Start-up:Alles anders

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Costanza Cieri und Nicola Cantoli haben ein neues Weinlabel gegründet. (Foto: Johanna Pfund)

Costanza Cieri und Nicola Cantoli waren auf dem besten Weg, im Norden Italiens Karriere zu machen. Doch sie sind zurückgekehrt in die Weinberge ihrer Familien in den Abruzzen. Ihr Weinlabel ist Programm: Inverso Vini.

Von Johanna Pfund

Costanza Cieri und Nicola Cantoli machen es anders. Nicht, dass sie es zunächst nicht so gemacht hätten wie viele andere. Sie sind beide in der Provinz Chieti in den Abruzzen geboren, haben dann im Norden Italiens studiert und eine klassische Karriere in Marketing und Finanzbranche begonnen. Doch der Glanz verblasste bald. "Ich habe gemerkt, das ist nicht mein Leben", erzählt der 26-jährige Nicola, "ich wollte etwas schaffen." Costanza fragte sich, für wen sie Abend für Abend lange im Büro saß. So beschlossen die beiden, in ihre Heimat nahe Ortona an der Adriaküste zurückzugehen und dort das zu machen, was ihre Familien schon lange machen: Wein. Sie gründeten ihr eigenes Wein-Label, das so heißt, wie sie gehandelt haben, umgekehrt, also "Inverso Vini".

Die Entscheidung hat bei den Familien zunächst keine große Begeisterung ausgelöst. "Sie haben gefragt, warum, ihr habt doch alles im Norden", erzählt Costanza. Die Skepsis komme auch daher, sagt sie, weil die Eltern um die Risiken des Weinbaus wissen, die Abhängigkeit vom Wetter oder vom Absatz. Insgesamt 60 Hektar Weinberge mit elf verschiedenen Sorten besitzen die Familien, dazu kommen 40 Hektar weitere landwirtschaftliche Fläche. Die sanften Hügel liegen zwischen Adriaküste und den Bergen des Nationalparks Majella. Diese Lage zwischen See und Bergen schlägt sich in den Weinen nieder, die Säure der Berge, wie auch das Mineralische der salzigen Winde von der Meerseite geben den hier produzierten Weinen ihre Note.

Die Eltern waren von der Entscheidung überrascht

Diese Besonderheit will "Inverso Vini" kultivieren. Die erste Weinserie mit 5500 Flaschen aus ökologischem Anbau bietet den klassischen Dreiklang mit weiß, rosé, rot, hergestellt mit auchthonen Sorten. Der Weiße ist ein Pecorino - die Traube heißt so, weil sie von der Form her an einen Schafskopf erinnert - abgerundet mit vier Prozent Chardonnay. Costanzas Vater war ein weiteres Mal überrascht, wie seine Tochter erzählt: ein sehr spezieller Pecorino sei das, so der Kommentar. Der Rosé, gewonnen aus Montepulciano d'Abruzzo, zeigt einen pinken Farbton, der handelsübliche Rosés blass aussehen lässt, und der klassische dunklen Montepulciano d'Abruzzo ist aus zwei Jahrgängen zusammengestellt. "Wir wollen Weine mit einer Persönlichkeit", betonen die beiden.

Auch alles rund um den Wein wollen die beiden anders machen. Ökologischer Anbau ist klar, die Flaschen sind leichter als die üblichen, um beim Transport den CO₂-Ausstoß zu verringern. Die Erntehelfer sollen aus der Region kommen. Die Website wird laufend einer Schönheitskur unterzogen, via Social Media bleiben die jungen Unternehmer mit Interessenten in Kontakt. Sie füllen auch selbst ab, etwas, was ihre Familien bisher nicht getan haben.

Irgendwann, sinniert Nicola, will er anderen Weinbauer der Region als Lieferanten gewinnen, damit würden sich für diese die Kosten reduzieren und sie hätten lediglich die Risiken des Weinbergs zu tragen. "Ich denke immer über Zahlen nach, das ist nicht normal in diesem Geschäft."

Kein Wunder also, dass sie im Februar 2020 für ihr Start-up den "Startimpresa" gewonnen haben. Groß feiern konnten sie nicht, die Corona-Krise stoppte das. Nicht aber die Ideen. Kommendes Jahr soll der Ausstoß vervielfacht werden, ein prickelndes Produkt soll auf den Markt. Das erste gibt es schon, es ist benannt nach dem Großvater "Salvatore".

© SZ vom 11.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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