1860 München: Beeck tritt zurück:Wieder ein neuer Präsident

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Nach Rainer Beecks plötzlichem Rücktritt übernimmt Vize Dieter Schneider die Führung beim TSV 1860. Mit dem 32. "Löwen"-Präsident der Vereinsgeschichte verknüpfen viele im Klub große Hoffnungen.

Gerald Kleffmann

Es waren nur drei Worte, aber sie symbolisieren wieder einmal einen überraschenden Zeitenwechsel beim TSV 1860 München: "Beeck tritt zurück", hieß es im Internet am späten Montagmorgen. Schnell verbreitete sich die Nachricht, dass sich der aktuelle Löwen-Präsident Rainer Beeck beim bayerischen Traditionsverein zurückziehen werde. Vizepräsident Franz Maget bestätigte kurz darauf der SZ, dass es tatsächlich zu einem Wechsel an der Spitze kommen wird. Vizepräsident Dieter Schneider rückt auf. "Er ist bereit", sagte der Politiker.

Dieter Schneider (li.), neuer Präsident des TSV 1860, neben Rainer Beeck, der am Montag seinen Rücktritt bekannt gab. (Foto: N/A)

Schon kommenden Montag soll der 63-Jährige die Führung beim finanziell schwer angeschlagenen Fußball-Zweitligisten übernehmen. Auf einer Aufsichtsratssitzung vor dem Heimspiel des TSV gegen Fortuna Düsseldorf (20.15 Uhr) soll die Ablösung perfekt gemacht werden. Wer neuer Vize wird, steht offenbar noch nicht fest. "Alle stehen hinter Dieter Schneider", betonte Maget hinsichtlich der Rückendeckung der Gremiumsmitglieder, "wir waren in einer Situation, in der wir überlegen mussten, ob er ganz in die Verantwortung gehen sollte."

Schneider, der am Montag keinen Kommentar abgeben wollte, genießt im Verein - wie überall zu hören - größtes Ansehen. Maget bezeichnete den neuen starken Mann als "Glücksfall" für die Münchner, der "Gold wert" sei.

Schneider, der bereits als Sponsor mit einer seiner Firmen bei 1860 engagiert gewesen war, war erst am 23. Oktober 2010 für den freiwillig in den Aufsichtsrat rotierenden Michael Hasenstab ins Präsidium gewählt worden; Hasenstab schied damals offiziell aus beruflichen Gründen aus. Bei Beeck ist die Situation offenbar ähnlich. Maget erklärte, dass sich bei dem Münchner Flughafenmanager "in den letzten Monaten privat und beruflich viel ergeben" habe.

Für 1860, sollte das bedeuten, habe er zu oft zu wenig Zeit gehabt, und das in einer besonders schwierigen Situation des Klubs, die eine fast permanente Präsenz der Löwenführung erfordert. "Für 1860 war Rainer Beeck unglaublich wichtig", lobte Maget den Präsidenten, der noch gut eine Woche im Amt sein wird. "Er kam in einer Phase, in der alle intern zerstritten waren. Er ist eine integrative Persönlichkeit, die von allen hoch geschätzt wird."

Im Verein ist nun die Hoffnung groß, dass Schneider 1860 endlich auf Kurs bringt. Der Vater von vier Kindern gilt als fähiger Sanierer, zuletzt hat er unter anderem ein Autohaus vor dem Aus bewahrt. Zu den Löwen kam er offensichtlich zur richtigen Zeit und vor allem: keine Sekunde zu spät. Ende Oktober bewahrte er den Klub mit hohem - auch finanziellem - Engagement vor der Insolvenz. Dem Vernehmen nach habe er damals aus eigener Kasse einen sechsstelligen Betrag nachgeschossen.

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Mitte Januar bestand der TSV wiederum ein Nachlizenzierungsverfahren bei der Deutschen Fußball Liga; dabei musste Sechzig einen Liquiditätsnachweis in Höhe von 5,3 Millionen Euro erbringen. "Wir sind alle glücklich, dass er da ist", hob Maget hervor, "er hat sich mehr als alle anderen mit Sachverstand und gewaltigem Zeitaufwand auch ums operative Geschäft gekümmert." Schneider steht dem neuen engagierten Geschäftsführer Robert Schäfer, 34, nahezu täglich beratend zur Seite, das war von Beginn an so und ist es heute noch. Nun wächst Schneiders Einfluss abermals. Er wird der 32. Löwen-Präsident der Vereinsgeschichte.

Zu wenig Zeit für den Klub: Rainer Beeck kümmert sich in Zukunft wieder um seine Geschäfte. (Foto: dpa)

Erstaunlich ist diese rasante Entwicklung durchaus, schließlich war der Unternehmer vor kurzem der breiten Löwen-Öffentlichkeit kaum bekannt. Darüber hinaus kümmert er sich gerade explizit um den Sanierungsprozess, im Grunde vermengen sich die Funktionen zwischen Präsidium und Geschäftsführung. Eine nicht ganz unheikle Konstellation. In den vergangenen Jahren zum Beispiel hatte es diverse Machtkämpfe bei den Löwen gegeben, mancher Geschäftsführer spielte Präsident, und mancher Präsident Geschäftsführer, stets folgten daraus interne Querelen.

Diesmal stört es offenkundig keinen bei 1860, und das aus gutem Grund. Mit seiner unprätentiösen, gewieften und glaubwürdigen Art hat Schneider bereits viele Pluspunkte sammeln können. "Er hat eine große Erfahrung und ist ein sehr solider Kaufmann", urteilte Maget, der hofft, dass Schneider nun "verlorengegangenes Vertrauen zurückgewinnen" kann, bei Sponsoren also, bei Banken, aber auch bei einem anderen speziellen Partner.

Das Verhältnis zum Arena-Besitzer FC Bayern hat sich bereits deutlich entkrampft, man redet wieder vernünftig miteinander. Zuletzt haben die Bayern erneut Schulden der Löwen gestundet. Auch hinsichtlich der hohen Cateringkosten, deutete Schneider jüngst an, könnte sich etwas bewegen.

Beeck dagegen hatte lange Zeit den Anti-FCB-Kurs des ehemaligen Geschäftsführers Manfred Stoffers mitgetragen, was dem Verein rückblickend betrachtet geschadet hat. Erst nach dem Rücktritt von Stoffers forcierte Beeck selbst wieder den Dialog mit dem FC Bayern.

© SZ vom 01.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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