Rund um Bad Reichenhall:Berge, Salz und Therme

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Bad Reichenhall ist die Eingangspforte ins Berchtesgadener Land. Die letzten Jahre standen im Zeichen der Kurkrise, doch mit Kultur, Salz und Sole, sowie Attraktionen wie dem Pidinger Klettersteig und der Rupertus-Therme soll es bergauf gehen.

Stefan Herbke

Die Fortschritte zeigen sich beim Gang durch die gute Stube Bad Reichenhalls auf den ersten Blick. Große Bereiche der Fußgängerzone sind neu gepflastert, in der Mitte plätschert ein kleiner Bach, Bäume lockern das Straßenbild auf und spenden im Sommer Schatten, die Geschäfte laden zum Schauen und Kaufen ein.

Die Zukunft wird positiv, das hoffen die Reichenhaller inständig. Vor allem nach diesem Winter, der mit dem tragischen Einsturz der Eishalle die Stadt in die Schlagzeilen brachte. Eine Katastrophe, vor der die letzten schweren Jahre mit den Auswirkungen der Gesundheitsreformen leicht verblassen.

Das traditionsreiche "Bayerische Staatsbad" krankte an allen Ecken, die Kurgäste blieben aus, die Konkurrenz schlief nicht und die Infrastruktur entsprach bei weitem nicht mehr den sich ändernden Wünschen der Gäste. Jahr für Jahr gingen die Übernachtungszahlen zurück, teilweise im zweistelligen Prozentbereich und besonders stark ausgeprägt in den Wintermonaten.

Salz - das weiße Gold

Den Wandel vom Kurort zu einem modernen Fremdenverkehrsort hatte man einfach verschlafen - eine schmerzliche Erkenntnis für die Menschen in der historischen Salinen- und Kurstadt. Reichenhall liegt geschützt in einem sonnigen Talkessel, eingerahmt von Untersberg, dem Lattengebirge mit dem Predigtstuhl, sowie dem Gipfelpaar Zwiesel und Staufen. Der wirtschaftliche Aufschwung kam einst mit dem Salz, dem "weißen Gold", erst später entstand mit dem Fremdenverkehr ein zweites Standbein.

Nicht zuletzt gekrönte Häupter wie König Max II., der 1848 hier seine Sommerfrische verbrachte, sorgten für den weltweit guten Ruf des Heilbades. Nachdem seine Königliche Hoheit Prinz Luitpold 1890 dem Ort den Titel "Bad" verlieh, ging es nicht zuletzt wegen der heilenden Wirkung der Sole stetig bergauf. Bis vor einigen Jahren der Kurbetrieb krankte und mit ihm der ganze Tourismus baden ging.

Aussichtsloge über dem Tal

Während unten im Tal noch kuriert wird, geht es auf den Bergen buchstäblich bergauf. Vor allem am Staufen, dem Reichenhaller Hausberg, der mit seinen eher bescheidenen 1771 Metern Höhe den Talkessel um stolze 1300 Meter überragt. Der östliche Eckpunkt der Chiemgauer Alpen ist eine wunderbare Aussichtsloge zwischen dem Flachland und den Berchtesgadener Alpen und ein bevorzugter Gipfel, nicht zuletzt wegen dem Reichenhaller Haus, das sich gleich unter dem höchsten Punkt auf der Sonnenseite des Berges in die Felsen klammert und einen einzigartigen Aus- und Tiefblick bietet.

Sportlichster Klettersteig Bayerns

Beliebt war der Gipfel schon immer, vor allem die Anstiege von Urwies über die Steineralm oder von Bad Reichenhall über die Steinernen Jäger oder Bartlmahd. Doch das ist alles nichts gegen den Boom, den im Jahr 2003 ein neuer Klettersteig auslöste. In den jähen Felsabstürzen wurden zu Beginn des letzten Jahrhunderts ein paar Kletterrouten eröffnet, doch die gerieten schnell in Vergessenheit.

Bis der Pidinger Sepp Reichenberger die Idee mit dem Klettersteig hatte. Rund 1500 Arbeitsstunden vieler ehrenamtlicher Helfer waren erforderlich, ehe der mit Abstand sportlichste Klettersteig Bayerns eröffnet werden konnte. Gezielt wurden dabei bei der Routenwahl durch die steilen Felsabbrüche der Nordwand die steilsten und spektakulärsten Felsstufen integriert. Der Pidinger Klettersteig setzt Maßstäbe, ist überaus kraftraubend, äußerst luftig und nichts für schwache Nerven. Eine Mischung, die ankommt.

Eher still ist es im Lattengebirge, das den Reichenhaller Talkessel im Süden abschließt. Mit Ausnahme des Predigtstuhls mit seiner bereits 1928 eröffneten Seilbahn - Deutschlands älteste original erhaltene Großkabinenbahn - und seinem nicht zu übersehenden Berghotel. Dort oben zeigt sich das Lattengebirge von seiner zahmen Seite; Wiesen, Latschenfelder und Wälder bestimmen das Bild.

Faszinierender Alpgarten

Ganz anders die schroffen Nord- und Ostabstürze. Vor allem der einsame Alpgarten zieht Wanderer in seinen Bann. Der hufeisenförmig von steilen Wänden und Flanken umgebene, wilde und faszinierende Talkessel mit ungangbaren Latschenfeldern, tiefen Gräben, ausgedehnten Schuttfeldern und brüchigen Felsstufen ist ein Tummelplatz für Gämsen, die sich auch von den Wanderern auf dem Alpgartensteig nicht stören lassen. Der abwechslungsreiche Steig bietet sicherlich eine der schönsten Anstiege rund um Reichenhall, erfordert allerdings Trittsicherheit und Schwindelfreiheit.

Überlaufen ist der Anstieg dennoch nicht. Genauso wenig wie die meisten Touren rund um Bad Reichenhall, etwa der Steig von Bayerisch-Gmain über Dötzen- und Spechtenköpfe auf den Predigtstuhl, das isoliert stehende Ristfeuchthorn bei Schneizlreuth oder der mächtige Bergstock des Untersberg mit seiner ausgedehnten, von dichten Latschenfeldern überzogenen Hochfläche. Vielleicht liegt es am niedrigen Ausgangspunkt, an der Länge der Touren oder zu wenig Einkehrstationen "unterwegs", garantiert nicht am fehlenden Bergerlebnis.

Auf kleinen Steigen bis zum Gipfel

Wo gibt es das noch, dass man vom Tal bis zum Gipfel auf kleinen Steigen wandert, ohne Unterbrechungen durch breite und eintönige Forststraßen? Die Berge bieten ein reiches Betätigungsfeld: Mountainbiker finden hier ein abwechslungsreiches Gebiet, der idyllische Thumsee lädt zum Sonnen und Baden, in Karlstein gibt es einen Klettergarten, beim Gasthaus Baumgarten einen Hochseilgarten, ja selbst neue Trendsportarten wie Nordic Walking werden angeboten.

Auch in anderen Sparten versucht sich der Kurort neu zu positionieren. Der Kulturbereich steht unter dem Motto "Klassik in den Alpen, der Gesundheitsbereich unter dem Motto "Alpensalz und Alpensole". Die Voraussetzungen für ein Wachstum sind also günstig, nicht zuletzt dank der neuesten Attraktion: Im März 2005 eröffnete die Rupertus Therme. Der moderne Tempel des Wohlbefindens mit riesigen Panoramafenstern für den Durchblick auf die Bergwelt setzt auch architektonisch Zeichen. Damit soll, nein, muss es wieder bergauf gehen in Bad Reichenhall.

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