Reisebuch "Strand":Kein schöner Sand

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Wenn man am Strand etwas partout nicht möchte, dann: Anweisungen zu bekommen. Ein Sommertag am Strand in Chalkidiki. (Foto: Theocharis Charitonidis/PantherMedia)

Die Rückkehr ins Paradies: Stella Bettermann hat eine "Gebrauchsanweisung für den Strand" geschrieben.

Rezension von Stefan Fischer

Können wir denn gar nichts mehr einfach mal tun? Müssen wir uns immer erst absichern? Am besten mit einer Gebrauchsanweisung fürs Leben und all seine Teilbereiche, also sogar mit einer für den Strand?

Ein gestreiftes Handtuch, darauf eine Sonnenbrille und der Schattenwurf von Palmwedeln wie auf dem Cover von Stella Bettermanns "Gebrauchsanweisung für den Strand": Damit ist doch eigentlich alles gesagt. Wozu noch die vielen Seiten hinter dem Cover? Denn wenn man an einem Strand etwas partout nicht möchte, dann: Anweisungen zu bekommen.

Allzu rigoros ist Bettermann erfreulicherweise nicht. Sie ist weder der Typ Trillerpfeifen-Bademeisterin noch eine Etepetete-Benimmregel-Gouvernante. Lässt also viel gelten und durchgehen am Strand. Einzig im Kapitel über Strandmode hinterlegt sie eine Wutrede auf Crocs, diese Gummischuhe findet sie derart "absurd scheußlich bunt", dass sie "aus ästhetischen Gründen verboten" gehörten. Nun, die meisten Menschen haben an Stränden mutmaßlich schon Schlimmeres gesehen, aber die Bewertungen ästhetischer Angelegenheiten sind nun einmal sehr different. Wer wollte Stella Bettermann insofern ihren speziellen Abscheu gegen quietschende quietschgrüne und -gelbe Schuhe vorhalten?

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In den meisten anderen Punkten hat die Autorin zwar eine mal mehr, mal weniger dezidierte Auffassung davon, wie sie die Dinge selbst gerne hält. Sie leitet daraus aber keine Forderungen nach allgemeingültigen Verhaltensregeln ab. Kaum hat man ihr Buch aufgeblättert, hat die Autorin einen bereits in eine der verbreitetsten Urlaubsfantasien verstrickt: Sex am Strand. Bettermann hält sich erfreulich bedeckt, man liest dennoch deutlich heraus: Ist eher nicht ihr Ding. Jedenfalls die reale Umsetzung des Gedankenfilms. Zu viel Sand dort, wo man ihn nicht haben möchte, und die Gefahr des Entdecktwerdens birgt wohl auch eher keinen zusätzlichen Reiz für sie. Aber: Wem's Spaß bereitet - nur runter mit den Badehosen.

Schein und Sein klaffen indessen nicht nur bei Intimitäten auseinander am Strand. "Es gehört zu den Paradoxien deutscher Befindlichkeiten", schreibt Bettermann vollkommen zutreffend, "dass Abermillionen Bürger Jahr für Jahr begeistert an Meeres- und Seeküsten reisen und viel Geld für Hotels in Strandnähe bezahlen, dann sogar mitunter zu nachtschwarzer Zeit aufstehen, um sich die besten Liegestühle mit ihrem Handtuch zu reservieren - und dennoch der reine Strandurlaub als öde und todlangweilig gilt."

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Insofern hat der Strand, trotz aller Paradies-Analogien, durchaus auch eine Verteidigungsschrift verdient. An dem Punkt macht es sich Stella Bettermann allerdings immer wieder zu einfach. Besonders fällt das auf im Kapitel über den Strand in Kunst und Kultur. In der Literatur und der Musik, in Filmen und Serien, in der Malerei ist der Strand vielfach Sujet und Handlungsort, Metapher und Katalysator kluger und sinnlicher Beschreibungen der menschlichen Existenz. Was Bettermann darüber schreibt, wirkt allerdings überwiegend angelesen und zusammengegoogelt, ist mehr pflichtschuldige Auflistung als gedankenfunken-sprühende Auseinandersetzung und Assoziationskette.

Ganz zum Schluss dieses Kapitels jedoch, als sie auf die kleine Meerjungfrau zu sprechen kommt, die sowohl in der Literatur als auch in der bildenden Kunst Gestalt angenommen hat, formuliert Bettermann einen charmanten Gedanken: Sie verweist darauf, dass sich die Meerjungfrau im Märchen erst in einen Menschen und dann in einen Luftgeist verwandelt. "Sie ist also ein Zwischenwesen, daher kann man sie auch als ein Symbol des Strandes betrachten, der nicht richtig Land ist, weil er von Wellen überspült wird, und auch nicht richtig Wasser und der nie gleich bleibt, sondern sich ständig verändert, als wäre Magie im Spiel."

Solchen Wechseln ist man auch als Leser unterworfen. Stellenweise bietet das Buch nichts Besonderes, ist erwartbar wie ein sonniger Strandtag bei ruhiger See. Aber immer wieder rollen Wellen heran und frischen Winde auf und wecken die Sinne.

Stella Bettermann : Gebrauchsanweisung für den Strand. Piper Verlag, München 2023. 208 Seiten, 16 Euro.

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