1. FC Köln:Wie in einem Horrorfilm

Lesezeit: 2 min

Bedient: Kölns Spieler nach dem 0:2 gegen Berlin. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Nach der Heimniederlage gegen Berlin steht der 1. FC Köln nach 13 Spieltagen mit zwei Punkten abgeschlagen am Tabellenende.
  • Die Personalsituation ist so schwierig, dass Trainer Stöger auf einen 16-jährigen Verteidiger setzen muss.
  • Stöger ist trotz allem entschlossen, weiterzumachen. Die Frage ist, ob er darf.

Von Sebastian Fischer, Köln

Der Applaus sollte Mut spenden, doch er war ein Vorbote des Unglücks. Die Bundesligakarriere des Kölner Fußballers Yann Aurel Bisseck war 90 Sekunden alt, als er zum ersten Mal den Ball berührte. Die Zuschauer klatschten Beifall, wie man ihn in Fußballstadien selten hört: voller Behutsamkeit. Es war beinahe mütterlicher Beistand für Bisseck, diesen 16 Jahre und 362 Tage alten Verteidiger, der am Sonntag gegen Hertha BSC die ganze Not des 1. FC Köln symbolisierte; die Not, die später am Abend, nachdem der FC mit 0:2 (0:1) verloren hatte, noch größer geworden war. Das sei "ein richtungsweisendes Spiel", hatte der Kölner Trainer Peter Stöger schon vorher gesagt. Freiburg und Hamburg, zwei Konkurrenten im Abstiegskampf, hatten gewonnen. Es wurde dann ein Spiel, das Richtung Abstieg wies.

Der FC hat nach 13 Spielen weiterhin nur zwei Punkte gesammelt. Und der Ton wurde rauer. "Irgendwann bist du vom Kopf her am Arsch", sagte etwa Kapitän Matthias Lehmann: "Wenn du so viele Schläge in die Fresse kriegst, zermürbt dich das irgendwann. Das macht dich kaputt." Auf die unvermeidliche Frage nach der Zukunft des Trainers reagierte Lehmann überraschend ausweichend. "Es ist nicht meine Aufgabe, den Trainer zu köpfen. Das ist Aufgabe der Leute oben oder vom Trainer selbst", sagte er. Daraufhin Stöger: "Ich weiß nicht, ob man das Wort köpfen in dem Fall verwenden kann." Er wolle in jedem Fall weitermachen, sagte der Trainer, "da könnt ihr auch denken, dass ich nicht ganz dicht bin".

Dass es schwer werden würde zu punkten, war schon an der Aufstellung abzulesen gewesen. Köln fehlten elf Spieler. Sörensen war gesperrt, Heintz, Maroh, Queiros und Hector verletzt, Jannes Horn grippekrank - allesamt Verteidiger. Im Mittelfeld fehlten Höger, Risse und Clemens, im Sturm Zoller und Cordoba. Stöger improvisierte, indem er eine Fünfer-Abwehrreihe aufbot, in deren Zentrum Lehmann verteidigte, eigentlich Mittelfeldspieler. Und daneben spielte Bisseck, der zweitjüngste Fußballer der Liga-Geschichte. Er spielte ohne Fehler, doch das half auch nichts.

Zunächst schien sich der Mut von den Rängen auf den Rasen zu übertragen. Immerhin hatte die Mannschaft am Donnerstag den FC Arsenal in der Europa League 1:0 besiegt. Köln hatte nach acht Minuten die erste Chance durch Guirassy. Doch der Mut war spurlos verschwunden, als Berlins Ibisevic nach 17 Minuten zur Führung traf. Selkes Kopfball nach einer Ecke hatte Kölns Torwart Timo Horn nicht festhalten können, sondern den Ball vor sich fallen gelassen. Auch Berlin war eigentlich verunsichert nach Köln gereist, hatte zwei Ligaspiele in Serie nicht gewonnen. Doch gegen eine Kölner Mannschaft, die mit jeder Sekunde mehr verzweifelte, konnte die Hertha ihrem Spiel beruhigt eine solide Struktur verleihen.

Aus Sicht der Kölner lief das Spiel ab wie der immer gleiche Horrorfilm. Yuya Osako etwa, ein den Eindrücken der vergangenen Jahre zufolge fähiger Fußballer, bestritt Zweikämpfe wie eine Puppe aus Luft. Milos Jojic versuchte es im Mittelfeld wie ein gedankenverlorener Künstler mit Hackentricks - ins Nichts.

Und natürlich kam auch dieses Spiel, wie so viele des FC in diesen Wochen, nicht ohne eine Schiedsrichter-Entscheidung mit Hilfe des Video- Assistenten aus, die das Kölner Unglück bestätigte. Bibiana Steinhaus entschied nach drei Minuten langer Überlegung in der 49. Minute nicht auf Strafstoß, Herthas Verteidiger Karim Rekik war der Ball an die Hand gesprungen. In der 64. Minute pfiff sie dann auf der anderen Seite Elfmeter, nachdem Lehmann Selke gefoult hatte. Ibisevic traf, das Spiel war entschieden. Und viele Zuschauer, die zu Beginn noch Mut gespendet hatten, verließen lange vor dem Schlusspfiff das Stadion.

© SZ vom 27.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Borussia Dortmund
:Das sind die Konstruktionsfehler im Dortmunder Edelkader

Dass die Trennung von BVB-Trainer Peter Bosz verschoben wird, hängt mit einer fehlenden Alternative zusammen. Spannend wird, ob er oder ein Nachfolger eine clevere Idee haben, um das Thomas-Tuchel-Trauma im Klub zu überwinden.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: