1. FC Nürnberg:Fiél schwärmt nur vom Tabellenführer

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Worte statt Taten: Trainer Cristian Fiél (links, mit Erik Wekesser) versuchte diesmal vergeblich, seine Spielidee durchzusetzen. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Beim 0:2 gegen St. Pauli spielt der Gegner so, wie der Club gerne spielen würde. Gegen die Spitzenmannschaften können die Nürnberger schlicht nicht mithalten - so erübrigen sich alle Träume.

Von Christoph Ruf

Irgendwann, Mitte der ersten Halbzeit, kam dann doch ein wenig Glamour in einen Nachmittag, der aus Sicht der Gastgeber trister kaum hätte ausfallen können. Via Transparent gratulierte da die Nürnberger Nordkurve "Eckes" zum 60. Geburtstag. "Eckes", mit bürgerlichen Namen Dieter Eckstein, besitzt eine bewegte und streckenweise sehr traurige Vita. Beim Club steht er allerdings ausschließlich für glückliche Jahre: Von 1985 bis 1988 und von 1990 bis 1994 schoss er 66 Bundesliga-Tore für die Franken. Er war Teil der Nürnberger Mannschaft, die 1988 Fünfter wurde - in der ersten Liga, wohlgemerkt.

Mehr als 35 Jahre später erinnert beim Club, sieht man mal vom Eckstein-Poster im Innenleben der Haupttribüne ab, nicht mehr allzu viel an die Zeiten von damals. Die Zuschauer kommen zwar immer noch in Massen - über 41 000 waren es am Samstag. Doch die Söhne, Töchter und Enkel der Fans aus den Achtzigern haben sich daran gewöhnt, dass die Machtverhältnisse im deutschen Fußball nichts mehr mit denen aus dem vergangenen Jahrtausend zu tun haben.

Noch bedauerlicher war aus Sicht der Franken am Samstag, beim 0:2 gegen den FC St. Pauli, allerdings eine andere Erkenntnis: Die, dass der Club derzeit schlicht nicht mithalten kann, wenn es gegen die vier, fünf besten Mannschaften der zweiten Liga geht. Nicht, dass er das müsste in dieser Umbruchsaison - aber nach dem jüngsten Sieg in Magdeburg haben halt einige Fans doch wieder angefangen, das Restprogramm im Hinblick auf den Relegationsplatz durchzugehen. Doch der schien am Samstag nicht nur tabellarisch sehr weit entfernt; es ging gegen eine Mannschaft, die nach ziemlich einhelliger Branchen-Einschätzung in der kommenden Saison in jener Spielklasse mitmischt, wo "Eckes" einst zum Nationalspieler wurde. Auch Nürnbergs Trainer Cristian Fiél sagte nach dem Spiel zum Gegner: "Gehört sich jetzt noch nicht, darüber zu reden, was nächste Saison kommt, aber ich sage jetzt einfach mal: viel Spaß."

Spaß hatte sein Team am Samstag nicht. Teil ihres Spiels, für das Fiél wie kaum ein anderer Trainer steht, ist im Normalfall eine aktive, auf eigenem Ballbesitz basierende Spielweise. Doch die wurde dem Club nicht gestattet. Einmal traf Benjamin Goller, der noch zu den Besten zählte, den hinteren Teil des Außennetzes. Das war's.

Am Ende sei es einfach darum gegangen, nicht noch mehr Tore zu kassieren, sagt Fiél

"Wir verlieren jedes Duell, geben die Bälle zu leicht her und konnten überhaupt keine Entlastung schaffen", gab der FCN-Coach dann auch zu. Am Ende sei es einfach darum gegangen, in einer einseitigen Partie nicht noch mehr Tore als die beiden von Johannes Eggestein (44.) und dem starken Marcel Hartel (62.) zu kassieren. Es war schließlich genau so, wie es St. Pauli-Trainer Fabian Hürzeler gesehen hatte, der das Spiel bei 13 Grad Celsius in dicken schwarzen Handschuhen beobachtet hatte: "Wir wurden von Minute zu Minute dominanter, dadurch konnten wir Nürnberg in ihrer Hälfte lassen."

Für die Zuschauer waren die 90 Minuten dabei manchmal sogar eher langatmig, es gab wenig Torraumszenen. Doch die knapp 4000 Gästefans kamen auch so auf ihre Kosten. Nach Jahrzehnten, in denen am Millerntor bei Fußballspielen nur höchst selten Fußball gespielt wurde, haben sie dort jetzt eine technisch beschlagene Elf beisammen, die mannschaftstaktisch bestens eingestellt ist. Das Leben ist bei St. Pauli derzeit ein langer ruhiger Ballfluss, und wenn das Spielgerät dann doch einmal bei einem Nürnberger war, holten ihn sich drei, vier Hamburger mittels überfallartigen Pressings eben halt wieder zurück - ein Fußball, dem Fiél viel abgewinnen kann, wie er neidlos zugab: "Da muss man schon das Spiel nicht mögen, wenn einem das nicht gefällt."

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