Basketball:Alles oder nichts

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Ein Mann für alle Fälle: Niels Giffey ist bei den Bayern variabel einsetzbar. (Foto: Marcel Engelbrecht/Eibner/Imago)

Den Basketballern des FC Bayern fehlt die Beständigkeit, sie kämpfen an gegen den Ruf des ewigen Zweiten. Eine Wende könnten die bevorstehenden Pokalfinals bringen.

Von Christoph Leischwitz

Vor drei Monaten wurde Niels Giffey als neuer Spieler beim FC Bayern vorgestellt, und eine der ersten Fragen an ihn lautete damals, wie es denn sei, nach so langer Zeit beim "ewigen Ersten" jetzt beim "ewigen Zweiten" zu spielen. Damals konnte der 31-jährige Berliner Basketballspieler die Brisanz der Frage noch umdribbeln. Er erzählte einfach, wie es kam, dass er über internationale Umwege in München landete.

In der Zwischenzeit ist viel passiert, nicht nur in Berlin, wo, nebenbei erwähnt, seine Tante, die Politikerin Franziska Giffey (SPD), vom ersten auf den zweiten Platz abrutschte. Beim Neffen Niels in München geht es zurzeit sogar klar in Richtung dritter Platz, das zeigt die Bundesligatabelle. Bis zum 34. Spieltag noch Zweiter zu werden, dafür ist für die Bayern-Basketballer wegen der sechs Niederlagen der Abstand auf Alba Berlin (eine Niederlage) und Bonn Baskets (zwei Niederlagen) wohl zu groß. Und deshalb kommt dem Halbfinale im BBL-Pokal zwischen Alba und den Bayern an diesem Samstag (19.30 Uhr, live in Magentasport) in Oldenburg eine besondere Bedeutung zu.

Abseits der direkten Duelle im Bundesliga- und Euroleague-Alltag geht es erstmals in der Saison um alles oder nichts, um ein "Do-or-Die-Spiel", wie es Bayerns Geschäftsführer Marko Pesic formulierte. Pesic freut sich auf die Partie, denn diesmal, so merkt er an, "gibt es keine Ausreden mehr". Und am Sonntag (15 Uhr) kann der Gewinner gegen den Sieger des zweiten Halbfinals, Oldenburg gegen Ludwigsburg, dann auch noch den ersten Titel der Saison einstreichen. Im Fall einer Niederlage wird es für die Münchner umso schwerer, das Attribut des ewigen Zweiten empört von sich zu weisen. Zumal sich das Team für den Meistertitel im Frühsommer beträchtlich steigern müsste - wenngleich niemand so recht sagen kann, wie das diese Saison zu schaffen wäre.

Ob einsatzfähig oder nicht: Der ganze Kader reist nach Oldenburg

Wie jedes Jahr plagen die deutschen Spitzenteams Verletzungssorgen, ein Problem, das durch die Belastungen der Basketball-Europameisterschaft im September nicht geringer wurde. Das Ächzen über den Saisonspielplan ist zu einem Ritual geworden im Audi Dome: eine passende Erklärung dafür, warum manches so zäh läuft.

Die Bayern hatten versucht, der Verletzungsmisere im Team durch die Verpflichtungen von flexibel einsetzbaren Spielern vorzubeugen. Sowohl der Transfer Niels Giffeys wie auch jener des Nationalteamkollegen Isaac Bonga zielten auf größere Variabilität in der Mannschaft ab: Weil beide auf verschiedenen Positionen nachweislich Überdurchschnittliches leisten, wäre Improvisation im Falle von Ausfällen aus Verletzungsgründen einfacher geworden. Ansatzweise ging der Plan auf: Bonga kam kürzlich im Spitzenspiel gegen Bonn auf 28 Punkte, als zahlreiche Stammkräfte fehlten. Trainer Andrea Trinchieri sprach hernach trotzdem von einem nutzlosen Aufwand, denn das Spiel ging verloren. Und die Statistiken von Giffey in der Bundesliga, insbesondere bei der Defensivarbeit, sind momentan noch ausbaufähig.

Jedenfalls fiel es Pesic recht leicht, seine Mannschaft in eine Außenseiterrolle hineinzureden. Die Beständigkeit habe diese Saison gefehlt, man habe auch bislang "keinen guten Februar gespielt", sagte der Geschäftsführer der Bayern. Nun, im Pokal in Oldenburg, legen sie demonstrativ Geschlossenheit an den Tag: Der gesamte Kader reist mit nach Niedersachsen - ganz gleich, ob ein Aktiver verletzt ist (wie Kapitän Vladimir Lucic), wahrscheinlich (Bonga) oder ziemlich sicher (Andreas Obst) auftreten kann.

Die Generalprobe jedenfalls ging daneben. Am vergangenen Dienstag verloren die Bayern überraschend 70:89 gegen die Hamburg Towers. Bedenklich war dies, weil sie es selbst bei Niederlagen für gewöhnlich schaffen, eine spannende Schlussphase hinzulegen - diesmal aber nicht. Marco Baldi, der Geschäftsführer von Alba Berlin, mutmaßte, dies könne damit zu tun haben, "dass am Wochenende etwas Großes ansteht".

Hatten sich die Spieler womöglich deshalb gegen Hamburg eine Auszeit gegönnt, waren sie gedanklich schon bei der folgenden Partie? Zumindest sprach Pesic auch davon, dass die Mannschaft "mental und körperlich überhaupt nicht da" gewesen sei. Bayern-Trainer Trinchieri gab sich nach dem Spiel - zumindest nach außen - noch empörter als sonst. Ob solch eine Niederlage vor der ersten großen Entscheidung ein wenig auf die Stimmung drückt oder eine Trotzreaktion hervorruft, wird sich in Niedersachsen zeigen.

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