Da landet man am Urlaubsort und fühlt sich so dumpf, schlapp und elend, dass man schwört, nie wieder zu fliegen. Kann Jetlag so schlimm sein? Ja. Um es drastisch auszudrücken: Im Prinzip ist Jetlag die Folge eines Verstoßes gegen kosmische Rhythmen. Da wir auf einem Planeten leben, der im 24-Stunden-Takt der Sonne mal die eine, mal die andere Seite zudreht, hat der Mensch eine innere Uhr entwickelt, die diesem Zeitrahmen folgt. Dieser Rhythmus von rund 24 Stunden ist so stabil, dass ihn selbst Menschen beibehalten, die vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten sind. In dieser Taktung ist einfach nicht vorgesehen, dass Erdbewohner sich rasend schnell über den Planeten bewegen. Während der Flieger in eine andere Zeitzone düst, bleibt der Rhythmus des Körper buchstäblich auf der Strecke.
Als Faustregel gilt beim Langstreckenflug: Pro Stunde Zeitverschiebung in Richtung Westen braucht der Körper einen Tag, um sich umzustellen - bei Flügen nach Osten sogar eineinhalb Tage. Wer also von Deutschland aus nach Los Angeles fliegt, ist erst nach acht Tagen voll an den dortigen Tagesrhythmus angepasst.
Bei Kurztrips lohnt es daher gar nicht erst, den festen Rhythmus aus dem Takt zu bringen. Bei längeren Reisen ist es jedoch sinnvoll, die innere Uhr auf den Zielort einzustellen. Dabei sollte man seinen Tagesablauf möglichst sofort an die neue Zeitzone anpassen. Einige Tricks helfen, dabei die schlimmsten Härten abzumildern:
Vorbereitung ist alles
Sind Sie schon mal um die halbe Welt geflogen, freuen sich auf neue Eindrücke - und finden sich in einem Fast-Food-Lokal wieder, das es genauso auch zu Hause gibt? Eine Ursache dafür könnte sein, dass Jetlag das Konzentrations- sowie Kommunikationsvermögen beeinträchtigt und die Entscheidungsfähigkeit um bis zu 50 Prozent reduziert. Entschlüsse werden nicht mehr nach sorgfältigem Abwägen gefasst, sondern folgen eingeschliffenen Routinen. Für Fernreisende ist daher sinnvoll, möglichst vorbereitet und orientiert im Urlaubsort anzukommen. Komplizierten Verhandlungen und schwierigen Planungen ist das Jetlag-Hirn wahrscheinlich nicht gewachsen.
Auch Autofahren mit heftigem Jetlag ist nicht zu empfehlen - schon gar nicht an Orten mit unübersichtlichem Verkehr. Selbst bei Langstreckenpiloten, die an Reisen über die Zeitzonen hinweg gewohnt sind, hat die Nasa beobachtet, dass sie in den letzten 90 Minuten des Fluges im Schnitt sechs Mal kurz einnickten - und zwar mindestens fünf Sekunden lang. Hinter dem Steuer kann Ihnen das genauso passieren - ohne dass Sie sich auf den Autopiloten oder den zweiten Piloten verlassen können.
Wer entgegen dem inneren Rhythmus wach und handlungsfähig bleiben will, kann versuchen, kurze Schlafpausen einzulegen. An den Fernstreckenpiloten zeigte die Nasa, dass sich der häufige Sekundenschlaf um mehr als die Hälfte reduzieren ließ, wenn die Piloten rund 25 Minuten lang schlummerten. Auch waren sie konzentrierter als die Kollegen einer Vergleichsgruppe, die ohne Schlafpause flogen. Bereits ein 15-Minuten-Nickerchen - so hat ein anderer Versuch ergeben - macht so wach wie zwei Tassen Kaffee.
