Nach der nicht nur in der Höhe überraschenden Nürnberger 1:4-Niederlage beim Karlsruher SC gab es aufseiten des Verlierers viele ehrliche Worte zu hören. Die in der Branche weitverbreitete Unsitte, sich in Positivrhetorik zu flüchten, sobald es unangenehm wird, scheint nicht zu den Nürnberger Schwächen zu gehören. "Wir haben defensiv nicht stattgefunden", sagte beispielsweise FCN-Trainer Cristian Fiél. "Wir haben die direkten Duelle verloren, keinen einzigen zweiten Ball gewonnen, gefühlt war jeder gegnerische Angriff gefährlich." Auch Verteidiger Jannis Horn war völlig bedient: "2:1 zu verlieren ist schon blöd, aber dass wir uns so abschießen lassen, darf uns einfach nicht passieren."
Dabei hatte der Nürnberger Innenverteidiger, wie er natürlich ehrlich zugab, einen gewissen Anteil an der Niederlage, weil er vor dem ersten Karlsruher Treffer weggerutscht war und so auf Gegenwehr verzichten musste, sodass Paul Nebel bereits nach elf Sekunden den ersten von vier Treffern erzielen konnte. Er habe sich "selbst in die Hacken getreten", berichtete er nach dem Spiel - was als Geständnis einigermaßen sinnbildlich für die gesamten 90 Minuten war. Denn während der Club offensiv nichts zuwege brachte und dennoch defensiv wackelte, kombinierte sich der KSC Chance um Chance heraus.
Dass die Treffer zwei bis vier erst relativ spät fielen - Fabian Schleusener (70.) und Budu Zivzivadze (89./90.+4.) waren so frei -, war angesichts von vier, fünf guten Karlsruher Möglichkeiten zuvor überraschend, ein deutlich höheres Ergebnis hätte den Spielverlauf auch ganz gut wiedergegeben. So aber hielt der zwischenzeitliche Ausgleich durch Can Uzun (61.) den Club lange Zeit im Spiel. Es war der sechste Saisontreffer des Mannes, den der Club laut einer Meinungsäußerung auf der Mitgliederversammlung am vergangenen Donnerstag niemals verkaufen sollte, "auch für 50 Millionen nicht". Uzun hatte, bevor er die zweite Club-Chance zum zwischenzeitlichen Ausgleich genutzt hatte, auch die erste Gelegenheit für die Franken gehabt. Die vergab er kurz vor dem Halbzeitpfiff, nachdem er den mitgelaufenen Kollegen Benjamin Goller vielleicht besser nicht übersehen hätte (45.).
Die zuvor punktgleiche SpVgg Greuther Fürth macht es im Parallelspiel besser
Mehr passierte dann allerdings nicht mehr vor dem Karlsruher Tor, sieht man einmal vom Schuss Daichi Hayashis ab, den der sonst ziemlich beschäftigungslose KSC-Keeper Patrick Drewes spektakulär parierte (79.). Umso ärgerlicher aus Nürnberger Sicht, dass es die Basics waren, die im Spiel fehlten: die nötige Energie bei Zweikämpfen beispielsweise, vor allem im eigenen Strafraum, wo "unbedingt gegen den Mann und nicht im Raum verteidigt wird", wie Fiél betonte - genau das unterblieb allerdings beim ersten und beim vierten Gegentreffer. Das alles war umso bedauerlicher, als eine Partie Karlsruhe gegen Nürnberg in dieser Spielzeit eine zwischen zwei Mannschaften ist, die mit Trainern der gleichen Generation (Christian Eichner, 41/ Fiél 43) einen ähnlichen, offensiv ausgerichtete Kombinationsfußball spielen lassen und ihrem Publikum selten pragmatischen Langweilerfußball bieten. Zu gerne hätte man diese auch so schon unterhaltsame Partie deshalb mit einer Nürnberger Mannschaft gesehen, die in den Grundtugenden ähnlich überzeugend agiert wie beim starken 3:1-Sieg in Paderborn vor der Länderspielpause.
Gleichzeitig mit dem FCN spielte auch der andere, bis dahin mit dem Club punktgleiche fränkische Zweitligist - und das deutlich erfolgreicher. Mit 2:0 gewann die Spielvereinigung Greuther Fürth nach Toren von Armindo Sieb (20.) und Branimir Hrgota (84.) ihr Heimspiel gegen den SV Wehen Wiesbaden. Das Team von Alexander Zorniger landete damit den vierten Sieg in Serie und ist plötzlich nur noch zwei Zähler vom dritten Tabellenplatz entfernt.