar: "Es war wichtig, dass wir gewonnen haben, bei 0:2 wäre es schwer gewesen." Aber dann ließ er doch noch einen Spruch los: "Uns sollte hier keiner abschreiben."

Solches Mitteilungsbedürfnis kennt man von ihm sonst nur auf dem Spielfeld: Gavel spricht unentwegt, er schickt seine Mitspieler auf die Positionen, er sagt die Spielzüge an. Auch in Auszeiten hat er bisweilen das letzte Wort: Zuerst geben die Trainer Chris Fleming und Arne Woltmann ihre Kommandos, dann legt Gavel noch ein paar Worte nach. "Er ist der Kopf dieses Teams", sagt Jacobsen.

Gavel kann weder auf eine Ausbildung an einer amerikanischen Universität verweisen wie viele seiner Kollegen - noch auf Spielzeit in der nordamerikanischen Basketballliga NBA wie etwa Jacobsen oder Bostjan Nachbar. Der 1,89 Meter große und 87 Kilogramm wuchtige Gavel kam mit 16 Jahren aus der Slowakei nach Karlsruhe, über die Stationen Giessen, Murcia und Saloniki gelangte er zu den Baskets - zunächst als Ersatzspieler mit einem auf einen Monat befristeten Vertrag, weil sich ein Stammspieler verletzt hatte.

Mittlerweile ist er der Stammspieler, er hat sich zu einem der besten Verteidiger entwickelt und zu einem herausragenden Spielmacher mit extremen Führungsqualitäten - bei der Wahl zum wertvollsten Spieler der Saison landete er hinter John Bryant aus Ulm auf Platz zwei. Kein Wunder, dass auch die Bayern vor zwei Jahren stark an ihm interessiert waren.

Heute zählt für ihn jedoch nur, dass die Halbfinalserie gegen die Münchner ausgeglichen ist. Am Donnerstag findet in Bamberg die dritte Partie der best-of-five-Serie statt - Bamberg verspürt nach dem Erfolg in Spiel zwei wieder leichten Aufwind . "Wir haben den Heimvorteil zurückerobert, aber anscheinend bedeutet das in dieser Serie nicht viel", sagt Trainer Chris Fleming. Er hätte anfügen können: Es bedeutet vielmehr, dass Anton Gavel auf dem Feld steht - und wie aus dem Team zu hören ist, hat sich auch das mit dem Husten erledigt.

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