1860 München:Im Reich der Trübsal

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Erstes Spiel und gleich verloren: Der hoffnungsvolle Zweitligist TSV 1860 München findet kein Mittel gegen Nordkoreas weinenden WM-Helden Chong Tese und unterliegt dem VfL Bochum 2:3.

Ulrich Hartmann

Der neue Bochumer Stürmer Jong Tae-Se ist bei der WM in Südafrika unlängst als weinender Patriot aufgefallen, aber solche Tränen, wie sie ihm dort beim Klang der nordkoreanischen Hymne kamen, durften die Fußballer des TSV 1860 München am Montagabend nicht bei ihm beobachten.

Stimmungswandel: Chong Tese lacht, deshalb bläst 1860 München nun Trübsal. (Foto: dpa)

Der Wahlkoreaner, der sich nach Lesart seiner japanischen Heimat nun Chong Tese nennt, schoss die Löwen im ersten Saisonspiel gleich ins Reich der Trübsal und belächelte seine beiden Tore, die dem Aufstiegsfavoriten VfL Bochum einen 3:2 (2:1)-Sieg bescherten und den Löwen gleich ein erstes Indiz dafür, dass sie in dieser Saison wohl wirklich bloß in zweiter Reihe lauern. Ihr Auftritt war respektabel, doch die Bochumer spielten effektiver. 1860-Trainer Reiner Maurer war danach stocksauer, allerdings auf den Schiedsrichter, der den Münchnern zwei durchaus berechtigte Elfmeter verweigert hatte.

Phasenweise Optimismus

Und er schimpfte über das Auftaktprogramm, das den Löwen schwere Gegner beschert. Nach dem enttäuschend knappen 2:1-Pokalsieg vor einer Woche im westfälischen Verl und dem Liga-Auftakt in Bochum gastieren die Münchner am 11. September in Duisburg und die Woche darauf am 19. September in Düsseldorf. "Da fehlen mir die Worte", sagte Maurer, der nach dem Schlusspfiff unter Strom stand und seinen Ärger loswerden musste. Offenbar ahnt er, dass den Löwen ein generell schlechter Auftakt in die Saison blüht, denn auch die spielerische Leistung in Bochum gab nur phasenweise Anlass zum Optimismus. "Wir waren nicht energisch genug bei den Spielern", monierte der Trainer zu Recht.

Am Montagabend hatte Münchens Trainer Reiner Maurer aus dem schwachen Pokalauftritt drei personelle Schlüsse gezogen und im Mittelfeld Florin Lovin, Eke Uzoma und Savio Nsereko durch Dominik Stahl, Moritz Leitner und Daniel Bierofka ersetzt. Stahl übernahm im zentralen Mittelfeld den defensiven Part und Leitner bei Ballbesitz den offensiven, was er mutig tat und so dazu beitrug, dass die Löwen den favorisierten Bochumern einen offenen Schlagabtausch lieferten.

In der 13. Minute freilich hätte Leitner gerne auf seiner Ausgangsposition links vor der eigenen Abwehr gestanden, aber weil es ihm in jenem Augenblick an Positionstreue mangelte, musste sich Linksverteidiger Stefan Buck von den Bochumern Faton Toski und Giovanni Federico mit einem Doppelpass ausspielen und letzteren zum 1:0 für die Gastgeber einschießen lassen.

"Zum Schluss zu wenig"

Die fidelen Sechziger schockierte der Rückstand allerdings nicht. Der auffällige Stürmer Djordje Rakic galoppierte mit offener Mähne wie ein Wildfang durch die Abwehr und stand deswegen in der 22. Minute recht passend, als Bochums Innenverteidiger Marcel Maltritz eine Flanke vom aufgerückten Münchener Rechtsverteidiger Antonio Rukavina unterlief. Rakic schoss mühelos zum 1:1-Ausgleich ein und herzte seine Kameraden vor der Auswechselbank, wo Maurer im Anzug noch glücklich dreinblickte.

Erst sieben Minuten vor der Pause verfinsterte sich dessen Blick wieder, weil sein Torwart Gabor Kiraly in kühnem Flug eine scharfe Flanke unterschätzte, die der ehemalige FC-Bayern-Amateur Björn Kopplin in den Münchener Strafraum drosch und dort den Kopf des nämlichen Nordkoreaners Chong Tese traf, welcher kühn zum 2:1 einnickte.

Der Fanjubel im Stadion kam diesmal von der Westtribüne, weil die Fanheimat Osttribüne nach Tumulten im letzten Spiel der vergangenen Saison gesperrt war. Vor der vollen Westtribüne musste 1860-Torsteher Kiraly die zweite Halbzeit verbringen und wirkte dort gerade 50 Sekunden nach dem Wiederanpfiff schon recht deprimiert, als nämlich Stahl im Kopfballduell gegen den erneut sprunggewaltigen Chong Tese den Kürzeren zog, sich zu Boden stoßen ließ und den Ball im Sturz ins eigene Tor fliegen sah, was auch der springende Kiraly nicht zu verhindern wusste. Eine Viertelstunde lang schienen die Münchner das 1:3 als Vorentscheidung akzeptieren zu wollen, doch dann bereitete Leitner dem zuvor unauffälligen Stürmer Benjamin Lauth in der 59. Minute recht unvermittelt den Anschlusstreffer zum 2:3 vor und ließ noch einmal Hoffnung keimen.

Maurer brachte zum Schluss noch Emanuel Biancucchi für Rakic und Eke Uzoma für Stahl, aber die viel zu zaghaften Bemühungen, dieses Spiel noch einmal zu drehen, wurden nicht belohnt. Auch der zuvor eingewechselte Nsereko blieb blass. "Wir haben eine Supermoral gezeigt", meinte zwar Stefan Aigner, der ja 1860 eventuell verlassen wird und sich angeblich diesen Dienstag zu einem Verhandlungsgespräch mit dem VfB Stuttgart trifft. Aber er gab auch zu: "Das war zum Schluss zu wenig."

© SZ vom 24.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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