Kolumne "Ende der Reise":Come to Oberammergau

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Die Passionsspiele in Oberammergau haben gerade begonnen. Ob wohl viele amerikanische Gäste kommen? (Foto: Christof Stache/AFP)

Angesichts des Ukraine-Krieges zögern die Amerikaner, nach Deutschland zu reisen. Es gibt aber zum Glück eine Bastion, der die Angst nichts anhaben kann. Und die hat natürlich mit Jesus zu tun.

Glosse von Hans Gasser

Völkerfreundschaft! Ein großes Wort in diesen Zeiten. Auf die Deutschen und die US-Amerikaner trifft es zu wie auf kaum zwei andere Völker, wenn man mal von dem feindseligen Trump-Intermezzo absieht. Doch das ist, thank god, vorbei. Genau wie die Reiseverbote ins jeweils andere Land, mit denen man Corona zu Leibe rücken wollte. Man darf wieder nach Herzenslust über den Atlantischen Ozean, und die Deutschen machen davon ausgiebig Gebrauch: Kaum ein Mietwohnmobil zwischen Kalifornien und Alaska, das im Sommer nicht mit deutschen Touristen besetzt wäre. Zwei Jahre Abstinenz haben da zu Nachholbedarf geführt.

Aber wie sieht es umgekehrt aus? Kommen die Amerikaner wieder nach Good old Germany?

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Glosse von Stefan Fischer

Hier zeichnet eine aktuelle US-Umfrage zum Reiseverhalten angesichts des Ukraine-Krieges ein ambivalentes Bild. Zwar wollen demnach 61 Prozent der Amerikaner, die eine Europareise geplant haben, auch dabei bleiben. Das heißt aber auch, dass 39 Prozent entweder abwarten, verschieben oder gleich stornieren. Zu Sorgenfalten auf hiesigen Tourismusbetreiber-Stirnen dürfte führen, dass die potenziellen Europareisenden angaben, dass sie nach Russland und der Ukraine folgende drei Länder als am unsichersten empfinden: Polen, Österreich und - Deutschland!

"Jesus!", möchte man den amerikanischen Freunden zurufen.

Womit wir beim zweiten, positiveren Thema wären: Jesus von Nazareth. Der tritt ja endlich wieder bei den Passionsspielen in Oberammergau auf, bis in den Herbst hinein. Dort waren stets die amerikanischen Gäste die wichtigsten aus dem Ausland. Und hier darf Entwarnung gegeben werden: Laut Pressestelle der Passionsspiele ging bis dato ein ganzes Drittel der bisher verkauften 350 000 Tickets an Amerikaner! Ob religiöse Menschen einfach unerschrockener sind? Oder die Kraft der Völkerverbindung doch stärker als die Angst war? Egal!

Denn jetzt können nicht nur die Theatermacher, sondern auch die Wirte, Holzschnitzer und Kuckucksuhren-Verkäufer in Oberammergau aufatmen. God bless America!

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