SSV Jahn Regensburg:Veilchen von den Lilien

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Körper an Körper: Regensburgs Prince Owusu (links) im Clinch mit Darmstadts Klaus Gjasula. (Foto: Sascha Janne/Imago)

Beim 2:0 gegen Darmstadt machen die Regensburger viel falsch und agieren spielerisch oftmals zu mutlos. Immerhin: Sie sind sich nicht zu schade, ihren Körper zu malträtieren und Fouls zu ziehen.

Von Christoph Leischwitz

Auf die Frage, was seine Mannschaft in der zweiten Halbzeit "denn alles falsch gemacht" habe, hatte Mersad Selimbegovic eine schnelle Antwort: "Alles!" Der Trainer des SSV Jahn Regensburg fand noch mehr deutliche Worte für die Schwächen seiner Mannschaft, sie habe oft das Gegenteil von dem getan, was ausgemacht war, und der Ausblick des 40-Jährigen hörte sich auch nicht gerade positiv an: "Da haben wir sehr viel Arbeit vor uns, das wird eine schwierige Saison." Dass seine Mannschaft gerade 2:0 gewonnen hatte, schien ihn in seinen Ausführungen nicht zu stören. Ihn hatte es ja auch nicht gestört, als sein Kollege Torsten Lieberknecht von Darmstadt 98 meinte: "Es ist nicht immer so, dass die bessere Mannschaft gewinnt. Heute hat die glücklichere Mannschaft gewonnen, die besser ins Spiel gestartet ist."

Zumindest die ersten Minuten der neuen Zweitliga-Saison waren perfekt gelaufen, auch wenn das einem der Matchwinner hernach gar nicht anzusehen war. Joshua Mees kam zwar lächelnd, aber auch ordentlich lädiert in die Interviewzone, der Offensivspieler von Jahn Regensburg hatte von den Lilien ein ordentliches Veilchen mitbekommen. Aber nicht nur deshalb durfte man nach diesem 2:0 (1:0) behaupten, dass Regensburg mit einem blauen Auge davon gekommen war. Mees war einer er Schlüsselspieler gewesen, denn er hatte nach 17 Sekunden den Ball über die Linie gedrückt, und zwar nach einem Angriff, wie ihn Regensburg gerne spielt und gegen Darmstadt gerne noch sehr viel öfter gespielt hätte: Balleroberung im Mittelfeld, drei schnelle Stationen, Hereingabe, Tor.

Letztlich gerät der frühe Darmstädter Platzverweis sogar zu einem Nachteil für Regensburg

Mees wurde 37 Minuten später vom Darmstädter Patric Pfeiffer umgerannt, daher rührte auch das Veilchen und eine Platzwunde im Mund, Pfeiffer wurde mit Gelb-Rot vom Platz gestellt. Eine Co-Produktion in gewisser Weise, denn Prince Owusu, der andere Neue in der Offensive, hatte nicht nur das schnelle 1:0 eingeleitet, sondern den Innenverteidiger Pfeiffer schon nach drei Minuten zu einer gelben Karte gezwungen. Es war bisweilen schmerzhaft, aber an Cleverness hatte es Regensburg an diesem Tag eben auch nicht gefehlt. Damit zeigte sich, was gut lief: Sie sind sich nicht zu schade, ihre Körper zu malträtieren und Fouls zu ziehen, sie gewinnen viele Zweikämpfe. Owusu, sagte Trainer Selimbegovic später, sei genau so "unangenehm für den Gegner" gewesen, wie man das für die Regensburger Spielweise benötige.

Doch so mutig die Mannschaft rein körperlich agiert, so mutlos tritt sie spielerisch auf. Letztlich geriet der frühe Darmstädter Platzverweis sogar zu einem Nachteil für die Heimmannschaft, weil die Überzahl gnadenlos offenlegte, was Regensburg einfach nicht kann: das Spiel machen, den Gegner laufen lassen. Der Jahn ist eine so genannte Umschaltmannschaft, bei der es schlicht nicht zum Programm gehört, in einer Zweitligasaison überhaupt mal als Favorit auf dem Platz zu stehen. Im nächsten Heimspiel ist der Jahn übrigens ganz sicher Außenseiter, denn in knapp zwei Wochen reist der Erstligist 1. FC Köln mit dem Geschäftsführer Christian Keller zum DFB-Pokalspiel an. In derselben Eigenschaft hatte Keller acht Jahre lang für den Jahn gearbeitet, er ist maßgeblich verantwortlich für Regensburgs Spielweise, und kennt sie demnach sehr gut.

"Wir hatten in der Viererkette vier Rechtsfüßer. Die Sechser haben so noch nie zusammengespielt, auf den Außen mussten wir auch was Neues machen."

Selimbegovic befand, dass seiner Mannschaft noch viele Automatismen fehlen. Einige Probleme werden sich möglicherweise von selbst lösen, wenn der Jahn die Personalnot in den Griff bekommt. "Wir hatten in der Viererkette vier Rechtsfüßer. Die Sechser haben so noch nie zusammengespielt, auf den Außen mussten wir auch was Neues machen", zählte Selimbegovic nach dem Start auf. Zudem kann die Mannschaft noch an ihrer Torgefährlichkeit arbeiten. Nach dem x-ten langen Ball in den gegnerischen Sechzehner konnte zwar Andreas Albers das 2:0 erzielen (67.), danach aber vergab der oftmals glücklose Owusu direkt vor dem Tor (74.), und nicht nur er.

Noch auffälliger war allerdings, dass die Gäste zu zehnt das bessere Team waren und ihrerseits gute Chancen hatten. Regensburgs Sechser Benedikt Gimber lag zweimal mit einem Krampf am Boden. "Auch wenn wir einer mehr waren, gab es viel zu laufen", sagte er etwas verschmitzt. Der Trainer findet aber auch, bei allen Problemen: Wenn sie bei der Arbeit, die ihnen noch bevorsteht, zwischendurch solche Ergebnisse erzielen, sei das alles nicht so dramatisch.

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