SSV Jahn Regensburg:Heimkehr mit Brille

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Die Rückkehr nach der Rückkehr: Mit Heidenheim ist Andreas Geipl zuletzt in Regensburg noch aufgestiegen - um anschließend wieder für den Jahn zu spielen. (Foto: Frank Scheuring/foto2press/Imago)

Der frühere Trainer Achim Beierlorzer soll die in die dritte Fußball-Liga abgestiegenen Regensburger wieder zu alter Stärke führen. In den ersten Tests spielte sich ein alter Bekannter in den Vordergrund.

Von Johannes Kirchmeier

Eigentlich hatte sich nicht viel verändert. Weiße Turnschuhe zur dunklen Hose und schwarzem Hemd trug Achim Beierlorzer auch schon gerne, als er in den Jahren 2017 bis 2019 Trainer des SSV Jahn Regensburg war. Fernab des Kleidungsstils war aber doch etwas anders, als er in der vergangenen Woche nach vier Jahren wieder in den Presseraum des Jahnstadions schritt. Auf den ersten Blick fiel auf: Achim Beierlorzer trägt jetzt Brille. Der 55-Jährige tritt nun nicht mehr als Trainer auf, sondern als Sport-Geschäftsführer des Absteigers in die dritte Liga. Durchblick braucht er weiterhin. Seit 1. Juli ist er in der neuen Funktion tätig.

"Die Geschichte ist relativ schnell erzählt", sagte Beierlorzer. "Ich hatte in meinen beiden ersten Jahren in Regensburg so eine tolle Zeit. Wir waren so erfolgreich. Es war emotional mit die schönste Zeit, die ich in meinem Fußballerleben erleben durfte." Das kommt ja noch hinzu: Achim Beierlorzer, dieser Name steht in Regensburg für Erfolg. Rang fünf und Rang acht in der zweiten Bundesliga - nie stand der Klub so weit oben. "Achim Beierlorzer kennt den Jahn, hat die Spielphilosophie hier mitentwickelt", sagte der Vorstandsvorsitzende Hans Rothammer, der selbst den Kontakt zum Ex-Coach gesucht hat. "Es war eine Entscheidung, die alternativlos war. Achim ist der Wunschkandidat." Rothammer hat zuletzt beobachtet: "Es ist eine emotionale Wende im Umfeld eingetreten."

Von Aufbruchstimmung sprechen sie in Regensburg der alten Erfolge wegen, auch wenn die Position für den Mittelfranken eine neue ist. Bezeichnenderweise war in der Pressekonferenz auch wieder öfter von den Vereinswerten die Rede, die der einstige Geschäftsführer Christian Keller eingeführt und Beierlorzer schon als Trainer gepredigt hat. Besonders das Wort "ambitioniert" brachte er mehrmals unter, die Spieler trügen die Eigenschaft in sich, unterstrich er. Ein Klassenziel wollte er aber noch nicht feststecken: "Der größte Fehler wäre, jetzt den Wiederaufstieg als Ziel zu setzen und die Mannschaft und den Verein damit unter Druck setzen."

Schließlich hat sich das Team nach dem Abstieg komplett verändert. 22 Spieler verließen den Verein, 19 kamen hinzu. Da hilft es, dass Beierlorzer den Trainer kennt. Mit Joe Enochs absolvierte er seinen Fußballlehrer-Lehrgang. Die erste Vorgabe: "Wir müssen eine Mannschaft werden, wir müssen zusammenhalten." Dann folge der zweite Aspekt, die "Liga annehmen". Beierlorzer - bis 30. Juni beim Bundesligisten RB Leipzig an-, aber freigestellt -, war in die Entscheidungen der Oberpfälzer als Ratgeber von außen schon involviert.

Auf schnelle Spieler haben sie im neuen Kader Wert gelegt. Das Ziel: aggressives Verteidigen und rasantes Angreifen

So wurde auch eine seiner Antrittsforderungen erfüllt: Am ersten Arbeitstag wollte der frühere Coach mindestens 20 Spieler in der Kabine am Kaulbachweg sehen. Letztlich erblickte er 22 Akteure, die ihm alle zusagen. "Es ist toll, dass wir solche Spieler kriegen können. Wir waren bei vielen Transfers nicht die einzigen und bestimmt auch nicht diejenigen, die das meiste Geld bieten konnten." Der Kader sei nun so gut wie komplett. In den vergangenen Tagen stießen noch der dritte Torwart Leon Cuk und der flinke Rechtsaußen Agyemang Diawusie hinzu. Der 25-jährige Diawusie empfahl sich im Probetraining, er wurde unter anderem in der Jahnschmiede ausgebildet, bei seinen vorherigen Stationen Ingolstadt, Bayreuth und Dresden konnte er sich aber nicht nachhaltig in Szene setzen in Liga zwei und drei.

Aus dem neuen Kader sticht neben Torwart Felix Gebhardt vor allem Rückkehrer Andreas Geipl im defensiven Mittelfeld heraus, der zum Saisonabschluss mit Heidenheim in Regensburg in die erste Liga aufstieg. Neben ihm wird vermutlich Christian Viet als einer der wenigen Verbliebenen aus der Vorsaison spielen. Und im Angriff? Im ersten Testspiel, beim 7:0 gegen den Bezirksligisten SC Katzdorf, machte vor allem der nach seiner Leihe aus den Niederlanden zurückgekehrte Joel Zwarts, 24, mit fünf Treffern auf sich aufmerksam. Bei den folgenden Siegen gegen Fortuna Köln (2:1) und den ASV Cham (5:1) traf dessen Sturmkonkurrent Elias Huth jeweils doppelt.

Schnelle Spieler wie Zwarts und die Außen Dominik Kother, Noel Eichinger oder Diawusie waren Beierlorzer in seiner ersten Transferphase als Sportchef ein Anliegen. Aggressives Verteidigen und rasantes Angreifen bevorzugte er schon als Trainer. Es ist auch der Spielstil, den der Verein vor knapp zehn Jahren als Teil seiner Philosophie definierte, der ihm jedoch zuletzt ein wenig abhanden kam. Zudem verzichtete der Geschäftsführer bis auf die Ausnahme Louis Breunig (Nürnberg) auf Leihspieler - in der Vorsaison hatte der SSV noch acht davon. Daran könnte sich allerdings noch etwas ändern, im Hinblick auf mögliche einzelne Verstärkungen aus der ersten oder zweiten Liga, wie Beierlorzer durchblicken ließ. Die Rede ist von Fußballern, die sich in ihren Vereinen erst einmal nicht durchsetzen - und beim Jahn Führungsfiguren sein könnten. Auch das erinnert an 2017 bis 2019. Damals waren das beim Jahn etwa Adrian Fein und Jonas Föhrenbach. Fein spielt mittlerweile bei Excelsior Rotterdam in der Eredivisie, Föhrenbach ist mit Heidenheim frisch in die Bundesliga aufgestiegen.

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