23. Meistertitel des FC Bayern:Auf dem Weg zur Super-Super-Saison

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Dante und Bastian Schweinsteiger: Jubel über den Titelgewinn (Foto: dpa)

Der FC Bayern feiert die Rückkehr als Branchenführer so, wie er den Erfolg erreicht hat: In Rekordgeschwindigkeit und betont sachlich. Der Titel ist das Ergebnis vieler Entbehrungen der Vergangenheit, die vor allem mit Borussia Dortmund zu tun haben. Nun ruft Uli Hoeneß schon das nächste Ziel aus.

Von Maik Rosner, Frankfurt

Und dann feierten sie doch. Nach der Rückkehr aus Frankfurt am Samstagabend war die Mannschaft des FC Bayern in einer Münchner Bar zusammengekommen, in der einige Spieler auch sonst gern verkehren, so wie andere Prominente und solche, die es gerne wären. Geschlossen saßen sie nun beisammen und prosteten sich zu. Die kleine Meisterparty, so war zu vernehmen, soll aber nicht allzu ausschweifend geraten sein. Schon für diesen Sonntagvormittag um zehn Uhr war ja von Trainer Jupp Heynckes die Spielanalyse angesetzt worden, danach stand das Regenerationstraining auf dem Programm.

Wenigstens ein paar Stunden das Erreichte genießen, das musste jetzt einfach sein. Aus dem Flugzeug steigen nach dem 1:0-Sieg bei Eintracht Frankfurt, mit dem sie sich den 23. Bundesligatitel in der Vereingeschichte gesichert hatten, am 28. Spieltag und damit so früh wie keine Mannschaft zuvor, und nun brav nach Hause fahren und sofort wieder an die nächsten Ziele denken, das ging jetzt einfach nicht. Nicht nach dieser Vorgeschichte. "Wir sind Deutscher Meister!!! Endlich wieder! Ein geiles Feeling! Auch wenn ich zugeben muss, dass es sich ein bisserl komisch anfühlt, schon so früh Meister zu sein", postete Thomas Müller bei Facebook.

Vor zwölf Jahren war der FC Schalke 04 als sogenannter "Meister der Herzen" in die nun 50-jährige Bundesligageschichte eingegangen. Für knapp fünf Minuten wähnte sich der Verein 2001 am Ziel seiner Träume, ehe die Nachricht aus Hamburg kam, dass der FC Bayern dort doch noch den 1:1-Ausgleich geschossen und sich damit zum Titelträger gekürt hatte. Nun durften sich die Münchner als Meister der Schmerzen fühlen. Zwei Jahre war der erfolgsverwöhnte Branchenführer ohne einen weiteren Pokal oder eine Schale für die prall gefühlte Vereinsvitrine geblieben, weil sich vor allem Borussia Dortmund erdreistet hatte, den Münchnern zumindest sportlich den Rang abzulaufen.

Das hat sie sehr geschmerzt. Fast 70 Millionen Euro wurden deshalb im vergangenen Sommer in neue Kickerbeine investiert. Spätestens jetzt sind die Verhältnisse nach Ansicht der Bayern wieder zurecht gerückt. Mit jenem Titel, den sie in dieser Saison als wichtigstes Ziel ausgerufen hatten, auch wenn sich die Prioritäten nun wohl auf die Champions League verlagern dürften.

Entbehrungen hatte es in der Vergangenheit viele gegeben. Zu denen hatte auch der verpasste Gewinn der Champions League im dramatisch verlorenen Finale gegen den FC Chelsea gezählt. Und für die deutschen Nationalspieler der Münchner ein bisschen auch das EM-Aus im Halbfinale gegen Italien.

Wie sehr sie aber vor allem der BVB angetrieben hatte, das war schon in Frankfurt kurz nach dem Schlusspfiff zu vernehmen gewesen. Und bei keinen so sehr wie Uli Hoeneß. "Normalerweise ärgert man unseren Verein ja nur einmal. Dortmund hat das zweimal geschafft, dafür müssen wir wirklich Respekt zollen, das haben die super gemacht", sagte Präsident des FC Bayern, "aber unsere Antwort war natürlich eindeutig: 20 Punkte Abstand. Damit müssen sie jetzt leben."

Der vorzeitige Titelgewinn durch das kunstvolle Hackentor von Bastian Schweinsteiger aus der 52. Minute war in der Frankfurter Arena aber eher so gefeiert worden, wie der FC Bayern den Erfolg insgesamt erreicht hatte: In Höchstgeschwindigkeit, mit einem purzelnden Rekord nach dem anderen, aber betont sachlich. Wohl auch, weil sich die Überraschung jetzt ja in Grenzen hielt.

Gewiss, die Mannschaft hatte Trainer Heynckes vor der Fankurve hochleben lassen, die Profis tanzten auf dem Rasen und sangen in der Kabine. Doch solch ausgelassene Momente wie jener, als Abwehrspieler Dante mit einem kleinen Radio am Ohr aus der Umkleide herauslief und durch die Gänge des Frankfurter Stadions hüpfte, bleiben eher die Ausnahme. Die üblichen Bierduschen oder Meister-T-Shirts waren nicht zu besichtigen. Und nebenan, auf der Pressekonferenz, begann Trainer Jupp Heynckes seine Ausführungen damit, über das Spiel zu sprechen. Dass es die Frankfurter seiner Mannschaft nicht leicht gemacht haben. Solche Dinge.

