FC Bayern bei Basketball-Playoffs:Der wilde Herr Pesic

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Sucht den Durchblick: Svetislav Pesic, 63, trainiert seit November 2012 die Basketballer des FC Bayern. (Foto: dpa)

So etwas hat es noch nie in der Basketball-Bundesliga gegeben: FC-Bayern-Trainer Pesic attackierte beim Spiel gegen Bamberg den BBL-Geschäftsführer - nun drohen ihm Sanktionen. Wie reagiert Pesic? Er bereut nichts.

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Dort sitzt er also, leicht verspätet, aber immerhin. Nun gilt es, sich behutsam heranzupirschen an ihn, besser nicht gleich die einzig relevante Frage zu stellen. Denn wer weiß schon, ob er dann nicht schnell wieder fort ist: Svetislav Pesic, 63, hat einen großen Stapel Papier auf seinem Schoß ausgebreitet, man darf sagen: einen regelrechten Haufen.

Darauf blickt er beharrlich hinab, er blättert, blickt, blättert. Und während er also Zettel studiert, dringen die Worte des Vereinssprechers an sein Ohr: Svetislav, es steht jetzt 1:1 gegen Bamberg, jetzt spielt ihr wieder auswärts - wo ist nun der Vorteil zu sehen?

"Vorteil?", fragt der Trainer der FC-Bayern-Basketballer. Er blickt erstmals auf. "Also Vorteil oder nicht Vorteil, es wird ja viel spekuliert." Hinter sich habe man "ein Spiel, wo wir nicht gut waren, Bamberg schon. Wir analysieren, was wir besser machen müssen". Und so weiter. Pesic spricht sehr ruhig.

Keine Spur von dem wilden Mann, der am Sonntagabend, beim 83:93 daheim im zweiten Halbfinalspiel gegen Titelverteidiger Brose Bamberg, weit ins Feld gestürmt war: zeternd, schreiend und wüst fuchtelnd; der dafür ein technisches Foul kassierte, der beinahe bis zur Tribüne stach, Richtung Reihe eins - dorthin, wo das Ziel seiner Aggressionen saß: Jan Pommer, der Geschäftsführer der Basketball Bundesliga (BBL). Eine Szene, über die man jetzt eigentlich sofort reden müsste. Weil es so etwas in der BBL noch nie gab.

Denn auch Volker Stix, der "Koordinator Sport" der Bayern, war ja kurz nach Pesic' unvermitteltem Zorn von seinem Beobachterposten neben der Haupttribüne der Bayern-Halle auf Pommer zugerast und hatte ihn mit Flüchen bedacht. Später tat das auch, wenn auch aus etwas größerer Entfernung, Marko Pesic; der frühere Nationalspieler ist der Sohn des Trainers und amtiert als Sportdirektor der Bayern.

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Wo also war er denn nun, jener Svetislav Pesic, der ja dann nach der Partie auch noch den vermeintlichen Auslöser der Tumulte, Schiedsrichter Moritz Reiter, verbal angegangen war mit den Worten: "Wir brauchen Schiedsrichter, die gut vorbereitet und unabhängig sind"?

Der beispiellose Vorfall hat inzwischen eine gewisse Dynamik entwickelt: Die BBL fordert Svetislav und Marko Pesic zu einer Stellungnahme auf. Man kann sagen: Die Liga ermittelt - Sanktionen nicht ausgeschlossen . "Die Aussagen von Coach Pesic sind respektlos und verkehrt", äußerte Pommer vorab, "ich wünschte mir, dass er die Gelassenheit seines Kollegen Heynckes (Trainer der Bayern-Fußballer, d. Red.) an den Tag legte: Dieser hat sich zu eigen gemacht, Schiedsrichter nicht öffentlich zu kritisieren." Das saß. Also, Herr Pesic senior, wie lautet Ihre Stellungnahme?

"Ich hab schon etwas gesagt zu dem Schiedsrichter, das ist legitim!", entgegnet Svetislav Pesic, er wird nun etwas lauter: "Und ich sage nichts hinter dem Rücken, das ist nicht mein Stil. Ich bin einer von den Botschaftern im deutschen Basketball. Ich bin hier seit 1987 sozusagen, da waren Sie noch nicht geboren." Kurzes Gelächter. "Von mir wird also erwartet, die Wahrheit zu sagen." Er sei "Teil der Geschichte", findet Svetislav Pesic.

Schon klar, sei er denn womöglich falsch zitiert worden? "Ich bin falsch zitiert worden, aber okay! Ich habe meine Stellungnahme getroffen. Das werde ich immer so machen, denn ich vertrete nicht, wie viele, nur mein Interesse. Sondern das Interesse des Teams. Mein Team trainiert jeden Tag zweimal und investiert 24 Stunden." Und dann schiebt er nach: "Wahrheit tut weh!"

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Svetislav Pesic in dieser Saison über Referees beschwert. Und dass der Schiedsrichter Reiter manchmal polarisiert mit seinen Pfiffen, ist nicht neu. An ihm lag es jedoch nicht, dass die Bayern den Heimvorteil wieder an Bamberg verloren, das gestanden sogar Pesic' Spieler. Ging es dem Coach vielleicht um sensiblere Schiedsrichteransetzung für das Derby? "Das ist eine Frage für den Verein, nicht für mich", sagt Pesic. "Und ich erwarte auch keine Strafe, es gibt keinen Grund."

Dann setzt er bei seinem sonderbaren Auftritt noch zur Hymne auf Heynckes an, den Pommer als Vorbild nannte. "Von Coach Heynckes kann jeder etwas lernen, keine Frage", findet Pesic. "Er ist einer der Besten überhaupt, nicht erst, seit er die Champions-League gewonnen hat. Und ich bin lernfähig."

Am Donnerstag treten die Bayern zur dritten Partie der Best-of-five-Serie in Bamberg an. Die Diskussion um Pesic' Entgleisung wird sie dahin begleiten. Vor der Reise hinterlässt er noch eine feine kryptische Botschaft: "Ich habe nicht alles gesagt. Aber richtig."

© SZ vom 29.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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