2. Liga: TSV 1860 München:Aussage gegen Aussage

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Es tun sich erste Brüche auf zwischen dem neuen starken Duo beim TSV 1860 München, Vizepräsident Schneider und Geschäftsführer Schäfer. Dabei stehen sehr wichtige Entscheidungen an.

Gerald Kleffmann

Am 14. Januar hielten Robert Schäfer, 34, der Geschäftsführer des TSV 1860 München, und Dieter Schneider, 63, der Vizepräsident, gemeinsam eine Pressekonferenz ab. Damals hatte der finanziell klamme Zweitligist das Nachlizenzierungs-Verfahren der DFL samt Liquiditätsnachweis in Höhe von 5,3 Millionen Euro bestanden. Schneider, eine Art Elder Statesman, lobte seinen jungen Mitkämpfer im Sanierungsprozess des Traditionsvereins ausdrücklich: "Vor acht Wochen hat hier ein Nobody als Geschäftsführer angefangen, und Fußball-Deutschland hat sich kaputtgelacht. Jetzt, nachdem er wochenlang Tag und Nacht gearbeitet hat, verkündet er, dass der Verein eine Zukunft hat. Deswegen ziehe ich meinen Hut vor Robert Schäfer."

Geschäftsführer Robert Schäfer. (Foto: imago sportfotodienst)

Schäfer blickte geschmeichelt. Er hatte zuvor auch ein Kompliment parat gehabt: "Dieter Schneider möchte ich persönlich danken. Ohne ihn hätte ich das nicht geschafft." Wie Vater und Sohn wirkten sie. Wie enge Vertraute.

Heute, keine zwei Wochen später, scheint sich das Verhältnis der beiden verändert zu haben.

Wer sagt bloß die Wahrheit?

Zumindest stehen jetzt Aussagen im Raum, die weniger auf ein harmonisches Gespann hindeuten - sondern auf Abstimmungsprobleme und Widersprüche. Jedenfalls wusste Vizepräsident Schneider - wie er im SZ-Interview (25.1.) betont hatte - nichts davon, dass sich sein Sportchef Miroslav Stevic am vorigen Donnerstag in Bremen mit dem Vorstandschef des HSV zu einem Verhandlungsgespräch traf. Sein Manager sollte zu jenem Personalteam zählen, das der vom HSV begehrte Matthias Sammer installieren wollte.

Von Schäfer stammte dazu bisher der öffentliche Satz: "Ich war immer über alles informiert." Das war am Montag. Am Dienstag relativierte er diesen Satz und sagte der SZ: "Ich und Dieter Schneider wussten nichts von dem Treffen." Weiter gab Schäfer zu verstehen, dass Schneider sehr wohl von Stevics Flirt gewusst habe. "Ich hatte ihn über das Interesse des HSV informiert, und zwar bevor es öffentlich wurde."

Bei Vize Schneider klang das ganz anders. Er sagte noch am frühen Freitagnachmittag, von den Gerüchten um Stevic "nicht ansatzweise" etwas zu wissen.

Wer sagt jetzt bloß die Wahrheit?

Es steht ja nun nicht nur die Version Schneiders gegen Schäfers Aussage, sein Vize habe vom HSV-Interesse grundsätzlich gewusst. Auch eine Äußerung von Stevic am Dienstag steigerte die Verwirrung in diesem Fall: "Mein Geschäftsführer wusste von Anfang an Bescheid, sonst hätte ich kein gutes Gefühl gehabt", hatte Stevic erklärt. Dieter Schneider dagegen hatte mitgeteilt, er gehe "nicht davon aus, dass Robert Schäfer speziell von diesem Gespräch ( Stevic mit Hoffmann; d. Red.) informiert wurde."

Schäfer versichert nun auf die Frage, wie es um die Kommunikation mit dem Vize bestellt sei: "Schneider ist nicht außen vor. Er ist sehr wichtig für 1860. Ich stimme mich täglich mit ihm ab." Wie auch immer, erste Brüche in der Zusammenarbeit sind sichtbar.

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So hatte der junge Geschäftsführer Schäfer vorige Woche - einen Tag vor dem Spiel in Osnabrück - gemeinsam mit Stevic ein Zeitungsinterview gegeben, in dem Trainer Reiner Maurer recht scharf kritisiert wurde ("Unsere Philosophie ist nicht sichtbar"). Das war zumindest ungewöhnlich, da nicht nur Maurers Vertrag im Sommer ausläuft - sondern auch Stevics Kontrakt, über den Schäfer bald mit dem Sportchef verhandeln soll. Schäfer spricht diesbezüglich bereits von einer "Tendenz", die er habe. Schneider indes stellte für Februar "ergebnisoffene Gespräche" in Aussicht. Zu Maurer sagt Schneider: "Ich sehe überhaupt keinen Grund für eine Trainerdebatte."

Maurers Kritiker Schäfer relativierte am Dienstag auch hierzu: "Wir brauchen weder eine Sportdirektor- noch eine Trainerdebatte." Es geht hin und her.

Offensichtlich ist in jedem Fall, dass sich die zwei Neuen - Schäfer und Schneider - nach einer Phase des Herantastens positioniert haben. Schäfer sagt selbst offen, dass er Stevic schätze, "wegen seines Fußballsachverstandes, seinem Blick für Spieler und für sein Netzwerk und vieles mehr". Es gilt als wahrscheinlich, dass Schäfer mit ihm den Vertrag verlängern will. Als Schneider zuletzt gefragt wurde, ob man mit Stevic den im Sommer auslaufenden Vertrag verlängere, gab er sich ausgesprochen reserviert.

Die nächste Belastungsprobe neben der Klärung des Sportchef- und Trainerpostens dürfte für die 1860-Führung indes schon warten. Denn die Löwen müssen wohl früher oder später Anteile des Klubs verkaufen, um erneut die Insolvenz abwenden zu können. Während Schäfer vom Berliner Investor und Spielerberater Nicolai Schwarzer - der Stevic seit Jahren kennt - angetan zu sein scheint, verhält sich Schneider auch diesbezüglich sehr defensiv.

Dass Schwarzer weiterhin im Tagesgeschäft von 1860 eine Rolle spielt, war am Montag wieder zu erfahren: Filip Krstic, 22, ein Spieler aus Schwarzers Pool, kam zum Probetraining. Am Dienstag aber urteilte Maurer, der vereinslose Profi helfe 1860 momentan nicht weiter.

© SZ vom 26.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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