Später war aber auch bei ihm zu spüren, dass eine große Last abfallen ist. Heynckes hat sogar ein paar Mal gescherzt. "Ich bin ja nun schon einige Male Deutscher Meister als Spieler und als Trainer geworden, und es war noch nie so kalt wie heute", sagte er beispielsweise, 23 Jahre nach seinem letzten Meistertitel, auch damals mit den Münchnern. Oder nachdem ihm der Frankfurter Kollege Armin Veh gratuliert hatte mit den Worten, dass er "keinem mehr die Meisterschaft gönne als Jupp, weil ich ihn als Trainer und auch als Mensch kennengelernt habe und er für mich ein großes Vorbild ist."

Meisterfeier des FC Bayern
:Franck am Megaphon

Ohne Weißbier und T-Shirts: Der FC Bayern München feiert den Gewinn seiner 23. Deutschen Meisterschaft nur kurz. Dafür steht einer im Mittelpunkt, der sich beim Feiern meist zurückhält: Trainer Jupp Heynckes.

Heynckes gab die Komplimente wenig später zurück, mit einer Anspielung auf Vehs Forderung nach mehr Geld für neue Spieler. Höhere Ausgaben auf dem Transfermarkt hatte der Trainer gegenüber dem Vorstandsvorsitzenden der Eintracht, Heribert Bruchhagen, jüngst zur Bedingung für die inzwischen vollzogene Vertragsverlängerung gemacht.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Elf Meister müsst ihr sein

Bastian Schweinsteiger schleicht sich unbemerkt nach vorn - und sichert den Bayern die Meisterschaft, Philipp Lahm lässt Jürgen Kohler vor Neid erblassen und David Alaba verschießt einen Elfmeter, doch das kümmert ihn nicht. Der FC Bayern beim 1:0 gegen Eintracht Frankfurt in der Einzelkritik.

Von Maik Rosner, Frankfurt am Main

"Da hat Armin ja auch recht, dass die Schatulle aufgemacht und investiert wird. Das haben wir auch gemacht vor der Saison. Und deswegen...", sagte der Trainer der Bayern, hielt inne und blickte sich vergnügt um: "Ist der Herr Bruchhagen hier?" Heynckes hat herzhaft gelacht. Der 67-Jährige hat auch noch einen Einblick in seine eigenen kleinen Kämpfe gegeben, die er führen musste bei den Münchnern, und aus denen wohl auch ein paar Wunden zurückbleiben werden.

Nicht zuletzt, weil er im Sommer gerne noch ein Jahr drangehängt hätte. Doch auch diese kleinen Spitzen gerieten launig. "Ich denke, dass man das Innenleben des FC Bayern kennen muss. Mit dem gesamten Präsidium, mit den ehemaligen großen Fußballern, die dir immer wieder Ratschläge geben und die du dann auch reflektieren und in deine Arbeit miteinführen musst und... - Sie dürfen ruhig schmunzeln", sagte Heynckes. Für diesen kurzen Momente wirkte der Fußballlehrer richtig gelöst.

Am Saisonende wird 67-Jährige den Klub verlassen, Pep Guardiola wird seinen Job übernehmen. Bis dahin haben die Bayern aber noch große Ziele, und deswegen bleibt zum Genießen des Meistertitels auch kaum Zeit. Den DFB-Pokal wollen sie genauso gewinnen wie die Champions League, in der am Mittwoch bei Juventus Turin das 2:0 aus dem Hinspiel zum Einzug ins Halbfinale genutzt werden soll.

"Jetzt müssen wir uns konzentrieren, um aus dieser Super-Saison eine Super-Super-Saison zu machen", gab Hoeneß in Auftrag. Sportvorstand Matthias Sammer hat natürlich auch rasch an die nächsten Aufgaben erinnert. Die Fragen seien jetzt doch: "Wollen wir alles oder nur ein bisschen?" Oder: "Wollen wir mehr oder wollen wir nicht mehr? Also ich hätte ganz gern mehr", sagte er.

Nach der Rückkehr nach München hatte sich auch Heynckes wie die Mannschaft einige genussvolle Momente gönnen wollen. Vielleicht werde er mit Hoeneß noch einen Rotwein trinken, hatte er gesagt. Sollten der Trainer und der Präsident tatsächlich noch miteinander auf den Titel angestoßen und dabei sogar das ZDF-Sportstudio verfolgt haben, in dem Sammer zu Gast war und immer wieder an die nächsten Ziele erinnerte, dürften sie vielleicht noch einmal geschmunzelt haben.

Denn dort war auch zu sehen, wie Hoeneß über den im Sommer ebenfalls verpflichteten Sportvorstand sagte: "Er ist ein ewiger Drängler, ein Mann, der nie zufrieden ist. Er muss auch auch mal lernen, alle Fünfe gerade sein lassen zu können." Aber Sammer habe ja auch noch nicht so viel gewonnen, das könne ja in den nächsten zehn, fünfzehn Jahren noch was werden mit ein bisschen Entspanntheit. Hoeneß grinste.

Sammer hat auch darüber gelacht, als ihm das im Studio vorgespielt wurde. "Der Uli muss mich auch mal einladen, mit nem guten Rotwein. Der muss mal vorbeikommen, mit einem richtig guten Wein, das hat er noch nicht gemacht", sagte er. Eine Spitze war allerdings ebenso zu vernehmen, als er auf den bisher letzten Champions-League-Sieg 2001 verweis, den einzigen während der Amtszeit von Hoeneß als Manager. "Wenn ich die Möglichkeit habe, über 30 Jahre zu arbeiten, will ich mehr erreicht haben", sagte Sammer. Heynckes dürfte auch diese launigen Momente genossen haben.

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