1. FC Nürnberg:Es gibt viel zu besprechen beim Club

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Mikael Ishak war beim Aufstieg vor zwei Jahren mit zwölf Toren Nürnbergs bester Stürmer. Wohin es ihn selbst nach einer überstandenen Relegation ziehen wird, ist noch nicht klar. (Foto: Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Der FCN hat im Relegations-Rückspiel gegen Ingolstadt eine gute Position, um die missratene Saison glimpflich zu beenden. Doch dann beginnt das große Aufräumen.

Von Sebastian Fischer

Als Michael Wiesinger nach dem 2:0 gegen den FC Ingolstadt die Kabine der Fußballer des 1. FC Nürnberg betrat, machte er eine wichtige Beobachtung. Er sah offenbar nicht zu viel ausgelassene Freude über den Erfolg im Hinspiel zur Relegation zur zweiten Bundesliga. "Keinerlei Anzeichen, dass irgendjemand glauben könnte, dass wir schon durch sind", so sagte er es am Tag vor dem Rückspiel an diesem Samstag. Danach wird feststehen, ob diese an Enttäuschungen reiche Saison für den neunmaligen deutschen Meister, die nach dem neunten Abstieg in die zweite Liga im vergangenen Sommer mit Rückkehrambitionen in die erste Liga begonnen hatte, glimpflich ohne Abstieg in die dritte Liga endet. Es werde "ein absoluter Fight", sagte der Interimstrainer. Er weiß, dass es eine ähnliche Situation vor ein paar Wochen schon mal gab.

Am 32. Spieltag gewann der Club mit 6:0 gegen den SV Wehen Wiesbaden und hatte Vorsprung auf den Relegationsplatz - bis die Mannschaft am 33. Spieltag mit 0:6 gegen den VfB Stuttgart verlor und der Vorsprung wieder weg war. Doch das Team, das Ingolstadt schlug, war auf wichtigen Positionen ein anderes.

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Nachdem Wiesinger, 47, und sein Assistent Marek Mintal, 42, für den nach dem 34. Spieltag entlassenen Jens Keller übernahmen, haben sie in einem Kurztrainingslager in Bad Gögging viel über Zusammenhalt und Emotionen gesprochen. Man sah das, wie von Wiesinger angekündigt, schon beim Warmmachen: Als die Spieler jeden Treffer beim Torschussüben beklatschten. Es sei wichtig gewesen, "dass wir zusammen einen Pakt schließen", sagte er am Freitag. Und es ist beachtlich, welche Spieler dieser Pakt als Protagonisten vorsieht.

Neben dem zweimaligen Torschützen Fabian Nürnberger, 20, den Wiesinger statt im defensiven im linken Mittelfeld aufstellte, waren die entscheidenden Änderungen womöglich die Aufstellungen von Dinos Mavropanos in der Innenverteidigung, Patrick Erras im defensiven Mittelfeld und Mikael Ishak als Angreifer neben Adam Zrelak im ebenfalls neuen 4-4-2. Mavropanos war auch unter Keller bereits gesetzt, aber zuletzt angeschlagen. Erras durfte seine Rolle anders interpretieren als unter Keller, er hatte öfter den Ball, ließ sich im Spielaufbau immer wieder zwischen die Innenverteidiger fallen, gab so den Rhythmus vor. Und Ishak, unter Keller und auch dessen im Herbst entlassenen Vorgänger Damir Canadi nur Ersatz, wirkte wie ausgewechselt: torgefährlich und engagiert. Alle drei haben gemeinsam, dass ihr für die Relegation angepasster Vertrag am Sonntag endet.

Im Fall von Mavropanos, im Winter vom FC Arsenal geliehen, ist das wenig umstritten; schon in seinen ersten Einsätzen in der Rückrunde sah man ihm das Potenzial für höhere Aufgaben als die zweite Liga an. Doch was Ishak, 27, und Erras, 25, angeht, sind zwei drohende ablösefreie Verluste nun Gegenstand der Diskussionen. Schließlich war Ishak beim Aufstieg vor zwei Jahren mit zwölf Toren und acht Vorlagen beteiligt und scheint den Eindrücken vom Dienstag zufolge weiterhin in der Lage zu sein, an diese Form heranzureichen. Auch die für die zweite Liga hohen Fähigkeiten von Erras, seit der D-Jugend im Verein, sind offensichtlich.

Erras, heißt es, sei vor ein paar Wochen von Sportvorstand Robert Palikuca zum Gespräch über seine Zukunft gebeten worden - allerdings ohne Beisein des Beraters und ganz offensichtlich ohne Einigung. "Der Junge weiß, dass wir ihn gern halten wollen. Jedoch warten wir noch auf seine grundsätzliche Entscheidung, ob er beim Club bleiben möchte", sagte Palikuca am Freitag auf SZ-Anfrage. Man habe ihm "kurz nach dem Restrundenstart ein konkretes Angebot unterbreitet".

Das Angebot lehnte Erras allerdings ab. Ishaks sportliche Zukunft ist ähnlich fraglich, natürlich steht auch Palikuca selbst für die Auswahl von zwei wieder entlassenen Trainern und die Zusammenstellung des Kaders im Zentrum der Kritik. Und auch jene, die nach dem Spiel wohl über seine Zukunft entscheiden, sind Gegenstand der Debatten: Aufsichtsratschef Thomas Grethlein hatte es am Dienstag zu ungewohnter Popularität gebracht, nachdem er während des auf drei Sendern übertragenen Spiels nicht nur - wie während der Nürnberger Geisterspiele üblich - seine Unterstützung vom Oberrang lautstark auf den Rasen rief, sondern diesmal auch, von den Kameras beobachtet, das Spiel mit Zigarre und Bier verfolgte.

Es gibt bald viel zu besprechen und zu entscheiden in Nürnberg. Doch erst mal muss im Rückspiel der 2:0-Vorsprung reichen. Ingolstadt muss angreifen. "Wir sind darauf vorbereitet, dass es in der Anfangsphase intensiv wird", sagte Wiesinger. Über seine Zukunft sprach er nur kurz: Er gehe, "Stand jetzt", davon aus, dass er am Sonntag wieder in seinen Job als Nachwuchsleiter zurückkehre.

© SZ vom 11.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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