Kolumne "Ende der Reise":Schluss mit dem Ausatmen

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Ein Anfang, wenigstens: Sammelbehälter für Kippen auf Gran Canaria. (Foto: imago classic/imago images/Alan Dawson)

Spanische Gemeinden dürfen das Rauchen an Stränden verbieten. Und bei Verstößen saftige Bußgelder kassieren. Um die Gesundheit geht es dabei allerdings nur am Rande.

Glosse von Stefan Fischer

Wer eine Zigarette raucht, atmet kräftiger aus. Stößt also mehr Aerosole in die Luft als ein gewöhnlich Atmender, und schleudert sie obendrein weiter von sich. Die Gefahr, dass sich das Coronavirus verbreitet, ist demnach bei Rauchern signifikant höher als bei Nichtrauchern.

So ungefähr wurde in einigen spanischen Gemeinderäten küstennaher Ortschaften argumentiert, um ein Rauchverbot an den jeweiligen Stränden zu begründen. Diese Verordnungen gehören ganz gewiss unter die eher kuriosen, um nicht zu sagen aktionistischen Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Pandemie.

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Wer nun aber glaubt, dass diese im Sommer erlassenen, ineffektiven Verbote jetzt im Winter, wenn ohnehin kaum jemand am Strand liegt, still und leise und also mit einem möglichst geringen Gesichtsverlust der Gemeinderäte wieder einkassiert werden, der täuscht sich. Vielmehr können sich Gemeinden jetzt auf ein nationales Gesetz berufen, welches ihnen erlaubt, das Rauchen an den Stränden nicht nur zu verbieten, sondern jeden Verstoß dagegen mit bis zu 2000 Euro Bußgeld zu ahnden.

Und was ist mit dem Geruch von ranzigem Frittierfett und billiger Sonnenmilch?

Von Corona ist allerdings keine Rede mehr. Allerdings auch nicht von Lungenkrebs durch Passivrauchen. Nicht einmal vom Beitrag des Zigarettenqualms zur allgemeinen Luftverpestung - wobei auf diesem Feld ohnehin dringender vorgegangen werden müsste gegen zu Briketts gegrilltem Fleisch, ranzigem Frittierfett aus dem Strandkiosk, dem Brackwasser aus dem benachbarten Hafenbecken und den Parfümzusätzen von billiger Sonnenmilch.

Nein, es geht, so die Begründung, um den Müll der vielen ausgerauchten Kippen. Um die Schadstoffe, die darin enthalten sind und ins Wasser gelangen zu all den Düngemitteln und ungeklärten Abwässern. Internationale Aufmerksamkeit bekam die Angelegenheit vor allem durch englische Medien, und die besonders wahrheitsliebenden unter ihnen haben einen ganz anderen Grund ermittelt: Vor allem und zuerst gehe es darum, Engländer fernzuhalten von den spanischen Stränden. Eben erst wurde einhundert Engländern die Einreise nach Tirol zum Skifahren verweigert, nur weil sie nicht ausreichend geimpft oder getestet waren. Nun soll ihnen auch noch das Rauchen an der frischen Luft beim Sonnenbaden vermiest werden. Sie werden sich einmal mehr bestätigt sehen darin, die EU verlassen zu haben. Zumal die Dinge daheim gerade so gut laufen.

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