Reisebuch-Rezension:Nordstille

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Die Fotografin Isabelle Bacher erkundet entlegene Polarregionen in Norwegen auf der Suche nach dem Licht. Und macht dabei Ruhe sichtbar.

Von Stefan Fischer

Die Architektin Isabelle Bacher ist irgendwann zu einer Fotografin geworden. Vollzogen hat sich der Wandel in Norwegen, der Heimat ihrer Mutter. Diese zweite Heimat kennt sie schon von Kindesbeinen an. Aber das war, so schreibt die in Tirol aufgewachsene Bacher, "die Sonnenseite des Nordens". Die Sommer in einem Ferienhaus auf der Insel Sælør, im äußersten Süden Norwegens, sind Wochen der Ausnahme.

Ganz anders hat Isabelle Bacher das Land kennengelernt, als sie 2013 nach Nordnorwegen ausgewandert ist. Von dort, von Tromsø, ist sie immer wieder und immer weiter in polare Regionen vorgedrungen, hat sich der Kargheit und Dunkelheit ausgesetzt - und fotografiert. Wenn sie nicht geangelt hat.

Der Fotoband "Im Norden" zeigt ihr Bild dieser Landschaften. Auf den ersten Motiven schälen sich helle Strukturen aus vollkommener Dunkelheit - schnee- und eisbedeckte Flanken von Bergen, von dem wenigen Licht angestrahlt, das diese Regionen außerhalb der Sommermonate streift.

Blättert man ein paar Seiten weiter, ist man geblendet von der Helligkeit auf Spitzbergen. Der Himmel und die weiten Ebenen sind grellweiß. Geteilt werden sie von blaukristallenen, schroffen Berglandschaften. Es gibt Bilder aus der Finnmark, aus dem Umland von Tromsø, von den Lofoten - die Natur ist alles beherrschend, sie ist respekt-, aber nie furchteinflößend.

Erst spät sieht man auch Spuren der Menschen, die kleine, auf Stelzen gebaute Siedlung auf der Lofoten-Insel Moskensøya vor allem, mal im Sommer, mal im Winter. Das Meer ist dort immer tiefdunkel, nur die rostroten Holzhäuser strahlen das Licht unterschiedlich intensiv zurück. In den Begleittexten schildert Bacher immer wieder die Stille des entlegenen Nordens. Man sieht sie förmlich auf den Fotografien, und sie hat etwas Wohliges.

Isabelle Bacher gelingt es, den Eindruck von Verlorenheit auf ihren Bildern zu vermeiden. Das mag in der Realität anders sein, die Fotografin schildert selbst die Bedrückungen und Gefahren. Bachers Sehnsucht nach dem äußersten Norden ist jedoch dominanter. Auf der Suche nach dem richtigen Licht.

Isabelle Bacher: Im Norden. Eine Reise zum Polarkreis und darüber hinaus. Terra Mater Books, Salzburg und München 2019. 160 Seiten, 40 Euro.

© SZ vom 02.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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