Kaffee, aber richtig
Kaffee besticht vor allem durch seine schnelle Wirkamkeit. 15 bis 20 Minuten nachdem die Tasse geleert wurde, beginnt das Koffein zu wirken. Wer eine längerfristige Stimulierung will, sollte immer wieder eine kleines Tässchen Kaffee trinken. Forscher der Harvard-Universität empfehlen als optimale Dosis für Nachtarbeiter und Jetlag-Geplagte eine Viertel Tasse normal starken Kaffee pro Stunde. Wer dagegen einen großen Becher rasch leert, erlebt zwar die schnelle, heftige Munterkeit, ebenso aber den großen Leistungsabfall, wenn die Wirkung nachlässt - und vielleicht auch Herzrasen, Händezittern und Magenprobleme. Die Wirkung von Koffein erhöht sich noch, wenn der Reisende in den Tagen vor dem Flug ganz auf Kaffee verzichtet und ihn erst am Zielort wieder trinkt.
Wichtigster Taktgeber für die innere Uhr ist das Tageslicht. Wer wachbleiben will, sollte möglichst viel Sonnenlicht an seine Augen lassen. Ein Spaziergang ist dabei besonders effektiv, denn auch Bewegung hilft, wach und konzentriert zu bleiben. Damit das umnebelte Hirn nicht die Zeiten für Lichtbad und Schlafen durcheinander bringt, gibt es spezielle Jetlag-Rechner. Sie sagen, nach welcher Zeitverschiebung wieviel Sonne zu welcher Stunde am hilfreichsten ist. Die British Airways beispielsweise bietet ein solches Tool kostenlos im Internet an.
Hungern gegen Jetlag
Wissenschaftler fanden heraus, dass die biologische Uhr nicht nur vom Licht, sondern auch vom Angebot an Essen gesteuert wird. Harvard-Wissenschaftler stellten die These auf, dass Fasten den Körper rasch an einen neuen Tagesrhythmus anpassen kann. Zumindest an Mäusen haben sie beobachtet, dass Nahrungsknappheit enorm wach macht - wahrscheinlich, um den Tieren die Futtersuche zu erleichtern.
Die Forscher vermuten auf Grund dieser Beobachtung, dass es den Jetlag mindern kann, wenn man rund 16 Stunden ohne Nahrung bleibt und erst am Zielort wieder etwas isst. Sie schließen auch nicht aus, dass es bereits einen positiven Effekt habe, nur während des Fluges nichts zu essen. Ob man es nun mit Fasten probiert oder nicht. Als recht sicher gilt, dass der neue Tagesrhythmus sich leichter einstellt, wenn auch die Mahlzeiten rasch an die neue Zeitzone angepasst werden
Vor einiger Zeit elektrisierte die Meldung die Medien, dass das Potenzmittel Viagra Jetlag bekämpfen könne. Bewiesen war dies allerdings nur an Hamstern, und was die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen anbelangt, gibt es mittlerweile große Zweifel.
Mehr Wirkung - obwohl auch diese nicht ganz sicher erwiesen ist - hat wahrscheinlich Melatonin. Das Hormon, auch "Dunkel"- oder "Schlaf"-Hormon genannt, macht in hoher Konzentration müde genug zum Einschlafen, in niedriger Menge jedoch wach. In den USA sind Melatoninpräparate frei erhältlich und werden von Vielfliegern als Erleichterung angesehen. In Deutschland sind sie verschreibungspflichtig. Wenn überhaupt, sollte das Präparat zur gewünschten Schlafenszeit am Zielort eingenommen werden.
Während des Fluges sind weder Melatonin noch andere Schlafmittel empfehlenswert. Sie können zu übergroßer Müdigkeit und Handlungsunfähigkeit bei Ereignissen wie ungeplanten Zwischenlandungen oder Notfällen führen.
Sternenhimmel an Bord
Flugzeughersteller setzen zunehmend auf spezielle Kabinenbeleuchtung, um Jetlag zu mildern. So sollen Lampen den Sternenhimmel an die Decke projizieren und sanfte Morgenröte oder volles Sonnenlicht simulieren - angepasst an die Tageszeit am Zielort. Der Passagier soll so schon während des Fluges mit der Umstellung seiner inneren Uhr beginnen.